Stop für Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen – Antwort der Stadt

03. September 2018  Allgemein, Anfragen, Presseecho, Pressemitteilung

In Karlsruhe fallen ständig Wohnungen aus der Mietpreis- oder Belegungsbindung. Zwischen 1990 und 2016 hat sich so die Zahl der mietpreisgebundenen Wohnungen laut Angaben der Stadt von 11.950 auf 3.627 verringert. Zudem wurde 2015 für den Karlsruher Wohnungsmarkt für Eigentümer oder Mieter ein Fehlbedarf ca. 20.000 Wohneinheiten für den Berechnungszeitraum 2015 – 2030 festgestellt. Der Paritätische spricht von 10.000 fehlenden Wohnungen für Haushalte mit geringerem Einkommen auf Karlsruher Stadtgebiet.

„Wir sehen, die Preise für Wohneigentum in der Stadt schießen nach oben, die Mieten ziehen nach. Die Mietpreisbremse ist das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist. In dieser Situation halten wir es für unabdingbar, dass der stets knappere Wohnraum in unserer Stadt vor der Umwandlung in Ferienwohnungen geschützt wird“, erklären die LINKEN Stadträte Sabine Zürn und Niko Fostiropoulos zu ihrer diesbezüglichen Anfrage an die Stadt Karlsruhe. „Wir wollen wissen, wie sich das Angebot der Ferienwohnungen in Karlsruhe entwickelt hat, wie es sich in der Stadt verteilt und ob die Stadt aktiv werden wird, die weitere Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen mit  einem entsprechenden Zweckentfremdungsverbot zu verhindern.

 

Antwort der Stadtverwaltung:

1. Wie viele Ferienwohnungen gibt es derzeit im Stadtgebiet Karlsruhe?

Ferienwohnungen werden in der Statistik nur bei Gebäude- und Wohnungszählungen im Rahmen eines Zensus erfasst. Bei der letzten Erhebung 2011 (!!!) wurden insgesamt 168 Ferienwohnungen in Karlsruhe ermittelt. Hierbei wurde nicht differenziert zwischen aus-schließlich selbst genutzten und an Dritte vermieteten Ferienwohnungen.

2. Wie hat sich die Anzahl der Ferienwohnungen in Karlsruhe in den letzten 5 Jahren entwickelt?

Hierzu kann mangels Daten keine Aussage getroffen werden.

 

5. Teilt die Stadtverwaltung die Ansicht, dass angesichts des Wohnungsmangels in
Karlsruhe die Umwandlung von ohnehin schon zu knappem Wohnraum in Ferien-wohnungen so weit wie möglich zu verhindern ist?

6. Teilt die Stadt die Auffassung, dass angesichts des Wohnungsmangels in der Stadt
die Nachfrage nach touristischer Beherbergung von den Hotel- und Beherber-gungsbetrieben abgedeckt werden sollte?

In Baden-Württemberg haben bisher 5 Städte ein Zweckentfremdungsverbot eingeführt. Vier Städte sehen diese Maßnahme weiterhin als für ihr Stadtgebiet als sinnvoll an:

7. Wird die Stadtverwaltung angesichts des offensichtlichen Wohnungsmangels hinsichtlich der Einführung eines Zweckentfremdungsverbots aktiv werden, um unter anderem den Missbrauch der Umwandlung von knappem Wohnraum in Ferienwohnungen zu minimieren bzw. zu unterbinden?

In Anbetracht der Wohnungsmarktsituation ist es in Karlsruhe um jede Wohnung schade, die nicht dem Zweck Wohnen dient. Die Frage für die Praxis ist jedoch, wie und mit welchem Auf-wand die Anzahl der zweckentfremdeten Wohnungen minimiert werden kann. Bei diesem Ab-wägungsprozess sind folgende Faktoren von Interesse:
Die Anzahl der Ferienwohnungen ist überschaubar und macht lediglich 0,1 % aller Wohnungen in Karlsruhe aus.
Ferienwohnungen, die bei Erlass einer Satzung zum Zweckentfremdungsverbot legal vorhanden sind, genießen Bestandsschutz.

Untermietverhältnisse und mittelfristig möblierte Vermietungen nicht gewerblicher Art erfüllen den Tatbestand der zuvor genannten Gesetzesnorm nicht.

Auch Zweitwohnungen fallen nicht unter ein Zweckentfremdungsverbot.

In Baden-Württemberg haben die Städte Freiburg, Konstanz, Stuttgart, Tübingen und Heidelberg von ihrem Satzungsrecht nach § 2 ZwEWG Gebrauch gemacht. Gut ein Jahr nach Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbots in Heidelberg befürwortet die Stadt eine Weitergeltung des ZwEWG nicht. Die anderen Städte sehen das Zweckentfremdungsverbot für ihre Stadt als geeigneten Ansatz, um einen Beitrag zur Bekämpfung des örtlichen Wohnraummangels zu leisten und befürworten die Weitergeltung des Gesetzes.

