Personalbedingte Fahrtausfälle bei der AVG – Das sagt die Stadt dazu

16. Januar 2019  Allgemein, Anfragen

Hart getroffen werdem z. B. PendlerInnen, die zur Firma oder von der Firma wieder nach Hause wollen: und dann kommt keine Bahn. Wir haben, nicht das erste Mal, bei der Stadt nachgefragt, wie es mit der Unterbesetzung von Fahrpersonal bei der AVG derzeit aussieht und was dagegen unternommen wird. Hier die Antwort:

1. Wie stellt sich die AVG die Situation von Pendler/innen vor – vor allem aus der oder in die umliegende Region – die morgens zwischen 5 und 7 Uhr oder abends nach
Arbeitsschluss an einer Haltestelle stehen, aber ihre S-Bahn fährt nicht wegen
„Personalbedingter Fahrtausfälle“?

Die AVG ist sich der Tatsache bewusst, dass Fahrtausfälle in jedem Einzelfall eine deutliche Einschränkung für die betroffenen Fahrgäste darstellen. Deshalb werden stets zunächst alle möglichen Maßnahmen geprüft und ggf. in die Wege geleitet, um drohende Fahrtausfälle zu verhindern, etwa durch die Aktivierung von Reserven.

Können Ausfälle nicht mehr verhindert werden, werden durch die Leitstelle verschiedene Schritte der Disposition durchgeführt. Dabei werden die im weniger dichten Takt bedienten Linien des Umlandverkehrs stets im Besonderen berücksichtigt. Einzelne Verschiebungen im Personaleinsatz ermöglichen es dann ggf. die Einschränkungen für das gesamte Netz zu reduzieren.

Zudem wird in jedem Einzelfall versucht, einen Ersatzverkehr mit Bussen einzurichten. Die AVG ist bereits seit einigen Wochen damit beschäftigt, Rahmenverträge mit diversen Busunternehmen abzuschließen, um in Bedarfsfall schneller auf Buskapazitäten zugreifen zu können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die frühzeitige Fahrgastinformation. Jeder einzelne Fahrtausfall wird direkt nach Bekanntwerden in die diversen Auskunftsmedien (Haltestellenanzeiger, Online-Auskünfte des KVV, des Landes, der Deutschen Bahn etc. Homepages, Social Media usw.) eingegeben. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass die betroffenen Fahrgäste nicht erst an der Haltestelle stehend von dem Ausfall erfahren, sondern sich bereits zuvor auf die Einschränkung einstellen können.

Der AVG ist bewusst, dass es in jedem Einzelfall bei den Betroffenen zu Verzögerungen kommt und ggf. kurzfristig Termine nicht eingehalten werden können. Deshalb wird das hohe Maß an Leistungsausfällen nicht akzeptiert und an einer Verbesserung auf allen Ebenen gearbeitet.

Auch jeder einzelne Mitarbeiter der AVG, sei es im Fahrbetrieb, in der Leitstelle, der Ausbildung, der Verwaltung etc., leidet enorm unter der derzeitigen Situation und dem schlechten Ansehen des Unternehmens. Für jede einzelne entstandene Unannehmlichkeit bittet die AVG die Betroffenen um Entschuldigung.

2. Die Kundschaft zahlt feste Preise für ihre Zeitkarten, aber die AVG erbringt die vereinbarte Leistung nicht: Wie stellt sich die AVG dazu?

Es ist nicht im Sinne der AVG, wenn Fahrten ausfallen und Kunden ihr Ziel nicht pünktlich, oder im schlimmsten Fall gar nicht, erreichen. Daher ist es klar geregelt, dass die betroffenen Kunden entsprechende Entschädigungsleistungen erhalten, sollte durch die AVG eine Schlechtleistung erfolgt sein. Die Gewährung dieser Leistung orientiert sich immer daran, welche Art von Fahrkarte ein Kunde besitzt.

Ein Fahrgast, der die Beförderungsleistung der AVG in Anspruch nehmen möchte, erwirbt je nach Fahrtrelation eine Fahrkarte aus dem Tarifbereich eines (von der AVG befahrenen) Verkehrsverbundes oder, bei verbundübergreifenden Fahrten, eine Fahr-karte nach dem C-Preis (Nahverkehr) der Deutschen Bahn, ab dem 09.12.2018 dann nach dem Baden-Württemberg-Tarif.

Im ersten Fall (Verbundfahrschein) steht dem Kunden die Nutzung aller Verkehrsmittel im entsprechenden Geltungsbereich zur Verfügung. Im Falle einer Eisenbahnfahrkarte besteht die Hauptleistung aus dem Transport des Kunden durch das Eisenbahn-unternehmen, in diesem Fall durch die AVG. Der gekaufte Fahrschein und der damit gewählte Tarif bestimmt letztendlich das Vertragsverhältnis und somit die Entschädigungsleistung, die der Kunde bei Verspätung oder Zugausfall geltend machen kann.

