Gewerkschafter war das erste Todesopfer der Nazis in Weinheim

26. Oktober 2016  Presse

Der 45. „Stolperstein“ vor dem früheren Volkshaus für Michael Jeck

[Weinheimer Woche vom 26. Oktober 2016]

Weinheim. (pm) An einen „Freitod“ glaubte damals schon keiner. Michael Jeck wurde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von den Nazi-Schergen der „SS“ ermordet oder zumindest zum Selbstmord gedrängt.

Der Geschäftsführer des sozialdemokratisch orientierten Lederarbeiterverbandes Michael Jeck war das erste Todesopfer der Nationalsozialisten in Weinheim – daran zweifelte niemand, als jetzt am Samstag vor dem früheren „Volkshaus“ in Gedenken an Jeck ein „Stolperstein“ verlegt worden ist. Es ist übrigens der erste in Weinheim, der an das Schicksal eines nicht-jüdischen Opfers der Nazis erinnert. Die bisherigen „Stolpersteine“ wurden für Menschen gesetzt, die wegen ihrer Religion und Herkunft ermordet oder deportiert worden sind.

Die „Stolpersteine“ sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Er erinnert mit diesen Steinen an das Schicksal von Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Stolpersteine sind annähernd würfelförmig, sie bestehen aus Beton und haben ungefähr jeweils zehn Zentimeter Kantenlänge. Auf der Oberseite der Steine befindet sich eine Messingplatte, in die die Inschrift eingeschlagen wird. Sie werden in den Belag des Gehwegs vor den Häusern eingelassen, in denen die Menschen lebten, arbeiteten oder ermordet wurden. Bisher verlegte Gunter Demnig in 20 Ländern „Stolpersteine“, über 50.000 Steine sind es bisher. Es ist das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

Stadtarchivarin Andrea Rößler erklärte bei der Verlegung des Steins durch den Künstler persönlich die Hintergründe, die zur Tat geführt hatten. Am 6. Mai 1933 um 17.30 Uhr kam Michael Jeck auf dem Speicher des „Volkshauses“ an der Ecke Lindenstraße/Hauptstraße ums Leben. Bereits am 2. Mai 1933 hatten Mitglieder der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation und SS-Männer das Büro des Lederarbeiterverbandes im „Volkshaus“ besetzt und die Hakenkreuzfahne gehisst.Gewerkschafter wurden verhaftet, das Gewerkschaftsvermögen beschlagnahmt.

Angeregt und unterstützt wurde die Verlegung von der Partei „DIE LINKE“. Deren Stadtrat Matthias Hördt betonte, dass die Gewerkschaften als Arbeitnehmervertretung eine demokratiefördernde Rolle einnehmen und wichtig für die gesellschaftliche Balance sind. Wer die Rechte von Arbeitnehmern beschränke sei daher demokratiefeindlich. Auch für diese Botschaft diene der neue „Stolperstein“ als Mahnmal.


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