Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Empore,
sehr geehrte Damen und Herren aus der Verwaltung und den Ortschaftsräten.
Die Morde in Frankreich durch Handlanger der al-Quaida oder des IS und die Morde des NSU in Deutschland sind zwei Seiten einer Medaille. Sie geben vor, für eine hehre Überzeugung zu handeln und doch sind sie nur Terroristen und Mörder.
Wir brauchen keine Einschränkung der Freiheitsrechte, sondern eine Stärkung dieser. Lassen wir es nicht zu, dass Pegida-Aufmärsche und Äußerungen einzelner Politiker, die das Asylrecht einschränken oder die Vorratsdatenspeicherung wieder ins Spiel bringen, vor den Feinden der Demokratie kuschen und unsere Freiheit einschränken wollen.
In Frankreich gibt es die Vorratsdatenspeicherung seit Jahren. Sie hat die Morde nicht verhindert. Die Mörder waren den französischen Behörden bekannt, so wie auch die NSU-Mörder den deutschen Behörden bekannt waren. Also nicht die Information hat gefehlt, um die Morde zu verhindern.
Im Artikel 1 der Verfassung steht, „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Es steht dort nicht: „Die Würde des Abendlandes ist unantastbar.“
Der Begriff Abendland, auch Christliches Abendland genannt, ergab sich aus der antiken und mittelalterlichen Vorstellung von Europa als dem westlichsten, der untergehenden Abendsonne am nächsten gelegenen Erdteil. So steht es bei Wikipedia. Da die Welt, aus heutiger Sicht, keine Scheibe ist und auch nicht am Atlantik endet sind wir bezogen auf Amerika also das Morgenland. Für wen also demonstrieren diese Menschen?
Es kommt nicht häufig vor, dass ich mit der Bundeskanzlerin einer Meinung bin. Ich teile ihre Kritik zu Pegida. Kritik alleine aber reicht nicht. Wir dürfen Menschen in Not, die zu uns kommen nicht abweisen. Wir dürfen sie nicht in „wahre“ Flüchtlinge oder sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ teilen. Menschen flüchten aus ihren Ländern nur dann, wenn sie in Not sind. Die Ursache von Not liegt immer im Krieg, in der Unterdrückung, im Elend und im Hunger. Die meisten Flüchtlinge werden von den umliegenden Ländern Afrikas aufgenommen. Wir, die reichen Länder dieser Welt sollten uns deutlich mehr engagieren.
Die Drittstaatenregelung in der EU muss weg. Wir können das Flüchtlingsproblem nicht den Südeuropäern überlassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen sie uns auf der nächsten Gemeinderatsitzung Position ergreifen und in Form einer Resolution Pegida zurückweisen. Ich schlage vor, Sie Herr Oberbürgermeister, erarbeiten hierzu einen Vorschlag, den Sie zur nächsten Sitzung einbringen.
TTIP
Ein wichtiges Thema ist in den letzten Tagen in den Hintergrund getreten.
Das Freihandelsabkommen. Freihandel hört sich prima an. Wer schon will nicht frei handeln, frei einkaufen, frei reisen, frei denken, frei sprechen, frei leben oder frei lieben?
Welche Freiheit ist aber hier gemeint? Ist es eine Freiheit auf Augenhöhe? Warum wird hinter verschlossenen Türen verhandelt? Warum verhandeln Vertreter von Regierungen und Großkonzernen? Warum sitzen Gewerkschaften und Vertreter der Städte und Kommunen nicht mit am Tisch?
Warum lassen wir uns von US-amerikanischen Wirtschaftsinteressen immer wieder über den Tisch ziehen?
Stellen sie sich vor, der Antrag der Linken ein kostenloses Mittagessen in Ganztageseinrichtungen einzuführen, bekäme eine Mehrheit. Gleichzeitig fordern wir nicht nur die Beitragsfreiheit, sondern ein gesundes Essen aus biologischem regionalem Landbau. Wie sollen wir frei entscheiden, wenn wir mit juristischen Prozessen von Konzernen rechnen müssen?
