Weinheimer Breitwiesen und Tiefgewann zukünftig Gewerbegebiet?

23. September 2016  Presse

Um mehr Gewerbesteuereinnahmen zu erhalten schließt der Gemeinderat eine Bebauung der Breitwiesen und des Tiefgewann nicht aus

[Rhein-Neckar-Zeitung vom 23. September 2016]

Weinheim. (keke) Unbestritten ist: Weinheim braucht mehr Gewerbesteuereinnahmen, um als Stadt wettbewerbsfähig und zahlungskräftig zu bleiben. Beides ist wohl nur mit einer Ausweitung von Gewerbeflächen zu stemmen. „Wenn wir die gegenwärtige Entwicklung nicht umbiegen, wird die Attraktivität der Stadt mittelfristig nicht auf dem bisherigen Niveau zu halten sein“, so OB Heiner Bernhard am Mittwoch im Gemeinderat.

Den Hintergrund zu der gut 45-minütigen Debatte lieferten die Antworten zu den von der Verwaltung in Auftrag gegebenen 33 Prüffragen und die damit zusammenhängende Betrachtung von Flächenoptionen. Ein weiteres Thema war die Flächenaktivierung im Bestand.

Ist Tiefgewann die Alternative?

Mit seinem Statement, so Bernhard mit Entschiedenheit, wolle er der Illusion entgegentreten, dass Weinheim auch ohne die Ausweisung weiterer Gewerbeflächen auf einen grünen Zweig kommen könne. Interessenten stünden vor Tür und würden zweistellige Hektarflächen nachfragen, „da ist es mit 300 Quadratmetern nicht getan“. Der immer wieder ins Spiel gebrachten möglichen Entwicklungsfläche im „Tiefgewann“ – das zudem als Hochwasserschutzgebiet ausgewiesen ist – konnte er nur wenig Sympathie abgewinnen: „Wenn wir das machen, wird es die teuerste und am schwierigsten zu realisierende Fläche.“

Auch Holger Haring (CDU) sieht einer Ausweisung von Gewerbeflächen im Bestand enge Grenzen gesetzt: Um die Stadt aus ihrer chronischen Unterfinanzierung zu befreien, bleibe nur die Vergrößerung ihrer gewerblichen Entwicklungsflächen im Außenbereich.

„Arbeitsplätze erhalten, neue Tätigkeitsfelder erschließen und die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sichern und erweitern“, nannte Wolfgang Metzeltin (SPD) als „perspektivisches Szenario“ – und plädierte für die Ansiedlung sowohl von Kleinbetrieben als auch von größeren Unternehmen. Neben dem Tiefgewann schloss er auch eine Bebauung der „Breitwiesen“ nicht aus – auch wenn dies vor drei Jahren per Bürgerentscheid mehrheitlich abgelehnt wurde. Allerdings ist ein Bürgerentscheid rein rechtlich gesehen auch nur drei Jahre lang bindend. Metzeltin verwies in diesem Zusammenhang auf das Ergebnis der Prüffragen, das der 25-Hektar-Bruttofläche auf den „Breitwiesen“ das Prädikat „sehr gut“ und das Attest der „fachlich besten Eignung“ eingebracht hatte.

Auch für Gerhard Mackert (FW) reicht eine Entwicklung im Bestand nicht aus. Durch eine Flächen-Neuausweisung könne und müsse ein Beitrag zur Mehrung der Haushaltseinnahmen geleistet werden. Um die Breitwiesen werde man nicht herumkommen. Weitere als „gut“ eingestufte Flächen befänden sich in der „Hinteren Mult“ sowie im Umkreis der GRN-Klinik. Sein Vorschlag: Das Thema auf einer Klausurtagung des Gemeinderats zu verhandeln. „Es geht um Konversion“, schlug Elisabeth Kramer (GAL) vor, nicht mehr genutzte Hallen wie etwa das ehemalige Druckhaus Diesbach in den Blick zu nehmen. Bei der „Hinteren Mult“ zeige sich, dass das Gebiet elegant von Norden her zu erschließen wäre. Allerdings sei auch hier der Verlust von Ackerland zu kompensieren. Die größten Potenziale weist nach Ansicht Kramers der Industriepark der Firma Freudenberg aus: „Die Stadt muss sich so weiterentwickeln, dass die Bevölkerung mitzieht und mitgenommen wird.“ Die Bebauung der Breitwiesen bleibe daher ein „No go“.

Das „Tiefgewann“ und die Norderweiterung des Industrieparks stehen für Karl Bär (WL) im Vordergrund. Sollte dies nicht möglich sein, seien im „Hammelsbrunnen“ und östlich der Mannheimer Straße Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. Die „Hintere Mult“ sei als „stille Reserve“ zu bewerten. Dass in der Verwaltungsvorlage keine potenziellen Gewerbeflächen im Odenwald ausgewiesen seien, die dort dringend gebraucht würden, bemängelte Andrea Reister (FDP). Eine Bebauung der Breitwiesen werde die FDP nicht unterstützen, der Bürgerentscheid sei für die Liberalen nach wie vor bindend. Reister regte an, nicht nur über einzelne Flächen zu diskutieren, sondern eine vorzeitige Neuplanung des letzten Flächennutzungsplans aus dem Jahr 2004 vorzunehmen.

„Keine weiteren Anstrengungen der Verwaltung in Richtung Breitwiesen“, forderte Matthias Hördt (Die Linke). Der Bürgerentscheid könne „nur durch einen neuerlichen Bürgerentscheid gekippt“ werden. Der Flächenverbrauch müsse aufhören, die Stadt sollte sich auf ein „glaubwürdiges Wachstum“ konzentrieren.


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