VdK diskutiert mit Bundestagskandidaten

20. März 2017  Gesundheit, Rente, Soziales

Konrad Wanner trägt die Positionen der LINKEN vor.

Der Heilbronner Kreisverband des Sozialverband VdK hat am 16.3. eine Podiumsdiskussion zu den Themen Gesundheit und Rente organisiert. Eingeladen wurden die Bundestagskandidaten von CDU, SPD, DIE LINKE und Grüne. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Kreisvorsitzenden Frank Stroh. Dabei deckten sich die vorgestellten Forderungen des VdK mit einer Vielzahl von Positionen der LINKEN. So wird u.a. eine Mindestrente, eine Erhöhung des Rentenniveaus und eine Rücknahme der Rente mit 67 gefordert. Finanziert werden sollen die Forderungen etwa mit der Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der höheren Besteuerung von Kapitalerträgen. Als einziger forderte der Kandidat der LINKEN, die Rüstungsausgaben nicht von 1,2% auf 2% des Haushaltes zu erhöhen. Vor hundert Zuhörer*Innen stellte Konrad Wanner dann die fehlgeleiteten Geldströme in unserer Gesellschaft dar und betonte deren sinnvollere Verwendung für Rente und Gesundheit. Seinen Beitrag finden Sie hier:

 

Vielen Dank für die Einladung

Die große Geldflut – ARD Montag Nacht 22:45-23:30, 20.2.17

Beispiel WMF – die bekannte Besteckfabrik in Geislingen /Steige hat eine lange Firmengeschichte. In den letzten 5 Jahren war sie ein Spielball der internationalen Finanzjongleure.

KKR, eine amerikanische Beteiligungsgesellschaft, besser gesagt Heuschrecke, kauft mittels einer Tochtergesellschaft, angesiedelt in einer Steueroase, WMF im Jahre 2012 für 660 Mio €. Davon sind 100 Mio Eigenkapital, die restlichen 560 Mio € werden mit einem Kredit finanziert. 2016 verkauft KKR WMF an den französischen Konzern SEB für 1,6 Mrd €. Bei 100 Mio Eigenkapital ein Gewinn von über 800 Mio .

In diesen 4 Jahren wurde umstrukturiert, das Sortiment verkleinert, 400 Arbeitsplätze abgebaut, es wurde entlassen und die Löhne wurden gesenkt. Die IGM und der BR waren pausenlos in Abwehrkämpfe verwickelt, während gleichzeitig steuerfrei der Reibach gemacht wurde.

Wenn das Zocken schief geht und was auf den Steuerzahler zukommen kann, zeigt das Beispiel der HSH Nordbank, je zur Hälfte im Besitz von Hamburg + Schleswig Holstein. Diese Landesbank hat sich jahrelang bei Schiffsfonds engagiert und dabei auch faule Kredite vergeben. Jetzt kommen auf die Steuerzahler der beiden Bundesländer Forderungen zu über mindestens 14 Mrd €. SH hat einen Landesetat von 11 Mrd im Jahr und einen aktuellen Schuldenstand von 27 Mrd €. Wenn jetzt SH für diese faulen Kredite der Landesbank geradstehen muss, sind das auf einen Schlag 7 Mrd. mehr Schulden. Lapidare Erkenntnis: „es wurde versäumt, die Bank stärker zu kontrollieren“.

Haben Sie dazu viel in der Zeitung gelesen, hat darüber die Tagesschau informiert?

Und wie sieht es auf der anderen Seite der Gesellschaft aus?

Zum 1.1.17 wurden die Hartz IV-Sätze erhöht: um sagenhafte 5€/Monat. Es wurde der Mindestlohn von 8,50 € auf 8,84 € erhöht. Das Kindergeld wurde leicht erhöht. Zum 1.7.16 wurden die Renten um 4-6% erhöht – noch heute habe ich die tagelang gesendeten Meldungen über die außerordentlich hohe Erhöhung im Ohr. Angesichts der jahrelangen Verluste für die Rentner war das überfällig – und geschickt als Wahlbonbon vermarktet.