Bei der Einführung des Euro sagte DIE LINKE, „Ja, aber erst eine Sozial- und Wirtschaftsunion, dann eine Währungsunion, damit es nicht zu Lohndumping und Verwerfungen an den Märkten kommt“. Leider ist genau das eingetroffen. Auch jetzt ist es richtig, ein Freihandelsabkommen nur in Zusammenhang mit einheitlichen sozialen und ökologischen Standards zu diskutieren und zu vereinbaren.
Der Gemeinderat sollte sich auch zu diesem Thema eigenständig positionieren und nicht auf den Städtetag verweisen.
Wohnungsprogramm
Karlsruhe ist eine vergleichsweise reiche Stadt, das ist unbestritten. Umso bitterer ist es für uns LINKE, dass von diesem Reichtum in den letzten 20 Jahren so gut wie nichts in erschwingliche Mietwohnungen investiert wurde. Dafür werden in den nächsten beiden Jahren weitere 27 Mio. Euro als Verlustausgleich für das Leuchtturmprojekt „Neue Messe“ fällig. Von der Kombilösung ganz zu schweigen, deren Kosten ungebremst auf 1 Milliarde Euro zulaufen; das ist das Doppelte an Gesamtkosten, was OB Fenrich damals den Bürgerinnen und Bürgern zum Bürgerentscheid vorgelegt hatte. Der Anteil der Stadt hat sich auf das Vierfache erhöht. Ein Ende der Preisspirale ist nicht zu erkennen.
Für den Mietwohnungsbau sollen jährlich ganze 5 Mio. Euro aufgewendet werden. Das ist unserer Ansicht nach skandalös wenig. Wir gehen von einem Fehlbedarf von 7.000 bis 10.000 erschwinglichen Mietwohnungen in Karlsruhe aus. Die Zahl 10.000 ist auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband genannt worden. Das bisherige Ergebnis des vom Gemeinderat beschlossenen Förderprogramms für Mietwohnungen ist, wenn man die kurze Laufdauer berücksichtigt, doch eher kläglich. Die Volkswohnung will bis 2020 etwa 700 Mietwohnungen bauen, aber nur zum Teil mit Mietpreisbindung.
Das alles ist Kosmetik, aber keine grundsätzliche Verbesserung.
Es läuft darauf hinaus, dass die Mietwohnungsmisere in den nächsten Jahren zu einer echten Wohnungsnot werden wird, vor allem für Bürgerinnen und Bürger mit schmalem Einkommen.
Wir fordern deshalb erneut, dass der Gemeinderat eine Zielvorgabe beschließt, die sich am Bedarf orientiert. Jahr für Jahr müssen unserer Ansicht nach mindestens 500, besser wären 1000, neue erschwingliche Mietwohnungen geschaffen werden, durch Neubau, aus dem Bestand, durch Belegungs- und Mietpreisbindung, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Dann besteht wenigstens eine Chance, auf Dauer den Bedarf an erschwinglichen Mietwohnungen in unserer Stadt zu decken.
Es ist falsch, wenn die Stadt und die Mehrheit im Gemeinderat glaubt, mit Mini-Subventionen private Investoren gewinnen zu können. Die Vorteile durch die Niedrigzinspolitik sind nicht zu toppen. Hochpreisige Wohnungen zu bauen, sind für Bauunternehmen viel lukrativer. Hier kann die Stadt nicht mithalten. Die einzige Chance, die die Stadt hat, um in den Wohnungsbau einzugreifen, ist ein eigenes kommunales Wohnbauprogramm auf den Weg zu bringen. Dafür hat sie ihre Wohnbaugesellschaft Volkswohnung.
Ein entsprechender Antrag der Linken liegt vor.
