Carsten Labuddas Ideen haben „einen Nerv getroffen“

02. Juni 2018  Presse

Oberbürgermeisterwahl Weinheim: Der OB-Kandidat spricht über seine Erfahrungen mit Wohnungsnot, Integration und Bürgeranliegen

[Rhein-Neckar-Zeitung vom 2.6.2018]

Weinheim. Obwohl auch OB-Kandidat Carsten Labudda dieser Tage in den Endspurt geht, hat er längst ein Etappenziel erreicht: Soziale Themen spielen eine Rolle im Wahlkampf.

„Zu bezahlbarem Wohnraum haben sich alle ernsthaften Kandidaten geäußert“, sagt er im Interview. Außerdem erklärt er seine Ideen zur Integration von Flüchtlingen, mehr Bürgernähe und Gewerbe.

Herr Labudda, „Sozial. Miteinander“, lautet Ihr Motto. Wollen Sie das soziale Weinheim retten?

Das ist übertrieben. Ich habe mich im Januar zur Kandidatur entschlossen, weil mich die Inhalts-Leere im Vorwahlkampf gestört hat. Für mich ist es wichtig, erst über Inhalte zu reden – dann über Personen. Damals lief es andersrum. Die Worte „sozial“ und „miteinander“ spiegeln meine Haltung wider: Soziales Zusammenleben funktioniert mit-, nicht gegeneinander. Alle Schichten, alle Charaktere sollten ihren Platz haben – und mit der Stadtpolitik leben können. In manchen Fällen geht das nicht, dann müssen demokratische Entscheidungen her. Wer diese nicht treffen will, ist in der Politik falsch.

Sie betonen, dass sich ihr Wahlkampf schon jetzt gelohnt hat.

Ich wollte Themen identifizieren, die den Leuten auf den Nägeln brennen, zum Beispiel der eklatante Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Darum wollte ich meine Kandidatur nutzen, um die ernsthaften Mitbewerber zu klaren Aussagen zu drängen. Alle sind in irgendeiner Form auf meine Idee eingegangen, eine Taskforce zu grünen, die auf Immobilieneigentümer zugeht. Dahinter darf keiner mehr zurückfallen. Auch meine Ideen zur Integration etwa haben einen Nerv getroffen.

Nicht so sicher waren Sie sich, als Sie ein Gewerbegebiet in der Hinteren Mult befürwortet haben. Damals sagten Sie, dass Sie dafür was „aufs Dach“ bekämen.

Die Stimmung war damals, Ende April, aufgeheizt. Daher diese flapsige Äußerung. Ich bin der einzige Kandidat, der die BI Breitwiesen unterstützt, weshalb meine Haltung zur Hinteren Mult erstaunt. Fakt aber ist, dass Kommunen in Deutschland in einer Konkurrenzfinanzierung stehen, weil jeder Gewerbesteuern will. Ich hatte mich jahrelang – zuletzt erfolgreich – dafür eingesetzt, Abgaben zu erhöhen. Aber der Trumpf ist ausgereizt. Und an den freiwilligen Leistungen der Kommune – etwa Freibädern – will ich nicht sparen. Der Vorteil an der Hinteren Mult ist, dass das Gebiet klar eingegrenzt ist, von Straßen und Bahnlinien. Dasselbe gilt für das Tiefgewann.

Und die Bauern?

Die brauchen einen Ausgleich – einen anständigen. Dann kann man sich austauschen und den Betroffenen klar machen, dass andere Argumente einen höheren Stellenwert einnehmen. Wir Kandidaten hatten ja ein Treffen mit dem Verein Landerlebnis, dem Bauernverband und der Schutzgemeinschaft Hintere Mult, wo wir sachlich diskutiert haben.

Wie Sie sagten, setzen sich auch Ihre Konkurrenten für Wohnraum ein. Unterschiede gibt es bei der Frage Wohnungsbaugesellschaft ja oder nein?

Das ist zweitrangig! Ob Stadtverwaltung, städtischer Eigenbetrieb oder Gesellschaft, das Problem ist: Die Stadt hat nicht genügend Wohnungen, um die Preise zu beeinflussen. Es sind nur 337, zum Teil in einem miserablen Zustand. Zum Vergleich: Die Baugenossenschaft Weinheim hält 1800 Wohnungen, dem Investor Vonovia gehören mehrere Hundert Einheiten. Aktuell bauen wir dezentral verteilte Häuser, um geflüchtete Menschen einzugliedern. Daraus folgen zwei Ansätze.