Wenngleich einem Zweckentfremdungsverbot eine schwer messbare präventive Signalwirkung nicht abgesprochen werden kann, ist festzustellen, dass die messbare Erfolgsquote, also die Zahl der Wohnungen, die durch die Um-setzung des Zweckentfremdungsverbots dem Wohnungsmarkt erhalten bzw. wieder zugeführt werden konnten, sich in diesen Städten in einem überschaubaren Rahmen bewegt. Dies, obwohl man zur Bewältigung dieser Aufgabe zwischen einer und drei Stellen eingerichtet hat und teilweise über eine Erfahrung von drei bis vier Jahren verfügt. Näheres hierzu kann der Landtagsdrucksache 16 /4278 vom 19.06.2018 entnommen werden.

Die Umsetzung eines Zweckentfremdungsverbots ist mit einem sehr hohen Verwaltungsauf-wand verbunden. Dies ist auch mit ein Grund für die mäßige Erfolgsquote. Auch die fehlende Auskunftspflicht der Internetportale erschwert nach Auffassung der besagten Städte die Arbeit.

Im Übrigen wird auf die umfassende Abwägung von Pro und Contra in der Gemeinderatsvorlage 2014/0218 verwiesen. Die Situation hat sich seither in Karlsruhe nicht grundlegend verändert, sodass die darin getroffenen Aussagen dem Grunde nach auch noch heute Gültigkeit haben. Insbesondere ist die Bilanz der Nutzungsänderungen für den Wohnungsmarkt weiterhin positiv, da von 2009 bis 2017 durchschnittlich 52 Wohnungen pro Jahr, die zuvor gewerblich genutzt wurden, dem Wohnungsmarkt zugeführt werden konnten und durchschnittlich acht Wohnungen pro Jahr den umgekehrten Weg gingen.

Nach umfangreicher Analyse der Situation im Land und in Karlsruhe sowie nach eingehender Abwägung der Begleitumstände, beabsichtigt die Stadtverwaltung derzeit nicht die Einführung eines Zweckentfremdungsverbots anzuregen. Sie wird den Markt insbesondere hinsichtlich der Ferienwohnungen weiter beobachten um bei einer wesentlichen Veränderung tätig werden zu können. Dabei ist auch von Interesse, wie der Landesgesetzgeber nach dem in § 6 ZwEWG verankerten fünfjährigen Erfahrungszeitraum reagieren wird

Stadt Karlsruhe
Der Oberbürgermeister, 18.09.2018

 

MEDIEN-ECHO:

 

Stadtzeitung 5.10.2018

 

Rolle von Ferienwohnungen

Ein gegen die Umwandlung in Ferienwohnungen gerichtetes Zweck-entfremdungsverbot lohnt nach abwägender Einschätzung der Verwaltung nicht, erfuhr Die Linke. Nur etwa 0,1 Prozent des gesamten Wohnraums werden dem jüngsten Zensus von 2011 zufolge für Ferienwohnungen genutzt. Landesstädte, die das Verbot einführten, mögen abschreckende Wirkung entfalten, die messbare Erfolgsquote sei bei hohem Aufwand aber gering.

 

 

Im Folgenden die Anfrage im Wortlaut:

 

Thema:  Zweckentfremdung von Wohnraum durch Ferienwohnungen

 

Anfrage

1. Wie viele Ferienwohnungen gibt es derzeit im Stadtgebiet Karlsruhe?

2. Wie hat sich die Anzahl der Ferienwohnungen in Karlsruhe in den letzten 5 Jahren entwickelt?

3. Wie verteilen sich die Ferienwohnungen absolut und in Prozent auf die Wohnungsgrößen 1 Zi., 2 Zi, 3 Zi., 4 Zi und mehr?

4. Wie verteilen sich die Ferienwohnungen auf die einzelnen Stadtteile?

5. Teilt die Stadtverwaltung die Ansicht, dass angesichts des Wohnungsmangels in Karlsruhe die Umwandlung von ohnehin schon zu knappem Wohnraum in Ferienwohnungen so weit wie möglich zu verhindern ist?

6. Teilt die Stadt die Auffassung, dass angesichts des Wohnungsmangels in der Stadt die Nachfrage nach touristischer Beherbergung von den Hotel- und  Beherbergungsbetrieben abgedeckt werden sollte?

 

In Baden-Württemberg haben bisher 5 Städte ein Zweckentfremdungsverbot eingeführt. Vier Städte sehen diese Maßnahme weiterhin als für ihr Stadtgebiet als sinnvoll an:

7. Wird die Stadtverwaltung angesichts des offensichtlichen Wohnungsmangels hinsichtlich der Einführung eines Zweckentfremdungsverbots aktiv werden, um unter anderem den Missbrauch der Umwandlung von knappem Wohnraum in Ferienwohnungen zu minimieren bzw. zu unterbinden?

 

Sachverhalt / Begründung:

 

Der Wohnungsmangel in Karlsruhe ist unumstritten. In dieser Situation halten wir die Einführung eines Zweckentfremdungsverbots für sinnvoll. Jede Ferienwohnung verknappt das dringend benötigte Angebot an Wohnraum.

 

Unterzeichnet von:

Sabine Zürn                                                                                      Niko Fostiropoulos

 

 


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