Aber am Grundproblem, an der ungerechten Verteilung im Land, da rütteln wenige. In Deutschland haben die reichsten 10 % der Bevölkerung so viel Vermögen wie 52% der ärmeren Bevölkerung. Um gegenzusteuern fordern wir Linke die Einführung der Vermögenssteuer, eine wirksame Erbschaftssteuer, Erhöhung der Körperschaftssteuer. Und: der Anteil der Rüstungsausgaben am BIP darf nicht von 1,2 auf 2% erhöht werden. In Zahlen ausgedrückt sind das heute 37 Mrd € und im Jahre 2025 61 Mrd €. Solange hier nicht Hand angelegt wird, sind alle sozialpolitischen Einzelmaßnahmen Kosmetik am kranken Patienten.

Ich freue mich darüber, dass die SPD mit Martin Schulz mit dem Willen in den Wahlkampf zieht, mit einer SPD an der Regierung Fehler der Agenda 2010 zu ändern. Das hört sich schon mal gut an. Bisher sind seine Pläne weitgehend unkonkret, aber die paar bekannten Punkte kann man unterstützen. Die Linke hat die gesamte Agenda im Blick. Wir möchten nicht nur kosmetische Verbesserungen,  die Linke fordert die gesamte Agenda 2010 durch eine andere, eine soziale Politik zu ersetzen nach dem Grundsatz: der gesellschaftliche Reichtum muss zur Finanzierung der gesellschaftlichen Aufgaben herangezogen werden.

Ich komme zu den Themen der heutigen Diskussion. Das erste Thema ist die Gesundheit.

Seit Jahren bestimmt der Rotstift die Gesundheitspolitik – wie auch andere Lebensbereiche. Immer weniger Leistungen stehen immer höhere Selbstbeteiligungen gegenüber. Wer modernste Medizin will, muss das oft selbst bezahlen. Zahnimplantate, Hörgeräte, Brillen – entweder gar nicht von den Krankenkassen oder nur mit Zuschüssen bezahlt.

Wo genau liegt der Wurm drin?

Zwischen 1975 und 2011 ist der Anteil der Lohn- + Gehaltseinkommen am BIP gesunken, von 55,5 auf 51,7%. Damit ist auch der Anteil der Beiträge zur gesetzl. KV gesunken. Denn auf Mieteinnahmen, Zinserträge, Kapital- und Gewinneinkommen werden keine Beiträge bezahlt. Im gleichen Zeitraum stieg der Beitrag zur GKV von 10,5 auf 15,5%. Gäbe es noch die gleiche Beitragsbasis wie 1975, wäre der Beitrag heute bei etwa 12,8%.

Es spielen aber weitere Faktoren eine Rolle:

  • Die Beitragsbemessungsgrenze von 4350,-€/Monat. Wenn also jemand 10000 € verdient, bezahlt er nur 7,3% Beitrag von 4350 €, also 304,50€ statt 700€
  • Die Pflichtversicherungsgrenze von 4800,-€/Monat. Wer mehr verdient, kann sich privat versichern. Private Versicherungen können sich so die gut Verdienenden herauspicken und schwächen damit die GKV.

Ich belasse es erst einmal bei diesen grundsätzlichen Betrachtungen. Die LINKE hat deshalb folgende Forderungen:

  • Einführung einer solidarischen GKV, in die alle einbezahlen: Arbeiter und Angestellte genauso wie Beamte, Selbstständige und Manager. Aber auch Mieteinnahmen, Zinsgewinne und Kapitalerträge unterliegen dem Beitragssatz. Der Beitrag könnte von 15,7 auf 11% gesenkt werden
  • Abschaffung der beiden genannten Beitragsgrenzen
  • Wiederherstellung des paritätischen Beitrags für AN + AG

 

 

Ende der 10 minütigen Redezeit; die folgenden Positionen erläutere ich während der Diskussion.

Es gibt natürlich noch viele Einzelthemen bei der Gesundheit. Krankenhausschließungen, Privatisierung von Gesundheitseinrichtungen, Ärzteverteilung, Gesundheitszentren, Pflegeversicherung – ich denke, wir kommen bei der Diskussion noch zu dem einen oder anderen Thema.

Sie haben ein zweites Hauptthema heute zur Diskussion gestellt, die Rente.

