Afghanistan ist unsicher

06. Juni 2017  Allgemein

Einen hochaktuellen und interessanten Vortrag zur Lage in Afghanistan veranstaltete der Kreisverband HN der AWO gemeinsam mit dem DGB im Heilbronner Gewerkschafthaus. Mit gut 150 ZuhörerInnen war der Saal proppenvoll, darunter viele betroffene minderjährige afghanische Flüchtlinge nebst professinoneller und ehrenamtlicher Berater- und BegleiterInnen, die alle befürchten, dass sie/ihre Schutzbefohlenen nach ihrem 18. Geburtstag nach Afghanistan abgeschoben werden. Die AWO kümmert sich neben anderer Trägern im Stadt- und Landkreis Heilbronn um diese „unbegleiteten mindertjährigen Ausländer (UMA)“, wie es im Behördendeutsch heißt.

Die Referentin Frederike Stahlmann kennt Afghanistan aus eigener Anschauung aufgrund ihrer wissenschaftlichen Arbeit für das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung. Stahlmann machte deutlich, dass es in Afghanistan keine sicheren Gebiete gibt, wie am Vortag der Anschlag in der Nähe der deutsche Botschaft mit 80 Toten und über 460 Verletzten in Kabul zeigte. Dabei trifft der Terror nicht nur das Diplomatenviertel und hochrangige Vertreter der ausländischen Staaten. Wer sich einem Einzugsbefehl der Taliban entziehen will, flieht am besten außer Landes – denn die sozialen Verflechtungen innerhalb Afghanistans lassen praktisch keine Möglichkeit zum Abtauchen. Wer beispielsweise in Kabul eine Wohnung möchte, der wird von seinem sozialen Umfeld nach Herkunft und Verwandschaft abgeklopft. Ohne entsprechende Infos gibt es keine Wohnung bzw. Arbeit, zumal es von beidem allemal zu wenig gibt. Und die staatlichen Stellen sind nicht vertrauenswürdig, auch innerhalb der Polizei gibt es Spitzel der Taliban oder anderer Oppositionsgruppen.

Um die aktuelle Situation zu verdeutlichen, erklärte Stahlmann die Entwicklung seit der Intervention der Sowjetunion 1979. Der afghanische Widerstand gegen ihre kommunistische Regierung und die mit ihnen verbündeten Sowjets wurde von ausländischen Kräften, vorneweg Saudi-Arabien und die USA, bewaffnet und finanziert. Dabei bildeten sich unterschiedlichste Gruppen heraus. Nach dem Abzug der Sowjets ging der Machtkampf zwischen diesen Gruppen mit erbitterter Härte weiter. Die Taliban waren da nur ein weiterer Akteur in einer Reihe von Kriegsverbrechern und Menschenschindern. Nach dem Einmarsch der USA und ihrer Verbündeten gegen die Taliban wurde auf den Strukturen anderer Warlords und militanten Gruppen die neue Regierung aufgebaut.

Afghanistan ist also alles andere als sicher und deshalb unterschrieben viele der ZuhörerInnen nach dem Vortrag eine Petition der AWO gegen die Abschiebungen nach Afghanistan. Unter ihnen auch der Bundestagskandidat der LINKEN im Wahlkreis Heilbronn, Konrad Wanner.


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