Keine privaten Wachfirmen in Flüchtlingsunterkünften

01. Oktober 2014  Anfragen, Berichte, Pressemitteilung

LINKE im Karlsruher Gemeinderat kritisieren den Einsatz von privaten Sicherheitsfirmen in Flüchtlingseinrichtungen – „Diese Privatisierung hoheitlicher Aufgaben durch die Landesregierung muss beendet werden“

„Gerade in einem humanitär so sensiblen Bereich wie Flüchtlingseinrichtungen muss Organisation und Sicherheit direkt durch staatliches oder kommunales Personal ausgeübt werden. Andere, eher sozial ausgerichtete Aufgaben, können gut von qualifiziertem Personal von sozialen Diensten und Wohlfahrtsorganisationen abgedeckt werden.

Private Sicherheitsfirmen haben unserer Auffassung nach in Flüchtlingseinrichtungen des Landes und der Stadt nichts zu suchen“, so die Stellungnahme der LINKEN Stadträte Sabine Zürn und Niko Fostiropoulos zu Presseberichten, dass die Firma European Homecare, deren Personal in NRW Flüchtlinge misshandelt hat, auch in Flüchtlingsquartieren in Karlsruhe eingesetzt wird.

In einer umfangreichen Anfrage wollen die LINKEN wissen, welche besonde-ren, einer Flüchtlingseinrichtung entsprechenden Verhaltensprofile und Qualifikationen vom Personal von privaten Sicherheitsfirmen seitens der beauftragenden Behörde verlangt wurden und wie dies kontrolliert wird.

Weiter soll sich die Stadtverwaltung bei der Landesregierung für einen Ersatz privater Sicherheitsfirmen in Flüchtlingseinrichtungen durch qualifiziertes Personal des öffentlichen Dienstes, von Sozialdiensten und Wohlfahrtsorganisationen einsetzen. Gefragt wird weiterhin, wohin sich Flüchtlinge wenden können, wenn sie sich gegen unzumutbares Verhalten seitens des Personals in Flüchtlingseinrichtungen in Karlsruhe zur Wehr setzen müssen.

„Auch wenn es in Karlsruhe bisher nichts zu beanstanden gab – private Sicherheitsfirmen in Flüchtlingsunterkünften ist für uns politisch und humanitär  der ganz falsche Weg. Hier gibt der demokratische Staat originäre Kernaufgaben ab, die seinen eigenen Bestand garantieren“, schließen Fostiropoulos und Zürn ihre Stellungnahme ab.

Im Folgenden die Anfrage im Wortlaut:

Anfrage

1.    Welche privaten Sicherheitsdienste sind in welchen Flüchtlingseinrich-tungen in Karlsruhe beschäftigt?

2.    Welcher private Sicherheitsdienst ist in Karlsruhe mit welchen Aufgaben betreut, (Angaben bitte pro Flüchtlingseinrichtung)?

3.    Worin liegen nach Kenntnissen der Stadtverwaltung die Gründe dafür, dass die Landesregierung bzw. das Regierungspräsidium in einem poli-tisch und humanitär so sensiblen Bereich wie Flüchtlingsunterkünften profitorientierte Sicherheitsunternehmen einsetzt?

4.    Teilt die Stadtverwaltung die Auffassung, dass Sicherheit und Organisation gerade von Flüchtlingseinrichtungen eine hoheitliche Aufgabe darstellen, die entsprechend von staatlichen bzw. kommunalen Behörden und deren Personal durchzuführen ist?

5.    Teil die Stadtverwaltung die Auffassung, dass Aufgaben wie die Essensausgabe oder die Zuteilung von Betten von qualifiziertem und entsprechend ausgebildetem Personal staatlicher, kommunaler oder sozialer (Wohlfahrtsorganisationen usw.) Dienste ausgeführt werden müssen, anstatt mit Personal, das auf die Sicherung von Objekten, Wertgegenständen und Personen gegenüber kriminellen Angriffen spezialisiert ist?

6.    Wird die Stadt sich bei der Landesregierung dahingehend einsetzen, dass in Flüchtlingseinrichtungen in Karlsruhe anstatt privater Wachfir-men qualifiziertes Personal des öffentlichen Dienstes bzw. von Wohl-fahrtsorganisationen eingesetzt wird?