Welche?

Wir brauchen erstens Integrationskonzepte, für jeden Standort. Nach der Sommerpause wird sich der Gemeinderat – auf mein Drängen – damit befassen. Und zweitens darf die Stadt die Häuser nicht einfach weiterverscherbeln, sobald Flüchtlinge umziehen können. Vielmehr muss dann saniert und sozial vermietet werden.

Die dezentrale Unterbringung Geflüchteter wird gelobt. Der abgelegene Standort in Steinklingen allerdings nicht.

Wenn der Oberflockenbacher Ortschaftsrat diesen Standort favorisiert und ich das im Gemeinderat kassiere, bekomme ich auch Ärger. Was mich gewurmt hat, war die Entscheidung zum Standort Bennweg in der Nordstadt. Dieser Ort ist zentral. Aber dann forcierte die SPD einen Verkauf des Grundstücks, womit die Nordstadt raus war, abgesehen von der Unterkunft in der hinteren Bergstraße. Ich war auf jeder Infoveranstaltung zum Thema. Mein Ziel ist, dass wir nicht die gleichen Fehler machen wie nach dem Krieg. Wir brauchen Lösungen, bei denen Einheimische und Neue einander begegnen.

Die Stadt hat sehr oft eingeladen. Trotzdem ist Beteiligung ein Thema.

Es hat sich viel getan in den letzten 20 Jahren. Die Stadt hat vieles probiert. Es gab Themen, da lief es sehr gut. In die Planung des Baugebiets Allmendäcker etwa fanden die Forderungen nach verschiedenen Wohnformen und nach einem zentralen Anger Eingang. Problematisch dagegen war die Idee im Vorfeld des Bürgerentscheids von 2013, das Thema Gewerbeentwicklung mit Bürgerräten zu diskutieren. Daher ist mein erstes Ziel, die Beteiligungsformen zu evaluieren. Zweitens muss die Bürgerbeteiligung mit rein in den Haushalt. Die Konzepte gibt es seit den 1990ern, das wurde in Porto Alegre in Brasilien erfunden. Drittens muss man Projekte einbinden, die vor Ort sinnvoll sind – aber nicht die breite Masse abbilden.

Sie haben von Anfang an damit geworben, dass Sie sich um die Bürger kümmern, sich auch Fragen zu deren Mietnebenkostenabrechnung stellen.

Jederzeit, wenn ich antworten kann.

Aber wo genau sind die Ideen der Bürger in ihr Programm eingeflossen?

Die Wohnungsnot ist ein Riesenthema, auch für die Bürger, die mich ansprechen. Zudem werbe ich für die Wiedereinführung eines kinderärztlichen Notdiensts in unserer Stadt. Immerhin leben im Raum Weinheim um die 100.000 Menschen. Eine weitere Idee war, Bolzplätze mit W-Lan auszustatten, hier treffen sich Jugendliche. Die Sache mit dem Integrationskonzept kam von Asylhelfern, die ich kenne. Und aus den Ortsteilen kam die Idee, den Bauhof ein Stück weit zu dezentralisieren. Ein Thema ist die Hartz-IV-Gesetzgebung. In Weinheim leben um die 2000 Menschen davon, ohne jede Lobby.

Thema Integration und Konzepte: Gibt es da nicht schon eine Stabsstelle?

Ein Punkt ist das mit den hohen Zuweisungszahlen 2015. Die Verwaltungen waren erst einmal am Rande der Überforderung, hätten es ohne die Ehrenamtlichen eben nicht „geschafft“. So wurden Stellen konzipiert, in deren Beschreibung quasi alles stand. Doch so eine Stelle macht mehr Arbeit als ein Vollzeitjob. Die Ehrenamtler wiederum verlangten sofortige Unterstützung. Und dann gab es noch den Wirrwarr zwischen Stadt und Kreis. So etwas bricht sich oft an Einzelnen, mit denen nicht immer fair umgegangen wird. Das Konzept, das nun kommen soll, muss die Stabsstelle mit den Leuten vor Ort entwickeln.

Warum sollen die Leute Sie wählen?

Weil sie mit mir jemanden bekommen, der sich immer um ihre Sorgen und Nöte kümmern wird.

Von Philipp Weber.


Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*