Auch hier ist das Thema von Verschlechterungen der Leistungen und Erhöhung der Kosten für die Beitragszahler geprägt. Besonders für die junge Generation bestehen nur noch allertrübste Aussichten bei der gesetzlichen Rente.

Es gibt eine Veränderung in vielen Aspekten bei der Rente. Es gibt heute ein anderes Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentnern, wir leben länger, die Ausbildungen dauern länger und führen zu einem späteren Berufseinstieg. Das sind Fakten, an denen nicht zu rütteln ist. Aber, unsere Gesellschaft ist auch reicher geworden. Die Produktivität in der Industrie und in der Arbeitswelt ist heute eine andere als noch vor 20 Jahren und erst recht vor 40-60 Jahren. Nur stimmt die Verteilung nicht.

Die Rezepte aller hier vertretenen Parteien sind gleich. Höhere Rentenbeiträge, weniger Rente und längere Lebensarbeitszeiten und Schonung der Arbeitgeber und der Reichen.

  • Die Rentenbeiträge betragen zurzeit 18,7% und werden bis 2030 auf 22% ansteigen.
  • Gleichzeitig sinkt die Rente von 57 % in 1985 auf 43% in 2030.
  • 1995 betrug das Renteneintrittsalter 62,4 Jahre. 2030 wird es bei 67 Jahren liegen und CDU/CSU sowie die Arbeitgeber sprechen schon von 70 und älter.

Jeder weiß, dass die wirksamste Rente die umlagefinanzierte gesetzliche Rente ist. Aber sie hat einen Nachteil: sie ist frei von finanzmarktorientierten Interessengruppen. Mit ihr können keine Geschäfte betrieben werden. Deshalb haben einflussreiche Interessengruppen und ihre politischen Helfer in den letzten 15 Jahren die gesetzliche Rente erst madig gemacht und dann Stück für Stück beschädigt.

Seit Jahren werden alle möglichen Formen der kapitalgebunden Rente eingeführt. Die Riesterrente, die Betriebsrente durch Entgeldumwandlung, die private Rentenversicherung. Und was ist die Bilanznach Finanzkrise und Niedrigzinsphase? Der Garantiezins sinkt, die Rentenzusagen der Versicherer schmelzen ab.

Die Arbeitgeber kalkulieren mit dem Rentenbeitrag von 9,35%. Den Versicherten wird eine Riesterrente von 4% und eine Betriebsrente von weiteren 3,2% aufgenötigt, wenn sie ihren Lebensstandard halten wollen.

Wir sagen, umgekehrt wird ein Schuh draus. Die Reichen und die Vermögenden, die Industrie und die Wirtschaft müssen sich wieder mehr an dieser gesellschaftlichen Aufgabe, der lebensstandardsichernden Rente beteiligen.  Nicht Alt gegen Jung, nicht Flüchtling gegen Beitragszahler dürfen ausgespielt werden. Wir wollen die GRV wieder zur alleinigen Rente machen.

Deshalb fordert die Linke:

  • Alle müssen in die GRV einzahlen, Arbeitnehmer, Beamte, Selbstständige, Freiberufler.
  • Die Riesterrente muss in die GRV überführt werden
  • Gesellschaftliche Aufgaben müssen durch staatliche Renten-zuschüsse bezahlt werden. Mütterrente, Renten für Zuwanderer aus anderen Rentensystemen (Aussiedler), Angleichung der Ostrenten

Damit können auch unsere Forderungen bezahlt werden:

  • Ein Rentenniveau von 53%
  • Ein Rentenbeginn ab 65
  • Und ein stabiler Rentenbeitrag von 22%

Dass das keine Wunschträume sind, beweist uns z.B. Österreich. Dort wurde immer an der GRV festgehalten. Und die Österreicher sind uns im Rentenniveau um Längen voraus:

  • In D hat ein Rentner eine Durchschnittsrente von 1034€,
  • In Ö 2159€

Eine bessere Beweisführung für die GRV und gegen die privaten Renten kann man nicht anbringen.

Hiermit beende ich meine Einführungen. Weiteres wird die Diskussion ergeben.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

 


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