Ausländerbehörde: … Verfahren können daher nicht mehr in den gewohnten Zeiträumen bearbeitet und abgeschlossen werden“

23. Dezember 2016  Allgemein, Anfragen, Berichte, Presseecho

Im Herbst war endgültig dicke Luft  in der Ausländerbehörde. Eine automatische e-mail teilte anfragenden KundInnen mit:
„Angesichts der Vielzahl hier täglich eingehender Anfragen, bitten wir um Verständnis dafür, dass die Bearbeitung Ihrer Anfrage einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Wie aus den Medien bekannt, gibt es auch in Karlsruhe eine deutliche Zunahme neu Einreisender. Diese erhebliche Mehrbelastung der Ausländerbehörde muss von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgefangen und bewältigt werden. Die laufenden und künftigen Verfahren können daher nicht mehr in den gewohnten Zeiträumen bearbeitet und abgeschlossen werden. Wir bitten daher, von weiteren Nachfragen – auch telefonisch – abzusehen.“ – Ein seit 8 Jahren hier lebender Jugendlicher mit sicherem Aufenthaltsstatus hätte beinahe seinen Arbeitsplatz verloren und stand kurz vor der Ausweisung, weil die Ausländerbehörde seinen Folgeantrag nicht wie bisher üblich rechtzeitig bearbeiten konnte. – Wir haben deshalb bei der Stadt nachgefragt.

Erkennbar ist der drastische Anstieg der Fallzahlen in der Ausländerbehörde in 2016. Man könnte fragen, ob das nicht vorhersehbar war und man fühzeitig hätte gegensteuern können. Die Unterkapazitäten in der Ausländerbehörde sind seit über 10 Jahren immer wieder ein Thema. Es gibt darauf von der Stadt immer neue Antworten. Hier die neueste Variante:

Anmerkung:
Die Ausländerbehörde und Einbürgerungsbehörde sind organisatorisch getrennt. Die Einbürgerungsbehörde ist Teil des Standesamtes.

1. Wie hoch ist die Anzahl der Fälle, die eine Fachkraft im Durchschnitt betreut:

a) Ausländerbehörde:

Jahr        Fallzahl gesamt       Durchschnittl. Anzahl Fachkräfte       Durchschnittl. Fallzahl je Fachkraft

2015            62.111                               14,5                                             4.284

06/2016       58.205                               14,5                                               4.014

 

b) Einbürgerungsbehörde:

Jahr     Laufende Einbürgerungsverfahren   Durchschnittl. Anzahl Fachkräfte  Durch. Fall je Fachkraft

2015/2016          ca. 1000 Verfahren                              4,5                  ca. 220

 

2. Wie lange ist die durchschnittliche Wartezeit auf einen Termin bei:

a) Ausländerbehörde
2015: 2 bis 15 Werktage (je nach Terminart)
2016: 4 bis 20 Werktage (je nach Terminart)

b) Einbürgerungsbehörde
2015: circa 5 bis 10 Werktage
2016: circa 5 bis 10 Werktage

3. Wie hoch ist die Zahl der zu bearbeitenden Fälle bei:

 

a) Ausländerbehörde:

Jahr    Aufenthaltserl. erteilt  Aufenthaltserl. verl.  Sonstiges   Gesamt  Kundenvorsprache

2015              6998                     7411                   3950        18.359         46.775

2016(Okt)       5052                     5067                   4022        14.141        24.517

 

b) Einbürgerungsbehörde:
Einbürgerungen und Einbürgerungszusicherungen
2015: 787 zu bearbeitende Fälle
2016: 734 zu bearbeitende Fälle

4. Welche Ursachen führten zu der unten zitierten E-Mail der Ausländerbehörde mit der Ankündigung, die Verfahren könnten nicht mehr „in den gewohnten Zeiträumen“ bearbeitet und abgeschlossen werden?

