Erst mal kein Ganztagskonzept für die Weinheimer Pestalozzi-Grundschule

14. Oktober 2016  Presse

Enttäuschung, Tränen, Wut: Die Pestalozzi-Grundschule steht nach Ratsbeschluss wieder auf Null – „Fühlen uns wie vor den Kopf geschlagen“

[Rhein-Neckar-Zeitung vom 14. Oktober 2016]

Weinheim. Die Pestalozzi-Grundschule war gut vertreten am Mittwoch im Gemeinderat: Schulleiterin Jutta Lieder, mehrere Lehrer und Elternsprecherin Valerie Wichelmann saßen im Publikum, als der Rat das verbindliche Ganztagskonzept der Schule mit 14 zu 13 Stimmen kippte. „Ich kann nicht für die ganze Schulgemeinschaft sprechen; aber diejenigen, die ich seither getroffen habe, fühlen sich wie vor den Kopf geschlagen“, sagte Elternvertreterin Wichelmann am gestrigen Mittwoch im RNZ-Gespräch: „Ihr jahrelanges Engagement ist mit einer Abstimmung zerstört worden.“

Von Philipp Weber.

Der Pestalozzischule bleibt jetzt nichts anderes übrig, als das Abstimmungsergebnis zu akzeptieren. So läuft wohl auch im Schuljahr 2017/18 der Halbtagsbetrieb weiter. Für Familien mit berufstätigen Eltern gibt es die Grundschul- und die Hortbetreuung. Theoretisch kann sich die Schule erneut auf den Weg zu machen: in Richtung offene Ganztagsschule (Wahlform). Nachdem man aber intensiv für die verbindliche Ganztagsgrundschule geworben hat, wird das nicht einfach.

Die wahren Verlierer – und darin waren sich mehrere RNZ-Gesprächspartner einig – sind jedoch weniger wohlhabende Familien: Anders als die bisherige, kommunale Betreuung wäre die Ganztagsschule kostenlos gewesen. Auch Wichelmann hat das mitbekommen: „Mehrere Eltern haben angerufen, eine Mutter brach in Tränen aus.“ Auch Stadtrat Carsten Labudda (Die Linke) hatte seine Ratskollegen auf dieses Problem hingewiesen. Apropos „links“: Der eine oder andere fragte sich gestern auch, wie die Abstimmung ausgegangen wäre, wenn GAL (dafür) und SPD (mehrheitlich dafür) vollständig an den Ratstischen gesessen wären.

„Vielleicht haben wir nicht energisch genug für das Konzept geworben, hier und da war wohl auch die Kommunikation das Problem“, räumt Wichelmann ein. Es sei aber auch schwierig gewesen, alles richtig zu machen: „Das verbindliche Ganztagskonzept musste ja Schritt für Schritt vorangebracht werden, und die Besetzung der Schulgremien ändert sich jedes Jahr.“

Aus Sicht der Befürworter verlieren die Schüler jetzt auch die Chance, als Gemeinschaft, unabhängig von Sozialstatus der Eltern zu lernen. Stichwort: soziale Kompetenzen. Für Irritationen sorgt zudem, dass sich am Mittwoch mehr als ein Dutzend Räte anders entschieden als im Winter: Damals wurde die Grundschulkonzeption – die eine verbindliche Ganztagsschule in der Stadt vorsieht – einstimmig bestätigt. Auch im Kinder- und Jugendbeirat waren die Verhältnisse klar.

Besonders bitter stoßen den Befürwortern die Vorwürfe einiger Räte auf: „Als die Aussage kam, es habe im Gesamtelternbeirat heftige Diskussionen gegeben, haben Thomas Schwiderke und ich uns nur staunend angeschaut“, so Wichelmann. Zwar hätten der Gesamtelternbeiratschef und sie Diskussionen miterlebt. Dabei sei es jedoch nicht um das Konzept an sich gegangen, sondern um die Frage, warum die Pestalozzischule ausgewählt wurde. „Es gab 2015 und dieses Jahr Elternabende, zuletzt mit Infoständen.“ Und die sechs Elternvertreter hätten – ebenso wie die schriftlich angefragten Eltern – mit klarer Mehrheit für die Ganztagsschule votiert. Und: Von den vier Befürwortern haben drei Kinder, die betroffen gewesen wären.


Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*