So sind finanzielle Entschädigungen bei Verspätungen und Zugausfällen auf Verbundseite u. a. in der freiwilligen Mobilitäts- und Pünktlichkeitsgarantie des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) geregelt sowie in den Fahrgastrechten im Eisenbahnverkehr.

Die europäische Union hat 2009 für alle Mitgliedsländer die Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr mit der Verordnung Nr. 1371/2007 einheitlich geregelt. In Deutschland gelten diese neuen Fahrgastrechte bereits seit dem 29.07.2009.

Neben dieser genannten Verordnung bzw. Richtlinie hat der KVV über die Kundenrechte im Eisenbahnverkehr hinaus eine freiwillige Mobilitäts- und Pünktlichkeitsgarantie für das gesamte Verbundgebiet eingeführt. Im Rahmen dieser Garantie besteht für Inhaber einer KVV Monats-, Halbjahres oder Jahreskarte bei Verspätungen und Fahrtausfällen die Möglichkeit, eine Fahrpreisentschädigung geltend zu machen oder die Fahrt mit einem alternativen Verkehrsmittel fortzusetzen.

Die KVV Mobilitäts- und Pünktlichkeitsgarantie gilt im gesamten Verbundgebiet für alle Fahrten mit Regionalbahnen, S-Bahnen, Stadtbahnen, Straßenbahnen, Bussen und An-ruflinientaxis, die mit einer der genannten Fahrkarten durchgeführt wurden. Auch Inhaber von Einzelfahrscheinen können beim Ausfall der letzten Fahrt auf ein Taxi zurückgreifen.

Auch wenn ein Ausfall nicht immer zu vermeiden ist, möchten wir unsere Kunden nicht im Regen stehen lassen. Im Folgenden werden die konkreten Inhalte der KVV-Mobilitäts- und Pünktlich-keitsgarantie detailliert erläutert:

1.) Pauschale Fahrpreisentschädigung

Der Fahrgast erhält vom KVV eine pauschale Fahrpreisentschädigung von 1,50 Euro, wenn seine Verspätung am Zielort mindestens 30 Minuten beträgt. Bei mehreren Verspätungen innerhalb des Gültigkeitszeitraums ist aber nur maximal eine Entschädigung in Höhe von 50 Prozent des Preises der Fahrkarte möglich.

Bei der Ermittlung der Verspätung gilt das Prinzip der Reisekette. Dies bedeutet, dass der Fahrgast auch eine Entschädigung erhält, wenn durch eine geringfügige Verspätung z. B. eines Zuges, ein Busanschluss verpasst wird und er dadurch am Zielort mit mindestens 30 Minuten Verspätung ankommt. Maßgeblich zur Ermittlung der Dauer der Verspätung sind die jeweils aktuell in der Internet-Fahrplanauskunft des KVV hinterlegten Fahrplandaten.

2.) Weiterfahrt mit einem alternativen Verkehrsmittel/Rückerstattung bis zu 80 Euro

Wenn ein Fahrgast objektiv davon ausgehen kann – z. B. durch Durchsagen oder Informationen über die Fahrgastanzeiger -, dass er seinen Zielort mit mindestens 30 Minuten Verspätung erreichen wird, hat er die Möglichkeit, seine Fahrt bis zum Zielort mit einem Taxi, Mietauto mit Stundentarif (z. B. Stadtmobil, flinkster, zeozwei unterwegs) oder Mietfahrrad (z. B. Fächerrad, Call a Bike) fortzusetzen.

Die erforderlichen Auslagen werden dem Fahrgast bis zu einem Höchstbetrag von 80 Euro, gegen Vorlage der Quittung/Abrechnung vom KVV, zurückerstattet. Der Fahrgast muss jedoch – im Rahmen seiner Möglichkeiten – prüfen, ob er sein Ziel innerhalb der gegebene Zeit nicht mit einem anderen Verbundverkehrsmittel oder mit Ersatzverkehren erreichen kann.

Die Nutzung des privaten PKW oder eines Mietautos mit Tagestarif kann im Rahmen der KVV-Pünktlichkeitsgarantie nicht geltend gemacht werden.

3.) Weiterfahrt bei Ausfall der letzten Fahrt des Betriebstags

Wenn ein Fahrgast objektiv davon ausgehen kann – z. B. durch Durchsagen oder Informationen auf Fahrgastanzeigern –, dass seine Fahrt ausfällt und es sich hierbei um die letzte fahrplan-mäßige Verbindung des Betriebstags handelt, dann hat er die Möglichkeit, seine Fahrt bis zum Zielort mit einem Taxi, Mietauto mit Stundentarif (z. B. Stadtmobil, flinkster, zeozwei unter-wegs) oder Mietfahrrad (z. B. Fächerrad, Call a Bike) fortzusetzen.

Diese Regelung gilt abweichend auch für Inhaber von KVV-Einzel- und Tagesfahrkarten. Die erforderlichen Auslagen erhält der Fahrgast vom KVV bis zu einem Höchstbetrag von 80 Euro, gegen Vorlage der Quittung, zurückerstattet. Der Fahrgast muss jedoch – im Rahmen seiner Möglichkeiten – prüfen, ob er sein Ziel innerhalb der gegebenen Zeit nicht mit einem anderen Verbundverkehrsmittel oder mit gegebenenfalls zur Verfügung gestellten Ersatzverkehren erreichen kann. Die Nutzung des privaten PKW oder eines Mietautos mit Tagestarif kann im Rahmen der KVV-Pünktlichkeitsgarantie jedoch nicht geltend gemacht werden.

