Stadtverwaltung zu Tigermückenvorkommen in Karlsruhe

25. Oktober 2017  Allgemein, Anfragen, Presseecho

Zu unserer Anfrage nimmt die Verwaltung unter Beteiligung der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage e. V. (KABS) und des Landratsamtes Karlsruhe, Gesundheitsamt, wie folgt Stellung:

1. Gibt es Erkenntnisse über die Ursache/n des Vorkommens der Tigermücke auf dem Gelände des Abfallamtes in der Ottostraße?

Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine gesicherten Erkenntnisse. Denkbar ist eine Einschleppung über die unmittelbar angrenzende Autobahn A5 durch Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen aus Südeuropa, insbesondere Italien, wo die Tigermücke die höchste Populationsdichte Europas aufweist. Eine wiederholte und in den letzten Jahren auch zunehmende Einschleppung über die Autobahn wurde in Monitoringprojekten der KABS nachgewiesen. Eine weitere mögliche Einschleppungsquelle könnte der Güterbahnhof sein, der ebenfalls unmittelbar an die Fundstellen angrenzt.

2. Deutet das Vorkommen der Tigermücke auf dem Gelände Ottostraße darauf hin, dass auch weitere Standorte des Abfallamtes bzw. Mülldeponien davon betroffen sind? – Wenn ja, was unternimmt die Stadt?

Einen unmittelbaren direkten Bezug gibt es nicht. Die Tigermücken haben nach ihrer Einschleppung auf dem Gelände des Amtes für Abfallwirtschaft (AfA) geeignete Brutstätten zu ihrer Vermehrung gefunden und wurden dann dort auffällig. Es besteht die Möglichkeit, dass durch die häufige An- und Abfahrt von Fahrzeugen die Tigermücken als „blinde Passagiere“ weiterverschleppt werden. Auf dem Gelände des AfA, aber auch auf allen anderen Grundstücken des Industriegebietes wurden sämtliche potenziellen Brutstätten mit dem biologischen Bekämpfungsmittel B.t.i. behandelt. Dabei handelt es sich um einen Proteinkomplex, der gezielt ausschließlich Mückenlarven abtötet und alle anderen Organismen unbeschadet lässt. Durch diese Behandlung wird erreicht, dass es in diesem Jahr zu keiner weiteren Entwicklung von Tigermücken kommen kann. Adulte Stechmücken wurden bei den Kontrollen bislang nicht entdeckt, wobei die Tigermückensaison auch zu Ende geht. Auf allen Grundstücken des Industriegebietes werden die Besitzenden beziehungsweise die Pächterinnen und Pächter persönlich und/oder über einen Informationsflyer aufgeklärt, wie eine Vermehrung der Tigermücken zu verhindern ist.

3. Sind für das Personal des Abfallamtes in der Ottostraße besondere Schutzmaß-nahmen erforderlich? – Wenn ja, welche?

Der Betriebsärztliche Dienst hat dem Amt für Abfallwirtschaft vorgeschlagen, Repellentien zu benutzen, in erster Linie wurde ein Insektenmittel mit dem Inhaltsstoff Icaridin 20 Prozent (beispielsweise Autan protection plus) empfohlen, dieses ist auch für tropische Mücken geeignet und darf auch in der Schwangerschaft angewendet werden. Zudem muss jeder Stich einer Tigermücke im Verbandbuch dokumentiert werden, wenn er während der Arbeitszeit erfolgt ist. Es besteht das Angebot einer individuellen Beratung der Mitarbeitenden beim Ärztlichen Dienst, auch telefonisch, nach einem Mückenstich.
Die Tigermücke ist nachgewiesenermaßen Vektor für verschiedene tropische Viruserkrankungen, die auf den Mensch übertragen werden können. Bekannt sind hierbei insbesondere Denguefieber, Chikungunya und Zikavirus. Hier besteht aus Sicht des Gesundheitsamtes jedoch aktuell in Deutschland noch keine relevante Infektionsgefahr, da derartige tropische Viruserkrankungen bisher nur sehr selten auf Reisen erworben werden. Oftmals befinden sich diese Patientinnen und Patienten während der virämischen Phase, in der die Mücke das Virus überhaupt nur aus dem Blut des Erkrankten aufnehmen kann, noch im Ausland auf ihrer Reise oder in Deutschland in klinischer stationärer Behandlung. Damit ist die Wahrscheinlichkeit für eine Virusaufnahme durch eine Tigermücke derzeit extrem gering, sodass derzeit Infektionsrisiken für die Mitarbeitenden des Amtes für Abfallwirtschaft nicht gesehen werden.

