„Flüchtlinge willkommen heißen – Rechtsextremismus entgegentreten“

Meßstetten, 15.07.2015
Heike Hänsel, Tübinger Bundestagsabgeordnete der LINKEN, besucht Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten und referiert zu Flüchtlingspolitik und Rechtsextremismus

Heike Hänsel konnte am gestrigen Mittwoch, gemeinsam mit dem Kreisrat der Linken Andreas Hauser und Aktivisten des antifaschistischen Spektrums und der Flüchtlingspolitik, die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Meßstetten begehen. Der Leiter der LEA, Frank Maier, zeigte der Delegation die Räumlichkeiten der ehemaligen Zollernalb-Kaserne und stand für zahlreiche Fragen zur Verfügung. Bevor es mit einer Diskussionsveranstaltung in Meßstetten weiterging, war noch genügend Zeit auch das Begegnungszentrum der LEA zu besichtigen. Während die Situation in der LEA selbst, trotz der massiven Überbelegung von 1500 Flüchtlinge, bei einer angedachten Maximalzahl von 1000 Flüchtlingen, recht gut war, wurde berichtet, dass Begegnungs- und Kooperationsangebote für die Meßstetter Bevölkerung kaum angenommen wurden. Dem engagierten Einsatz Frank Maiers, der LEA-Mitarbeiter/innen, aber vor allem auch den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern ist es zu verdanken, dass die Situation vor Ort trotz Überlastung, insbesondere im Vergleich zur Anschlussunterbringung, geradezu vorbildlich ist. Wichtige Angebote, wie Internetzugang, Sprachkurse, Kinderbetreuung und Begegnungsmöglichkeiten können in erster Linie dank der Unterstützung des Landkreises, Spendern und wiederum Ehrenamtlicher realisiert werden. Verschiedene Probleme, die sich bspw. durch die auswärtige Lage ergeben, konnten, allerdings erst verspätet, durch eine bessere Kooperation einfach und schnell gelöst werden. Als Beispiele wurden die Bereitstellung vom Mülleimern und Toilettenhäuschen genannt. Rassistische Vorurteile, welche vor Ort die Runde machen, könnten einfach entkräftet werden, würden die Beratungsangebote und die unermüdliche Arbeit der freiwilligen Helfer besser angenommen werden. Insbesondere die Frage der Akzeptanz in der Bevölkerung war schließlich noch eine Diskussionsveranstaltung im FV Sportheim in Meßstetten gewidmet.
Diese war mit 28 TeilnehmerInnen gut besucht. Heike Hänsel und die Initiative „Keine Basis der NPD“ hielten jeweils kurze Inputs, es folgte eine lange und detailreiche Diskussion. Hänsel referierte zu den Fluchtursachen, welche vor allem in der europäischen Handelspolitik und deutschen Waffenexporten zu sehen sind. Die neoliberale Handelspolitik der EU und BRD, insbesondere mit Ländern des globalen Südens, führt vor Ort häufig zur Vernichtung der ökonomischen und ökologischen Grundlagen der dortigen Bevölkerung. Deutsche Waffenhersteller liefern dank Erlaubnis der Bundesregierung, an Länder wie Saudi-Arabien, welche aktiv gewalttätige Konflikte schüren, indem sie beispielsweise Milizen in Syrien bewaffnen. Gleichzeitig ist die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik rein auf Abwehr und Minimierung ausgerichtet. Ihrer internationalen Verantwortung und den „europäischen Werten“ werden sie damit nicht gerecht. Den Höhepunkt dieser Eskalation bilden aktuelle Pläne der EU, Flüchtlingsboote militärisch aufzubringen und an Küstenregionen, etwa in Libyen, zu zerstören. Um Flüchtlingen zu helfen, Fluchtursachen zu bekämpfen und die menschliche Katastrophe an den Außengrenzen der EU zu beseitigen seien vor allem eine legale Einreisemöglichkeit für Flüchtlinge und eine andere Außen- und Wirtschaftspolitik notwendig. Anstatt bewaffnete Konflikte aktiv zu befeuern, müsse die EU endlich zu einer Friedens- und Deeskalationspolitik übergehen. Wirtschaftlich müsse endlich eine solidarische Handelspolitik umgesetzt werden, welche den Ländern des globalen Südens hilft, ihre eigene Wirtschaft zu entwickeln, statt einer Politik die rein auf den Zugang zu billigen Rohstoffen und Absatzmärkten europäischer Produkte ausgerichtet ist. Im Anschluss ging es noch um die Gefahr des Erwerbs der Immobilie Waldhorn in Meßstetten durch die NPD. Die Situation hierzu ist verworren und verschiedenen Gerüchten und Verschwörungstheorien überschattet. Die Initiative „Keine Basis der NPD“ machte klar, dass ein Ankauf der Immobilie in Nähe zur LEA unbedingt verhindert werden müsse. Auch wenn es nicht ganz sicher sei, ob hier ein doppeltes Spiel, mit dem Ziel der Querfinanzierung der NPD, betrieben wird, müsse man angesichts der Lage vor Ort die Gefahr und die Ängste der Bevölkerung ernst nehmen. Die Politik von Bürgermeister Mennig und dem Großteil des Gemeinderates, die Öffentlichkeit soweit wie möglich von Information auszuschließen, wurde einhellig kritisiert. Diese Geheimnistuerei habe zu den zahlreichen Gerüchten vor Ort geführt. Eine Situation in welcher die NPD bereits neue Mitglieder im Zollernalbkreis gewonnen hat und auch andere rechte Bewegungen, wie die Identitären, profitieren. Selbstverständlich wäre es eine riesige Erleichterung könnte man davon ausgehen, dass gar keine wirkliche Kaufabsicht vorliegt, hierfür müssten aber die Informationen, welche zu dieser Schlussfolgerung führen, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Gefahr, welche für Meßstetten und für die Flüchtlinge in der LEA von einer möglichen Landesgeschäftsstelle der NPD im Waldhorn ausgeht, ist viel zu groß, als dass man dies riskieren könnte. Der beste Weg, einen Immobilienerwerb zu verhindern, seien breite und vielfältige öffentliche Aktionen gegen Rassismus und die NPD, gemeinsam mit möglichst vielen Meßstetter Bürgerinnen und Bürgern. Eine Gemeinde, die Flagge zeigt gegen Rechts, macht den Standort für die NPD gleich deutlich unattraktiver und legt die Grundlage für Widerstand, sollte die NPD tatsächlich kommen.