Flüchtlinge in Weinheim: Gemeinderat kommt Anwohnern entgegen

22. September 2016  Presse

Gremium stimmte gestern den Entwurfsplanungen für drei Anschlussunterbringungen zu – bei zweien werden aber Änderungen fällig

[Rhein-Neckar-Zeitung vom 22. September 2016]

Weinheim. Auf die Planer des Mannheimer Architekturbüros motorplan kommen Überstunden zu: Der Gemeinderat stimmte am Mittwochabend den Entwurfsplanungen für die Anschlussunterbringungen am Lützelsachsener Sandlochsportplatz und am Seeweg (Ofling) zu, verlangte aber deutliche Änderungen. Wie mehrfach berichtet, sollen an beiden Standorten Wohnungen für je 45 anerkannte oder geduldete Flüchtlinge entstehen. Dies gilt auch für die Planungen der Firma Götz am Hohensachsener Steinbrunnen, die das Gremium mehrheitlich absegnete.

Von Philipp Weber.

Am Sandloch sollen drei Gebäude gebaut werden, die an die Wintergasse und die Straße „Am Sandloch“ angrenzen. Ortsvorsteherin und FW-Stadträtin Doris Falter betonte, dass weder die Angrenzer noch die Ortschaftsräte etwas gegen den Standort an sich hätten: „Der Ortsteil hat bewiesen, dass er helfen will“, sagte sie mit Verweis auf das große Engagement für die Flüchtlinge in der ehemaligen Notunterkunft Winzerhalle: „Willkommenskultur entsteht aber nur, wenn die Anwohner mit im Boot sind.“

Die Nachbarn wollen das Gebäudeensemble unter anderem um fünf Meter nach Osten verschoben haben, um alten Baumbestand zu erhalten. Der geplante Spielplatz müsse – von der Straße aus gesehen – vor dem Gebäude platziert werden, um Begegnungen zu ermöglichen. Laut OB Heiner Bernhard und Erstem Bürgermeister Torsten Fetzner drohen jedoch finanzielle Verluste, wenn das Grundstück nicht optimal genutzt wird. Ein zur Straße hin offener Spielplatz schaffe haftungsrechtliche Probleme, sagten sie. Außerdem sei die Stadt den Anliegern schon in anderen Aspekten entgegengekommen.

Aber das Meinungsbild war zu eindeutig: „Es geht hier nicht um Partikularinteressen, sondern um berechtigte Vorschläge der natürlichen Bevölkerung“, meinte Susanne Tröscher (CDU). „Eine Verschiebung des Baufensters würde zur Akzeptanz der Unterbringung beitragen“, so Rolf Emenlauer (SPD). „Der Erhalt des bunten Weinheims erfordert Kompromisse“, sagte wiederum Andrea Reister (FDP). Mit Elisabeth Kramer (GAL), Carsten Labudda (Die Linke) und Christina Eitenmüller forderten schließlich auch drei „Nicht-Lützelsachsener“ Änderungen.

Lediglich Michael Lehner (WL) verlangte bei allen drei zur Debatte stehenden Entwürfen, die Kosten für Neubauten einzusparen und stattdessen in die Sanierung vorhandenen Baubestands zu investieren. Tatsächlich sind die Kostenschätzungen in Lützelsachen auf 1,8 Millionen Euro und am Seeweg auf 1,6 Millionen Euro gestiegen – und das ohne die gestern beschlossenen Änderungen; insgesamt ein Plus von 650.000 Euro. Doch Stella-Kirgiane-Efremidis (SPD) widersprach Lehner: „Auf den Wartelisten für die vorhandenen städtischen Wohnungen stehen über 600 einheimische Interessenten“, sagte sie. Die Flüchtlinge seien da, aber es fehlten Wohnungen. Die Ratsmehrheit entschied sich gegen die Stimmen von Weinheimer Liste und Teilen der Freien Wähler für die abgeänderte Fassung. Auch am Oflinger Seeweg will motorplan drei Häuser errichten. Und auch hier drehte sich die Debatte schnell um die „Kompromissangebote“ der Anwohner. Den entscheidenden Vorschlag machte schließlich Constantin Görtz (SPD): Er plädierte dafür, die Gebäude um rund fünf Meter ins Grundstück hineinzuverschieben. Damit entstehe Platz, um die Unterbringung mit einer Zufahrt, Stellplätzen auf dem Grundstück sowie einem Spielplatz zu versehen.

Auch hier plagten die Verwaltungsvertreter juristisch begründete Zweifel. Am Ende fanden Görtz’ Vorschläge trotzdem den Weg in den Beschlusstext. Die Verwaltung behält sich aber eine rechtliche Überprüfung vor. Sollte diese negativ ausfallen, kommt das Thema erneut auf die Ratstische. In einem wesentlichen Punkt ließ sich die Ratsmehrheit jedoch nicht auf die Forderungen der „Interessengemeinschaft Ofling“ ein: Die Unterbringung wird wie geplant mit 45 Menschen besetzt, nicht mit 30 bis 35. Auch hier erging der Mehrheitsbeschluss bei vier Gegenstimmen.

Relativ kurz war die Debatte um die Entwurfsplanung für die Unterbringung am Steinbrunnen – dabei war dieser Standort lange Zeit einer der umstrittensten gewesen. Hier wurde der Bauträger des benachbarten Neubaugebiets mit der „schlüsselfertigen“ Erstellung eines Gebäudes beauftragt. Die baurechtlich begründeten Beschwerden eines Anwohners machte sich die Ratsmehrheit (sieben Neins, eine Enthaltung) nicht zu eigen.


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