Zu 2 bis 3 Monaten Wartezeit sagt die Stadt: „… guter Standard erreicht“

20. Juli 2018  Allgemein, Anfragen, Berichte

Wir haben nach dem Stand der beiden nichtkommerziellen Schuldnerberatungen in Karlsruhe gefragt. Die Personallage hat sich leicht verbessert, die Wartezeiten für die Hilfesuchenden sind in den letzten 3 Jahren etwa gleich geblieben. Für uns ist das keinesfalls zufriedenstellend. Die Stadt ist anderer Meinung. Ihrer Auffassung nach „haben die Beratungsstellen einen guten Standard erreicht. Daher sind keine weiteren Maßnahmen notwendig.“ – Im Folgenden unsere Fragen und die Antworten der Stadt:

  1. Wie hoch ist die Anzahl der Haushalte in Karlsruhe heute, und wie viele dieser Haushalte sind verschuldet?

Zum 31. Dezember 2016 waren in Karlsruhe 173.996 Haushalte gemeldet. Die Anzahl der verschuldeten Haushalte entspricht den früheren Jahren. Überschuldet und somit selbst nicht mehr in der Lage, die Schulden selbstständig zu tilgen, sind 7,59 Prozent der Karlsruher Bevölkerung, was circa 24.000 Personen entspricht. Diese verteilen sich auf ungefähr 17.000 Haushalte.

2. Wie hoch war die Zahl der Hilfesuchenden je in den beiden Schuldnerberatungs-einrichtungen (Caritas und städtische) je in den Jahren 2015 bis heute, in Bezug auf

a) Neue Anfragen
b) Beratungsfälle aus den Vorjahren?

 

2015                 2016                 2017

Stadt Karlsruhe              

Neue Anfragen                  826                 1064                  1048

Fälle aus Vorjahren           226                   222                    221

 

Caritas                                2015                 2016                 2017

Neue Anfragen                     314                    308                  290

Neue Online-Anfragen           46                      72                    55

Fälle aus Vorjahren              166                    172                  118

 

3. Wie groß ist (s. Frage 2) somit der Anteil der verschuldeten Haushalte in Karlsruhe, der von der Caritas und der Stadt beraten wird?

Im Jahr 2017 wurden 1.732 Haushalte beraten. Dies entspricht ungefähr 10 Prozent der überschuldeten Haushalte. Weitere überschuldete Haushalte werden von freien Trägern, zum Beispiel im Rahmen des betreuten Wohnens, im Umgang mit ihren Schulden unterstützt. Andere Schuldner wählen beispielsweise direkt den Weg zu einem Rechtsanwalt, der auf Insolvenzverfahren spezialisiert ist.

Daneben gibt es überschuldete Personen, die aktuell nicht in der Lage sind, ihre Schuldenregulierung anzugehen, weil andere vorrangige Probleme, zum Beispiel Gesundheit, angegangen werden müssen.

Die städtische Schuldnerberatung war ab Oktober 2015 mit einer Sekretariatskraft (Halbtagsstelle) und einem Berater ausgestattet.
4. a) Wie ist die Stellenausstattung heute?

Seit November 2017 ist die städtische Schuldnerberatung wieder mit zwei Beratern (jeweils 100 Prozent-Stellen) besetzt. Die Sekretariatsstelle ist unverändert mit 50 Prozent Stellenanteil besetzt.

b) Wie ist die Stellvertretung bei Krankheitsfall geregelt?

Die Berater vertreten sich gegenseitig. Bei Abwesenheit der Sekretärin wird die Terminvergabe direkt von den Beratern vorgenommen. Sollten außerplanmäßig beide Sachbearbeiter abwesend sein und ein dringender Fall anstehen, so ist die Schuldnerberatung der Caritas bereit, die Vertretung zu übernehmen.

Die Schuldnerberatung der Caritas war 2015 mit 1,5 Beratungsstellen und einer Sekretariatskraft (30 Prozent) ausgestattet – zudem haben 3 Ehrenamtliche die Fallarbeit unterstützt.
5. a) Wie ist die Stellenausstattung heute, mit wie vielen Ehrenamtlichen?

Die Schuldnerberatung der Caritas ist mit 1,5 Beraterstellen (aufgeteilt auf drei Personen) und einer Sekretariatskraft (30 Prozent) ausgestattet – zudem unterstützen vier Ehrenamtliche die Fallarbeit.

b) Wie ist die Stellvertretung bei Krankheitsfall geregelt?

Die Vertretung erfolgt gegenseitig im Team. Bei Engpässen erfolgt Unterstützung durch den Caritassozialdienst. In dringenden Fällen ist auch eine Vertretung durch die städtische Schuld-nerberatung möglich.

 

6. Wie haben sich je in den beiden Schuldnerberatungen die Wartezeiten entwickelt je in den Jahren von 2015 bis heute – welche Gründe liegen dafür vor bzw. sind bekannt?
a) Wartezeiten zu einem ersten telefonischen Informationsgespräch

Bei beiden Schuldnerberatungsstellen erfolgt die Erstinformation direkt beim ersten Anruf. Bei existentiellen Bedrohungen, wie zum Beispiel drohender Stromsperre und ähnlichen Sachverhalten, bieten beide Stellen kurzfristige persönliche Beratungen an.

b) Wartezeiten zu einem ersten persönlichen Beratungsgespräch

Die Wartezeit zu einem ersten persönlichen Gespräch hat bis Oktober 2017 bei der städtischen Schuldnerberatung bis zu vier Monate betragen. Seit beide Stellen wieder besetzt sind, wurde sie wieder auf einen Monat reduziert.

Die Wartezeit bei der Schuldnerberatung der Caritas betrug 2015 bis zu zwei Monate und schwankt seit 2016 zwischen zwei und drei Monaten.

7. In wie weit haben nach Auffassung der Stadt lange Wartezeiten eine abschreckende Wirkung und in wie weit tragen diese Wartezeiten zu einer weiteren Verschlimmerung der Schuldensituation bei?

Die Motivation der Schuldner würde bei langen Wartezeiten verloren gehen. Die Beratungsstellen bieten daher kurzfristige Möglichkeiten für einen Termin an. Gründe für Wartezeiten liegen zum einen in der Anzahl der Anfragen zum anderen aber auch an der Ausfallquote bereits terminierter Erstgespräche. Für diese gibt es unterschiedliche Gründe: Erstinformation ausreichend, es besteht kein Bedarf mehr, Termin vergessen, kein Interesse mehr, andere Beratungsmöglichkeit gefunden (Verbraucherberatung, Online-Beratung, gewerbliche Anbieter und anderes) oder der direkte Weg zum Rechtsanwalt.

8. Sieht die Stadt angesichts der obigen Sachverhalte es als erforderlich oder wünschenswert an, Wirksamkeit und Reichweite der gemeinnützigen Schuldnerberatung in Karlsruhe nachhaltig zu verbessern?

 Wenn ja, mit welchen Maßnahmen?
 Wenn nein, warum nicht?

Die Beratungsstellen haben einen guten Standard erreicht. Daher sind keine weiteren Maßnahmen notwendig.

 

Stadt Karlsruhe
Der Oberbürgermeister, 17.07.2018


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