3. Ein wesentlicher Konkurrenzvorteil des ÖPNV ist bzw. wäre Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit: Wie hat sich der seit 2015 offensichtlich gewordene Fehlbestand von Fahrer/innen bei der AVG in 2017 und 2018 entwickelt?

Im Jahr 2017 hat sich der personelle Unterbestand nicht verändert. Er lag mit leichten unter-jährigen Schwankungen bei -37 P. Im Jahr 2018 konnte nur eine leichte Verbesserung erreicht werden. Aktuell liegen wir bei -33 P. Die AVG bietet alle zwei Monate eine Qualifizierungsmaßnahme zum Triebfahrzeugführer an. Jeder Kurs bietet 14 Plätze.

Leider konnten die Kurse seit 2017 bis Frühsommer 2018 nur unzureichend gefüllt werden, so dass lediglich die natürliche Fluktuation ausgeglichen werden konnte. Durch umfangreiche Maßnahmen (Marketing, Werbung auf Messen/Jobbörsen) ist es gelungen, die angebotenen Kurse seit dem Frühsommer wieder voll zu besetzen. Die Qualifizierungsmaßnahmen dauern ca. 9 Monate. Die ersten, wieder vollbesetzten Kurse, werden im Frühjahr 2019 geprüft und dann entsprechend dem Fahrdienst übergeben.

4. Wie hat sich die Fluktuation bei der Fahrerschaft der AVG je in den letzten 3 Jahren entwickelt?

Entwicklung Fluktuation Tf. 2015 19 P
2016 13 P
2017 8 P

5. Wie haben sich die Stressbelastungen der AVG-Fahrer/innen aus Sicht der AVG in den letzten5 Jahren entwickelt?

Bei der AVG wurde zum 01.07.2018 ein neues Dienstplansystem eingeführt. Ursächlich waren u. a. neue Regeln zur gesicherten Freizeit. Ob sich dies stressreduzierend auswirkt, kann erst zu einem späteren Zeitpunkt geprüft werden. Die AVG bezahlt die Schichten abzüglich den gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen zu 100 % durch. Die durchschnittlichen Schichtlängen haben sich zum gleichen Zeitpunkt reduziert.

6. Welche Verbesserungen der Arbeits- und Gehaltsbedingungen hat die AVG in den letzten 5 Jahren installiert, um mehr Bewerbungen zu bekommen bzw. das vorhandene Fahr-Personal zu halten?

Verbesserung der Gehaltsbedingungen:

Mitarbeiter werben Mitarbeiter:
3.000,- € Prämie für den Arbeitnehmer bei Nennung eines geeigneten Bewerbers. Die Prämie wird ausgezahlt, wenn der Bewerber die Prüfung als Triebfahrzeugführer bestanden hat.

Mehrleistungsvergütung 1 :
Das Fahrpersonal erhält 10,- € für jeden geleisteten Dienst, 5,- € zusätzlich bei Diensten über 480 Minuten, 10,- € zusätzlich bei Diensten über 500 Minuten sowie 15,- € zusätzlich bei Diensten über 550 Minuten.

Mehrleistungsvergütung 2:
Bei Überzeiten über 100 Stunden (Zeitraum 01.04.2017 bis 31.03.2018) werden pro zusätzlich übernommenen Dienst 45,- € vergütet und bei Bereitstellung von bestimmten gestaffelten Kontingenten (5.000 – 10.000 Minuten) wird ein entsprechender Kontingentenzuschlag (75,- bis 200,- €) ausbezahlt.

Mehrleistungsvergütung 3:
Die AVG zahlt bei Übernahme von Diensten bei ursprünglich geplanter Ruhezeit 50,- € pro Dienst an den Mitarbeiter aus.

Neue Lohngruppe 9:
Die Lohngruppe wurde neu geschaffen im ETV für langjährige, verdiente Beschäftigte.

Verbesserung der Arbeitsbedingungen:

Gesundheitsprävention:
Die AVG veranstaltet einen Gesundheitstag zusammen mit der AOK und BG sowie eine Gesundheitswoche. Sie unterhält Kooperationen mit Fitnessstudios, bietet einen Betriebssport (Rückenschule) und Mittwochsreihe mit Vorträgen zur gesunden Ernährung an.

Sie ist in Kontakt mit Reha-Zentren und führt den Arbeitskreis Gesundheit durch.
Des Weiteren haben AVG Mitarbeiter bei Bedarf Anspruch darauf, den Internen Beratungsdienst sowie das Kriseninterventionsteam zu nutzen. Weiterhin wurde bei der AVG ein neues Dienstplanprogramm installiert.

 

Stadt Karlsruhe
Der Oberbürgermeister 11.12. 2018


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