Das Städtische Klinikum – Gesundheitszentrum für die Bürgerinnen und Bürger
Der Arbeitsdruck im Karlsruher Klinikum hat sich erhöht. Die Zahl der Mitarbeiter wurde verringert. Das ist nicht nur unsozial gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es gefährdet letztlich auch die Patientinnen und Patienten. Der Gemeinderat ist hier in der Verantwortung. Das Klinikum ist eine zu 100 Prozent städtische Gesellschaft. Zur baulichen Sanierung und Modernisierung des Klinikums gehört für uns auch eine Erweiterung des Personals, um die Versorgung der Patienten sicher zu stellen und den Arbeitsstress für Mitarbeiter zu reduzieren.
Die ausgegliederte Reinigung, die alleiniges Ziel hatte die Personalkosten durch Kürzung um 30% abzusenken, muss rückgängig gemacht werden.
Ein weiteres Thema ist und bleibt für uns die Prävention gegen die Infektion mit multiresistenten Erregern. Wir wollen eine schrittweise Annäherung an das in Skandinavien praktizierte Massenscreening, dessen Ergebnis im Vergleich zu Deutschland bekanntlich eine viel niedrigere Infektionsrate ist.
Jährlich sterben etwa 40.000 Menschen in Deutschland an einer Infektion durch multiresistente Erreger. Das Städtische Klinikum könnte die Federführung für einen Runden Tisch der Krankenhäuser in Karlsruhe und Umgebung übernehmen, um ein gemeinsames Präventionskonzept mit einem vorbildhaften Screening-Zentrum zu erstellen.
Haushalterisch bleiben wir bei unserer Grundforderung, dass das Städtische Klinikum gesundheitsorientiert betrieben werden muss; die entsprechenden Kosten hat die Gesellschaft zu tragen. Eine rote oder schwarze Null kann für uns keine Zielvorgabe für eine kommunale Gesundheitseinrichtung sein.
Nicht die Kassenlage, sondern die Patientenlage ist für uns der Maßstab. Ein Krankenhaus muss effizient und mit hoher Qualität arbeiten. Es muss sich aber nicht rechnen.
Entsprechende Anträge der Linken liegen vor.
Gute Bildung ab der Kita schafft das Fachpersonal von morgen
Karlsruhe hat einen Schwerpunkt in den Bereichen Technologie, Wissenschaft und in der Informations- und Datenverarbeitung. Breitbandinternet, hochqualifizierte Menschen und eine gute Lebensumgebung sind die Standortfaktoren für moderne Unternehmen von morgen. Umso unverständlicher ist es, dass wir die Förderung unserer Kinder vom 1. Bis zum 6. Lebensjahr nicht so voranbringen, dass sie auf Leben und Beruf optimal vorbereitet werden.
Bildung muss beitragsfrei sein. Wir brauchen Tageseinrichtungen die den Bedarf decken. Das Personal muss pädagogisch ausgebildet und die Gruppen müssen klein sein. Es ist ungerecht, wenn die alleinerziehende Verkäuferin den gleichen Preis für die Tageseinrichtung ihres Kindes bezahlen muss, wie ihr Abteilungsleiter.
Wir sprechen vom Fachkräftemangel – vor allem in den MINT-Fächern. Das sind Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Ich bin nicht dafür, dass alle Kinder später Informatiker und Techniker werden sollen. Aber wie viele junge Menschen würden diese Berufe gerne ergreifen, wenn man ihnen im Kindesalter die Chance gegeben hätte.
Wir, der Gemeinderat haben es in der Hand, den Kindern diese Chance zu geben. Wir ziehen es aber weiterhin vor, Millionen für Leuchttürme zu verschwenden. Die Kinder von heute haben ein Recht auf Leben, ein Recht auf Bildung, ein Recht auf Zukunft.
Bildung muss von der Kita bis zur Uni beitragsfrei sein. Als Einstieg beantragen wir für diesen Doppelhaushalt, das letzte Kita-Jahr in Karlsruhe gebührenfrei anzubieten. Wir orientieren uns dabei gerne an Thüringen und seinem Linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow.