Eine fristgerechte und verbindliche Bearbeitung unserer aufenthaltsrechtlichen Verfahren ist unter anderem von folgenden Faktoren abhängig:
– Anzahl der zur Verfügung stehenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,
– Entwicklung der Fallzahlen (zum Beispiel Zuwanderung im Allgemeinen, Flüchtlings- und Duldungszahlen, konjunkturelles Aufkommen wie Studenten, et cetera)
– Personalfluktuation (vorhandene Erfahrung und Einarbeitungsaufwand),
– sonstigen Rahmenbedingungen (zum Beispiel neue Rechtslagen wie das Integrationsgesetz, technische Veränderungen, et cetera).

Das Jahr 2016 war und ist von einer hohen Personalfluktuation, einhergehend mit einem hohen Einarbeitungsaufwand, geprägt. Neben vielen neuen Rechtslagen in 2016 hat insbesondere das neue Integrationsgesetz, welches im August in Kraft getreten ist, zusätzliche Ressourcen gebunden.

 

Zahlreiche Umsetzungs- und Anwendungshinweise waren zu erarbeiten, zu standardisieren und in die tägliche Arbeit einzubinden. Des Weiteren sind die Monate September und Oktober stark geprägt von ersteinreisenden Studierenden, welche ihre Hochschulzulassungen und Aufenthaltserlaubnisse begehren. Dies hat stellenweise zu Engpässen geführt. Hierüber haben wir Anfragende per E-Mail mit einer automatisierten Eingangsbestätigung informiert.

5. Welche Maßnahmen wurden beziehungsweise werden ergriffen, um die unten angesprochene Mehrbelastung der Mitarbeitenden zu beseitigen? In welchem Zeitraum soll dies geschehen?
Neben den Standardvorgehensweisen (Personaleinstellung, Aus- und Fortbildung, Aufgabenpriorisierung und Standardreduzierung) haben wir die Chance genutzt und uns 2016 erfolgreich auf ein Förderprojekt des Integrationsministeriums beworben. Das Förderprojekt hat zum Ziel, die Handlungsfähigkeit von Ausländerbehörden zu stärken.

 

Die Ausländerbehörde wird durch eine Unternehmungsberatung begleitet. Nach Abschluss der Analyse- und Diagnosephase werden derzeit fokussierte Themen in Projekten erarbeitet und nächstes Jahr ihren Abschluss erfahren. Die Projektergebnisse sollen dann die Funktionalität der Ausländerbehörden stärken und in den Arbeitsalltag integriert werden.

Ziel aller Maßnahmen ist es die Attraktivität der Arbeit in der Ausländerbehörde zu erhöhen und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig für die Ausländerbehörde zu gewinnen. Über die Projektergebnisse wird im Hauptausschuss berichtet.

 

Stadt Karlsruhe
Der Oberbürgermeister

13.12.16

 

 

PRESSE-ECHO:

Ausländerbehörde

Bei über 4.200 lag die durchschnittliche Fallzahl pro Fachkraft in der Ausländerbehörde im Jahr 2015. Bei der Einbürgerungsbehörde waren es rund 220 Fälle pro Fachkraft. Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Termin betrug bei der Ausländerbehörde 2 bis 15 Werktage, bei der Einbürgerungsbehörde 5 bis 10 Werktage. Nachgehakt hatten Stadträtin Sabine Zürn (Die Linke) und Kollege Niko Fostiropoulos. Denn im September hatte die Ausländerbehörde per E-Mail darauf hingewiesen, dass eine erhebliche Mehrbelastung vorliege und laufende sowie zukünftige Verfahren nicht mehr in den gewohnten Zeiträumen bearbeitet werden könnten. Zurzeit wird die Ausländerbehörde im Rahmen eines Förderprojekts des Integrationsministeriums durch eine Unternehmensberatung begleitet. Ziel ist es, die Funktionalität der Ausländerbehörden zu stärken.

Stadtzeitung, 23.12.16


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