Wohncontainer für Flüchtlinge werden bestellt

16. Oktober 2015  Presse

Gemeinderat: Anschlussunterbringung für 90 Menschen

[Weinheimer Nachrichten vom 16. Oktober 2015]

Weinheim. Beinahe im Monatsrhythmus werden die Prognosen für die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, nach oben korrigiert. Was sich in den Weltnachrichten noch ziemlich abstrakt anhören mag, wird in den Landkreisen und Kommunen sehr konkret: Ging man Anfang des Jahres noch davon aus, dass Weinheim für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen – also für jene, die eine echte Bleibeperspektive haben – im Jahr 2016 etwa 50 Plätze bereithalten muss, so stieg diese Zahl mittlerweile auf 180. Tendenz weiter steigend. Weinheim muss also reagieren, denn die Anschlussunterbringung ist eine Pflichtaufgabe. Nur: Die Stadt hat bei Weitem nicht so viele Wohnungen, wie sie dafür bräuchte.

Deshalb stellte der Weinheimer Gemeinderat am Mittwochabend außerplanmäßig 1,2 Millionen Euro zur Verfügung, damit die Stadtverwaltung Wohncontainer oder ähnliche Systembauten bestellen kann, um Wohnraum für circa 90 Menschen zu schaffen.

Standorte im November auswählen

Wo die Container aufgestellt werden, wird der Gemeinderat in seiner November-Sitzung beschließen. Dann wird es auch darum gehen, ob und in welchem Umfang die Stadt kurzfristig Mehrfamilienhäuser baut, um weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen – wahrscheinlich nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Einheimische mit geringem Einkommen, die ebenfalls dringend eine neue Wohnung suchen, aber auf dem ohnehin leer gefegten Wohnungsmarkt so gut wie keine Chance haben.

„Wir müssen jetzt handeln, damit wir die Menschen im Winter 2016 nicht in Zelten oder Sporthallen unterbringen müssen“, machte Erster Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner zu Beginn der Diskussion im Gemeinderat deutlich.

Holger Haring (CDU) sah das genauso. „Wir brauchen diese Übergangslösungen“, meinte er und forderte zugleich vom Land Baden-Württemberg, den 25-prozentigen Zuschuss für solche Anschaffungen zu erhöhen. „Sonst können die Kommunen diese gewaltige Aufgabe nicht stemmen.“

Daniel Schwöbel (SPD), Dr. Michael Lehner (Weinheimer Liste) und Dr. Wolfgang Wetzel (FDP) taten sich mit Blick auf die Integration der Flüchtlinge schwer mit Wohncontainern. „Das kann nur eine kurzfristige Lösung sein“, meinte Schwöbel und regte an, die Container auf mindestens zwei bis drei Standorte zu verteilen, wobei die Weststadt dann außen vor bleiben sollte. Lehner sprach sich dafür aus, zuerst die 22 leer stehenden Wohnungen der Stadt zu sanieren, bevor man Container kauft. Wetzel plädierte dafür, die Container nur zu mieten, da eine langfristige Nutzung für die betroffenen Menschen eine „erschreckende Perspektive“ wäre. Schwöbel forderte außerdem die Verwaltung dazu auf, einen Zeitplan für die Schaffung von weiterem Wohnraum vorzulegen.

Nicht die Zeit für Konzepte

Fetzner würde das ja gerne tun. Aber es sollte doch mittlerweile jedem klar sein, wie schwierig bei diesem Thema Prognosen seien, meinte er. „Der Kreis ist schon länger im Katastrophenmodus, wir sind jetzt auch dot angelangt“, machte Fetzner deutlich, dass jetzt nicht die Zeit für Konzepte sei.

Gerhard Mackert (Freie Wähler) war der gleichen Meinung. Jetzt sei sofortiges Handeln erforderlich, um diese humanitäre Aufgabe zu meistern. „Das ist eine Aufgabe für die ganze Stadt“, sagte Uli Sckerl (Grüne/Alternative Liste) und verwies auf die aktuellen Zahlen des Landes Baden-Württemberg, dem mittlerweile 1300 Flüchtlinge pro Tag zugewiesen werde. Auch für Dr. Carsten Labudda (Linke) gab es keine sinnvolle Alternative zum Kauf der Container. Freilich merkte er auch an: „Jetzt rächt sich, dass der soziale Wohnungsbau in Deutschland seit vielen Jahren zurückgefahren worden ist.“

Am Ende der Debatte stimmte die große Mehrheit für den Ankauf der Wohncontainer. Lediglich aus den Reihen von WL und FDP gab es fünf Enthaltungen. pro


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