Bürgermeisterin Luczak-Schwarz hat in ihrer Haushaltsrede deutlich gemacht, dass der Betriebskostenzuschuss des Landes für kommunale Kitas bei 68% liegt. Der für Kitas in freier Trägerschaft liegt nur bei 68% der 68%. Das heißt, dass wir Landesmittel verschenken, die für kommunale Kitas zur Verfügung stehen.
Wir schlagen vor, den kommunalen Anteil an Kindertageseinrichtungen, als Einstieg in eine Re-Kommunalisierung, von 20% auf 30% anzuheben, ohne das Angebot der freien Träger zu reduzieren. Dieser Anteil soll von Haushalt zu Haushalt angehoben werden, bis ein Anteil von mindestens 60% erreicht ist. Im Rahmen dieses Programms stellt die Stadt eine 24-Stunden-Kita zur Verfügung und bietet allen Kitas und Schulen ein kostenloses und gesundes Mittagessen an.
Die Subventionen für den Baden-Airport laufen dieses Jahr aus. Wir schlagen vor, den jährlichen Subventionsbetrag von 1,3 Millionen Euro ab 2016 für ein gesundes Mittagessen und zur Finanzierung eines beitragsfreien Kita-Jahres zur Verfügung zu stellen.
Anträge der Linken hierzu liegen vor.
Wildparkstadion – ein Geschenk für den Profifußball ?
Wir gönnen dem KSC ein neues Fußballstadion. Wir sind dafür, dass die Stadt sich an den Kosten beteiligt. Der KSC hat viele Fans, er ist ein wichtiger Imageträger für die Stadt und soll das auch bleiben. Aber der Gemeinderat hat ein neues Wildparkstadion als Geschenk zu 100% aus Steuern für den Profifußball beschlossen. Dass die Stadt am Ende Null auf Null herauskommen kann, weil man sich ein kluges Konzept überlegt habe, klingt ein wenig wie ein Trick des Barons Münchhausen. Der Stadionbau, sofern er zustande kommt, wird ein weiteres Loch in die Haushaltskassen reisen.
Wir bleiben dabei: Der KSC muss die wesentlichen Kosten selbst tragen. Wenn er das noch nicht kann, dann muss er warten bis der Erfolg Geld in seine Kassen spült. Er kann sich an den Profivereinen orientieren, die diesen Weg so gegangen sind, um nicht die Steuerzahler zu belasten.
In der Debatte um das Stadion gibt es Stimmen, die sagen: „Wenn die Stadt 60 Millionen für den Umbau des Staatstheaters ausgibt, dann kann sie auch ein Stadion für den Profifußball bauen.“ Diese Gleichsetzung ist völlig falsch.
Kultureinrichtungen sind ein Grundpfeiler der demokratischen und sozialen Zivilgesellschaft. Ein Gut, welches wir als Stadt pflegen und erhalten müssen. Theater schaffen Emotionen, sie sind politisch oder auch einfach unterhaltend. Sie sind Spiegel der Gesellschaft, sie integrieren und führen Menschen zusammen. Theater begleiten und fördern den gesellschaftlichen Diskurs.
Der Profifußball hingegen ist ein kommerzielles Geschäft. Er hat keinen gesellschaftlichen Auftrag. DFB-Präsident Niersbach sprach bei der 120 Jahrfeier des KSC davon, dass Fußball identitätsstiftend sei und es in der Nachkriegszeit nichts gab, was eine solche nationale Identität geschaffen hätte, wie der Fußball.
Welche Identität meint er? Die Identität durch aufgeputschte Emotionen? Oder die Identität des Sieges über Andere?
Menschen haben viele Identitäten. Diese spiegeln sich in ihrer Vielfalt in der Kultur wider. In der Kultur des Badischen Staatstheaters gibt es keine Sieger und keine Besiegten. Es gibt keinen Herdentrieb, sondern Individuen.
Uns allen einen kulturvollen Stadtgeburtstag. Danke für ihre Aufmerksamkeit.
Niko Fostiropoulos, Stadtrat
13.1.2015
***
Hinterlasse einen Kommentar