Asylsuchende in Weinheim: Gemeinderat diskutiert Anschlussunterbringung

24. April 2015  Presse

Der Weinheimer Gemeinderat wägt Möglichkeiten für die Anschlussunterbringung für Asylbewerber ab – Bisher verfügbarer Wohnraum ist spätestens 2016 erschöpft

[Rhein-Neckar-Zeitung vom 24. April 2015]

Weinheim. Die sich aktuell abspielenden Tragödien im Mittelmeer haben viele Menschen aufgeschreckt. Die Flüchtlingswelle brandet ungebremst weiter, vor allem an Italiens Strände. Für die Aufnahme dieser Menschen, die unter anderem vor Bürgerkriegen fliehen, sind auch die Weinheimer dank des „Netzwerks Asyl Weinheim für Integration“ (Nawi) mittlerweile sensibilisiert. Doch was geschieht mit den Menschen, die bereits in Deutschland sind und hier Asyl gefunden haben? „Anschlussunterbringung“ lautet das Schlagwort, mit dem sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschäftigte. In Weinheim sind 108 Flüchtlinge oder Obdachlose in Häusern an der Viernheimer Straße, am Ortseingang von Sulzbach und in städtischen und privaten Wohnungen untergebracht.

Von Günther Grosch

Neubauten wären die einzige Alternative

Demnächst werden weitere 67 Flüchtlinge in dieser Anschlussunterbringung in der Zweiburgenstadt erwartet. Diese und weitere 52 Personen für 2016 hat der Rhein-Neckar-Kreis bereits angekündigt. Aber wohin mit diesen Menschen? Fünf städtische Wohnungen, die zuvor allerdings noch für rund 200.000 Euro saniert werden müssen, kommen derzeit dafür in Frage.

Die Anmietung von privatem Wohnraum sowie der Kauf oder das Mieten von Wohnungen, die sich im Eigentum des Bundeseisenbahnvermögens befinden und bewohnt sind, wären eine andere Möglichkeit. „Weiterer Wohnraum zur Anschlussunterbringung steht derzeit nicht mehr zur Verfügung“, sagte Oberbürgermeister Heiner Bernhard. Sollten Weinheim weitere Flüchtlinge zugewiesen werden, wären Neubauten die einzige Alternative: „Und das wird Geld kosten,“ so Bernhard. Weil die zur Verfügung stehenden Kapazitäten spätestens 2016 erschöpft sind, müsse etwas geschehen, herrschte quer durch alle Fraktionen Konsens.

Einigkeit bestand zudem darüber, dass die zu ergreifenden Strategien „zielgerichtet“ sein müssten. Die „Pflicht der Stadt“ könne allerdings nur die ihr zukommende Grundaufgabe abdecken, redete Holger Haring (CDU) Klartext. Wolle man die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung und Ehrenamtlichen nicht überfordern, benötige man mehr Ansprechpartner und Koordinatoren. An der Beschaffung weiterer Wohnmöglichkeiten für Asylbewerber führe kein Weg vorbei, machte Stella Kirgiane-Efremidis (SPD) deutlich. Darüber hinaus mache sich jetzt der über die Jahre hinweg angefallene Sanierungsstau bei den städtischen Immobilien negativ bemerkbar. Kirgiane-Efremidis forderte die Vorlage noch genauerer Zahlen. Niemand dürfe „blauäugig annehmen“, dass „in fünf Jahren keine Flüchtlinge mehr ankommen“.

Kreis soll finanziell mit in die Pflicht genommen werden

„Die Stadt muss sich den auf sie zu-kommenden Herausforderungen stellen“ und Fachkräfte einstellen, verwies Gerhard Mackert (FW) darauf, dass eine effektive Begleitung der Asylbewerber auf Dauer von Ehrenamtlichen nicht gemeistert werden könne.

„Der Flüchtlingsstrom wird nicht abreißen“, ist sich auch Elisabeth Kramer (GAL) sicher. Die von Bernhard ins Spiel gebrachte Bebauung städtischer Grundstücke mache deshalb Sinn. Dabei gelte es aber darauf zu achten, dass der „normale“ Wohnungsbau nicht zu kurz komme. Es dürfe keinesfalls der Eindruck erweckt werden, dass Flüchtlinge bevorzugt würden. Mit der Forderung, den Kreis finanziell mit in die Pflicht zu nehmen, stand Kramer nicht allein.

Lob an die Verwaltung kam von Dr. Elke König und Günter Breiling (FDP): „Die Richtung stimmt“. Und auch Dr. Carsten Labudda (Die Linke) verwehrte den „rechtzeitig vorgelegten Überlegungen“ der Verwaltung nicht seine Anerkennung: „Wir alle wissen jetzt, wie wir mit den Herausforderungen umzugehen haben“.

Man befinde sich in einer Situation, in der es die gesetzliche Pflicht zu einem bestimmten Handeln gibt, so Oberbürgermeister Bernhard. Bei allen gemachten Vorschlägen handele es sich um freiwillige Leistungen. Zu deren Erfüllung allerdings andere, bisher geleistete freiwillige Leistungen gestrichen werden müssten.


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