4. Gibt es weitere Standorte bzw. Gelände im Bereich der städtischen Verwaltung, auf denen mit einer Besiedlung durch Tigermücken gerechnet werden muss? – Sind spezielle Maßnahmen erforderlich?

Grundsätzlich ist eine Besiedlung überall dort möglich, wo die Tigermücke auftaucht und die Bedingungen für sie günstig sind. Das bedeutet, sie benötigt neben den klimatischen Voraussetzungen auch
a) Brutstätten (mit stehendem Wasser gefüllte Klein- und Kleinstbehältnisse) für die Ablage ihrer Eier,
b) Blutwirte, für die Vermehrung und
c) Hecken beziehungsweise Gebüsche, die als Rückzugszonen dienen.
Die Mitarbeitenden der städtischen Betriebe und alle Bürgerinnen und Bürger im betroffenen Bereich werden umfassend darüber informiert, wie Brutstätten zu vermeiden beziehungsweise zu beseitigen sind.

5. Gibt es generell im Gebiet der Stadt Karlsruhe allgemein zugängliche Standorte, auf oder in denen besonders mit einer Besiedlung durch Tigermücken gerechnet werden kann oder muss?

Prinzipiell kann sich die Tigermücke überall dort ansiedeln, wo die unter Punkt 4 genannten Voraussetzungen gegeben sind. Die bisherigen Nachweise aus Baden-Württemberg zeigen, dass es oft suburbane Siedlungsbereiche mit hohem Gartenanteil, Kleingartenanlagen, Friedhöfe und Industriegebiete sind, die von ihr erfolgreich besiedelt werden.

6. Sind dahingehend besondere präventive Maßnahmen erforderlich – wenn ja, welche?

Es ist wichtig, die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten, wie auch die städtischen Mitarbeitenden, über Aussehen und Biologie der Asiatischen Tigermücke zu informieren. Durch die Kenntnis der Brutstätten können diese größtenteils beseitigt, oder falls dies nicht möglich ist, mit B.t.i.-Tabletten behandelt werden. Darüber hinaus ermöglicht das frühzeitige Erkennen neuer Populationen ein zeitnahes Eingreifen, um weitere Ansiedlungen im Stadtgebiet zu verhindern. Im Frühjahr sollte das jetzt bekannte besiedelte Gebiet inklusive weiterer potenzieller Vermehrungsschwerpunkte im angrenzenden Bereich nach Larven der Asiatischen Tigermücke durchsucht werden, um gleich die erste Generation des nächsten Jahres möglichst stark zu reduzieren.

Aus Sicht des Gesundheitsamtes wird empfohlen, gemeinsam mit den Experten der KABS festzulegen, in welchen städtischen Bereichen ein erhöhtes Risiko für Ansiedlungen durch Tigermücken besteht, um dann systematisch in den nächsten Jahren nach Tigermücken zu suchen. Da Populationen der Tigermücke aller bisherigen Erfahrung nach im Frühstadium einer Besiedelung mit überschaubarem Aufwand zurückgedrängt und wieder beseitigt werden können, hält die Stadt Karlsruhe ein derartiges Suchprogramm für sinnvoll und zweckmäßig.

7. Kann die Verbreitung der Tigermücke generell verhindert werden?

Diese Frage kann nur spekulativ beantwortet werden. Nach derzeitigen Erkenntnissen hat sich die Tigermücke in Italien bereits flächenmäßig etabliert. Auf lange Zeiträume hin gesehen, muss insbesondere im Hinblick auf die im Zusammenhang mit dem Klimawandel festzustellende konstante Temperaturerhöhung gerade in Regionen mit immer milderen Wintern (Oberrheinschiene) damit gerechnet werden, dass die Bedingungen für die Ansiedelung von Insekten wie der Tigermücke so günstig werden, dass mit der Etablierung dauerhafter Populationen gerechnet werden muss.

 

Stadt Karlsruhe
Der Oberbürgermeister, 17.10.17

 

PRESSE-ECHO:

Tigermücken

Auf dem Gelände des Amts für Abfallwirtschaft und auf den anderen Grundstücken des Industriegebietes wurden sämtliche potentiellen Brutstätten der Asiatischen Tigermücke mit dem biologischen Bekämpfungsmittel B.t.i. behandelt. Die Verwaltung empfiehlt, nächstes Frühjahr das jetzt bekannte besiedelte Gebiet sowie weitere potenzielle Vermehrungsschwerpunkte im Stadtgebiet nach Larven der Tigermücke abzusuchen. Allerdings müsse mit Hinblick auf den Klimawandel davon ausgegangen werden, dass sich Populationen auch hier dauerhaft etablieren. In Italien habe sich die Tigermücke bereits flächendeckend angesiedelt. Nachgefragt hatte Die Linke.

Stadtzeitung 20.10.2017


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