Sprache der Zahlen fordert zum Handeln

10. Juli 2015  Presse

Gemeinderat: Der Schulentwicklungsplan führt zu vielen Abstimmungen und zur Gründung einer Arbeitsgruppe

[Weinheimer Nachrichten vom 10. Juli 2015]

Weinheim. Es besteht dringender Gesprächsbedarf. Als die Beratung über den 209 Seiten starken Schulentwicklungsplan zu Ende war und der Gemeinderat am Mittwoch in der Stadthalle sich weiteren Tagesordnungspunkten seiner Mammutsitzung zuwandte, bildete sich im Foyer eine Gruppe aus Schulleitern und Lehrern. Unter anderen drängte es Jutta Lieder von der Pestalozzischule und Sabine Keuthen-Brandt von der Hans-Joachim-Gelberg-Schule in Lützelsachsen zu einem ersten Austausch. Die Schulleiterinnen und Schulleiter werden als Teile einer Arbeitsgruppe in den kommenden Monaten mitreden, wenn nach Lösungen für ein ganzes Bündel von Problemen gesucht wird.

Nach dem von der Projektgruppe Bildung und Region erarbeiteten und im Gemeinderat von Dr. Anja Reinermann-Matako vorgetragenen Schulentwicklungsplan sind es weniger Unbekannte, die in dieser kniffligen Aufgabe stecken. Die ermittelten Schülerzahlen und die aus der Betrachtung der Bevölkerungspyramide resultierenden Prognosen sind solide. Eine keineswegs unwichtige Unbekannte aber blieb außen vor: die Zahl von Flüchtlingskindern, die in den kommenden Jahren verschiedene Schulen in Weinheim besuchen werden.

Der Anstieg der Gesamtschülerzahl an den Weinheimer Grundschulen von derzeit 1505 auf 1756 im Schuljahr 2020/21 wirkt sich vor allem auf drei Schulstandorte aus: aktuell vor allem auf die Hans-Joachim-Gelberg-Schule, aber auch die Pestalozzischule in der Kernstadt und die Theodor-Heuss-Grundschule in Oberflockenbach werden in den kommenden Jahren an räumliche Grenzen stoßen.

„Die Zeit drängt“, stellten nach den Ausführungen der Expertin bei der Aussprache im Gemeinderat Wolfgang Metzeltin (SPD) und Monika Springer (Freie Wähler) fest. Weil die Schule in Lützelsachsen aus allen Nähten platzt, aber über einen Fortbestand der Rippenweierer Grundschule angesichts eines Schülertiefs von derzeit 26 Kindern nachgedacht werden muss, veranlasste die CDU zu einem gesonderten Antrag, die Kinder aus Lützelsachsen-Ebene mit dem Bus nach Rippenweier zu bringen. Er wurde ebenso abgelehnt wie ein erneuter Versuch der FDP, am Standort Albert-Schweitzer-Schule festzuhalten, zumal er an Bedeutung gewinnen wird, wenn das Baugebiet westlich Hauptbahnhof entwickelt wird und sich dort junge Familien ansiedeln werden.

Die Tatsache, dass das Thema Inklusion immer weiter verfolgt und der inklusive Unterricht ausgebaut werden wird, veranlasste Dr. Anja Reinermann-Matako zudem zu der Aussage, dass die Schülerzahlen an der Johann-Sebastian-Bach-Schule sinken werden. Die Verwaltung schlägt als Konsequenz daraus vor, das Raumprogramm für das zu planende Schul- und Kulturzentrum beim Rolf-Engelbrecht-Haus abzuspecken. Die Fachfrau rät zu sieben Klassenräumen und ebenso vielen Fachräumen für die Bach-Schule bei einem Neubau, die zudem variabel sein sollen, um auf Raumbedarfe des inklusiven Unterrichts reagieren zu können. Dr. Anja Reinermann-Matako riet nicht zur Zusammenlegung von Bach- und Schweitzer-Schule, sondern zum andocken an die Dietrich-Bonhoeffer-Schule, um den Bau weiterer Fachräume zu vermeiden.

„Die Zahlenspiele werden nicht weiterhelfen“, sagte Cornelia Münch-Schröder und plädierte für die Grünen/Alternative Liste für eine Zusammenlegung von Albert-Schweitzer- und Johann-Sebastian-Bach-Schule. Christina Eitenmüller nahm unter anderem zur Situation an der Lützelsachsener Grundschule Stellung. Sie kann sich noch am ehesten eine Pavillonlösung auf der Waid zur Bewältigung des Raumproblems vorstellen.

„Wir planen Baugebiete ohne an die Schulversorgung zu denken“, rügte Carsten Labudda (Linke) den Gemeinderat und warnte mit Blick auf das Baugebiet westlich Hauptbahnhof auf eine Wiederholung der Fehler. Die Bachschule sei dafür der ideale Standort. Auch Stadtrat Günter Breiling (FDP) ist wegen des Schülerrückgangs an Förderschulen gegen die Entwicklung einer reinen Förderschule und stattdessen für einen zeitnahen Neubau der Albert-Schweitzer-Schule beim Engelbrecht-Haus. An Varianten und Ideen ist kein Mangel, an Räumen dagegen schon. dra


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