Schlagwort: Kargida-Gegner

Prozess wegen Sitz-Demo: Urteil entfacht Streit unter Karlsruher Stadträten

23. November 2015  Allgemein, Presseecho

Karlsruhe (Ramona Holdenried/Melanie Nees) – Eine Sitzblockade schlägt Wellen: Vor Gericht wehrten sich diese Woche zwei Kargida-Gegner gegen ausgestellte Bußgeldbescheide der Stadt Karlsruhe, die sie nach einer Sitzblockade erhalten hatten. Unterstützt wurden sie dabei von den Karlsruher Grünen, der Linke und der Kult-Fraktion- eine Haltung, die die CDU-Gemeinderatsfraktion nun scharf kritisiert.

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Badische Neueste Nachrichten | Karlsruhe | KARLSRUHE | 17.11.2015 Seite 23

 

„Mangelndes Fingerspitzengefühl“

 

Teilnahme an Sitzblockade gegen Pegida-Aufmarsch vor Gericht / Bußgeld von 200 auf 50 Euro reduziert

 

Angeklagte: Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt

 

eki. Als Anete Wellhöfer Post vom Ordnungsamt erhielt, wollte sie ihren Augen kaum trauen. Dass ihre Teilnahme an einer Sitzblockade bei einer Demonstration gegen einen rechtspopulistischen Pegida-Aufmarsch in der Fächerstadt ein juristisches Nachspiel haben werde, damit hatte die 52-Jährige gerechnet. Aber dass sie nun über 200 Euro für die Unterstützung einer angemeldeten Gegendemonstration bezahlen sollte, wollte Wellhöfer nicht so einfach akzeptieren. Gestern wurde der Einspruch vor dem Amtsgericht Karlsruhe verhandelt und nach dem Urteilsspruch von Richterin Gabriele Deißler-Ott wurde das Bußgeld auf 50 Euro reduziert.

Zufrieden waren Wellhöfer und ihr Anwalt Wolfram Treiber nach dem Urteil allerdings nicht. „Ich habe nur von meinem Demonstrationsrecht Gebrauch gemacht und ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt“, sagte Wellhöfer, „deshalb ist das Urteil doch sehr enttäuschend.“ Gegen ein Bußgeldverfahren weitere Rechtsmittel einzulegen, sei leider „sehr schwierig“, betonte Treiber. Ein juristisches Nachspiel wird die Sache allerdings auf alle Fälle haben. Denn erstens hat Wellhöfer auch

Widerspruch gegen die von der Polizei erhobene Wegtragegebühr in Höhe von 93,45 Euro eingelegt und außerdem müssen noch die Einsprüche von weiteren Gegendemonstranten verhandelt werden.

Am 31. März setzten sich gut zwei Dutzend Demonstranten in den Kreuzungsbereich von Amalienstraße und Hirschstraße, um an diesem Abend den „Pegida-Spaziergang“ zu blockieren. Die Polizei forderte die Gegendemonstranten zwar mehrfach zum Verlassen der Kreuzung auf, doch 17 Leute leisteten diesen

Aufforderungen keine Folge, wurden von den Einsatzkräften weggetragen. Die Demonstranten hätten der Aufforderung der Polizei Folge leisten können, begründete Deißler-Ott ihre Entscheidung, die geforderte Einstellung des Verfahrens kam für sie deshalb nicht in Frage. Sie sei sich über die möglichen Konsequenzen nicht im Klaren gewesen, hielt Wellhöfer dagegen. Dazu habe Oberbürgermeister Frank Mentrup am Rande der Pegida-Kundgebungen von den Karlsruher Bürgern gefordert, sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu positionieren. Dass die Demonstranten des „Netzwerks gegen Rechts“ wegen ihres friedlichen Protests nun zur Kasse gebeten würden, sei ein „Schlag ins Gesicht des zivilgesellschaftlichen Engagements“, kritisierte Wellhöfer. Mit dieser Ansicht ist sie übrigens keineswegs alleine, bereits vor dem Prozessauftakt bekundeten rund 50 Bürger mit einer Demonstration vor dem Amtsgericht ihre Solidarität. Grüne, Linkspartei als auch die Kult-Fraktion des Gemeinderats hatten in Briefen an Mentrup die Einstellung des Bußgeldverfahrens gefordert.

Seine Mandantin habe lediglich von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch gemacht, betonte Verteidiger Wolfram Treiber, „und das Sitzen auf der kalten Straße und der Polizeigewahrsam waren sicherlich kein Vergnügen“. Eigentlich sollten die Leute für ihren Einsatz einen Orden bekommen.

„Es ist aber nicht das erste Mal, dass Bürger in Karlsruhe nach der Ausübung ihres Demonstrationsrechts mit hohen Bußgeldern belangt werden“, verwies Treiber auf die Bußgeldbescheide nach der „Nachttanzblockade“ gegen den Castor-Transport vor viereinhalb Jahren. Auch damals legten die Demonstranten Einspruch gegen die Bußgeldbescheide ein und die Verfahren wurden eingestellt. In anderen Städten würden die Verwaltungen „mehr Fingerspitzengefühl“ zeigen, betonte Treiber.