Wenn Nein, warum nicht?

7.    Wird vom Personal beauftragter Sicherheitsfirmen in Flüchtlingseinrich-tungen ein besonderes Qualifikations- und Verhaltensprofil vorausge-setzt und vertraglich vereinbart?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja:

8.    Welche besonderen Qualifikations- und Verhaltensprofile werden vom Personal beauftragter Sicherheitsfirmen in Flüchtlingseinrichtungen in Karlsruhe seitens der verantwortlichen Behörden erwartet und vertrag-lich fixiert?

9.    Welche Behörde hat das Qualifikations- und Verhaltensprofil für  auf welcher Grundlage erstellt?

10.    Welche besonderen Qualitätsanforderungen für ihre Tätigkeit in Flücht-lingseinrichtungen wurden seitens der zuständigen Behörden mit den unter Vertrag genommenen privaten Sicherheitsdiensten vereinbart?

11.    Wie und in welchen Zeitabständen wird die Einhaltung dieser Qualitätsanforderungen durch die privaten Sicherheitsdienste in den Flüchtlingseinrichtungen seitens der verantwortlichen Behörden kontrolliert?

12.    Ist es bei Beauftragung eines Sicherheitsdienstes möglich, dass dieser weitere Sicherheitsdienste als Subunternehmen beauftragt?

13.    Wurden in Karlsruhe von beauftragten Sicherheitsunternehmen weitere Sicherheitsfirmen  als Subunternehmen beauftragt und in Flüchtlingseinrichtungen eingesetzt?

a) Wenn ja, in welchen Flüchtlingseinrichtungen?

b) Wenn ja, wie erfolgt die Kontrolle dieser als Subunternehmen beauf-tragten Sicherheitsfirmen in Flüchtlingseinrichtungen in Karlsruhe in Bezug auf die besonderen Anforderungen der Arbeit in einer Flüchtlingseinrichtung?

14.    Wie ist das in Karlsruher Flüchtlingseinrichtungen eingesetzte Wach-Personal privater Sicherheitsfirmen ausgebildet für spezifische Situatio-nen und Lagen wie:

a) Besondere Stress-Situation der Flüchtlinge, Traumatisierung, Angst usw.
b) Zusammenleben vieler Nationalitäten mit unterschiedlichen Sprachen auf engstem Raum und entsprechenden Stress- und Angstfaktoren?
c) Die spezifische Situation von Frauen und Kindern
d) Aus diesen Lagen erwachsende Kommunikationsprobleme?

15.    Welche Möglichkeiten haben die Flüchtlinge in Flüchtlingseinrichtungen in Karlsruhe, sich gegen ihrer Ansicht nach unzumutbares Verhalten von Wach- und  Sicherheitspersonal zu beschweren/zu wehren?

Sachverhalt / Begründung:

Die ersten Meldungen über Misshandlungen von Flüchtlingen durch Wachpersonal privater Sicherheitsfirmen hat einen großen Teil der Öffentlichkeit auch damit überrascht, dass profitorientierte Firmen, deren Kernaufgaben im Personen- und Objektschutz, in Security-Diensten bei Werttransporten und Veranstaltungen liegen, in Flüchtlingsunterkünften beschäftigt sind und Aufgaben übernehmen, die man im polizeilichen und humanitären Bereich vermuten sollte.

Unserer Ansicht nach werden hier hoheitliche Aufgaben bzw. Aufgaben, die bei staatlichen oder kommunalen Institutionen,  Wohlfahrtsverbänden, Flüchtlingsorganisationen usw. richtig angesiedelt sind, in politisch unzulässiger Weise von der Landesregierung privatisiert. Die Anfrage soll zudem klären, in wie weit die öffentliche und staatliche Kontrolle gewährleistet ist, damit Sicherheit, Menschenwürde und Unversehrtheit der durch ihre Lage völlig schutzlosen Flüchtlinge in Karlsruhe zuverlässig und auf Dauer gewahrt bleiben.

Unterzeichnet von:

Sabine Zürn                                 Niko Fostiropoulos


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