Podiumsdiskussion beim Friedensrat: Vergebliche Hoffnung auf Abrüstung?

27. August 2017  Frieden

Auf Einladung des Heilbronner Friedensrats diskutierten im Heinrich-Fries-Haus
Kandidaten für die Bundestagswahl das Thema „Frieden schaffen mit immer
weniger Waffen“. Schon im Eingangsstatement mahnte Wolf Theilacker vom
Friedensrat, die auf dem deutschen Luftwaffenstützpunkt in Büchel oberhalb
der Mosel stationierten US-Atombomben abzuziehen. In Heilbronn sei der
Abzug der atomaren Pershing-Raketen erreicht worden, in Büchel sollen die
Atombomben dagegen auch noch modernisiert werden.
Keiner der Bundestagskandidaten auf dem Podium befürwortete
grundsätzlich Atomwaffen. Harald Ebner, MdB im Wahlkreis Schwäbisch Hall
und für seinen verhinderten Parteifreund von Bündnis90/Die Grünen Thomas
Fick eingesprungen, erinnerte an sein Engagement in Mutlangen gegen die
Stationierung der atomaren Pershing 2-Raketen in der 80iger-Jahren. Sein
Wunsch, die Atombomben sollten weg, wurde relativiert durch seine Frage,
wollen wir, dass sie nach Polen verlegt werden? Josip Juratovic,
sozialdemokratischer MdB des Wahlkreises Heilbronn und Mitglied des
Auswärtigen Ausschusses bedauert die Stationierung in Büchel. Der Einfluss der
deutschen Politik darauf sei allerdings gering. Alexander Throm, CDU, hat die
Stationierung der Raketen auf der Waldheide und die Diskussion dazu als 1968
Geborener miterlebt. Throm: „Meiner Generation ging es in der Zeit der
Entspannung und des Aufschwungs ausgesprochen gut“. Deutschland könne
sich mit dem Verzicht auf Atomwaffen nicht international aus der
Verantwortung stehlen. Für Konrad Wanner, Kandidat der Linken, steht die
Atomwaffenstationierung in Büchel im Widerspruch zum
Atomwaffensperrvertrag von 1968. Wenn die Politik den Mut nicht aufbringe,
den Vertrag einzuhalten und die Waffen abzubauen, müsse der Widerstand
der Bevölkerung wie zu den Hochzeiten der Friedensbewegung wachsen.
Das NATO-Ziel, Deutschland müsse seine Ausgaben für Verteidigung und
Rüstung massiv auf 2 % des Bruttosozialprodukts steigern, war für die Besucher
der Veranstaltung Anlass zu lebhafter Diskussion und Ablehnung.
Rüstungsexporte, vor allem in Spannungsgebiete wie Arabien und Afrika,
wurde aus dem Publikum grundsätzlich in Frage gestellt.
Abschließend ging es um die entscheidende Frage, was kann Deutschland
beitragen, um zu anhaltender Entspannung in der Welt, zu Deeskalation und
zum Ausgleich zwischen den Völkern zu kommen.
Für Throm ist neben einer einsatzfähigen Verteidigungsarmee im westlichen
Bündnis Diplomatie und Besänftigung von Konfliktparteien notwendig,
beispielsweise in der höchst explosiven Auseinandersetzung Nordkorea und
US-Präsident Trump.
Ebner warnt vor einer gefährlichen Achse Trump/Putin. Die Kriegswelt hat sich
entscheidend verändert: Statt direkter militärischer Konfrontation gäbe es
asymmetrische Kriegsführung, bis hin zu Meinungs-, Informations- und
Cyberkrieg. Der Einsatz militärischer Gewalt bleibe das letzte mögliche Mittel.
Was im Krieg zuerst auf der Strecke bleibt, ist für Josip Juratovic die Wahrheit.
Aber von Deutschland werde abverlangt, dass wir verteidigungsfähig sind. Wir
könnten froh sein, eine Parlamentsarmee zu haben. Europa sollte eine
Friedensgemeinschaft sein, künftig auch mit Aufnahme der Balkanländer, um
ihnen Perspektiven zu geben. Für den Weltfrieden sei die nachhaltige
Stärkung der Vereinten Nationen notwendig.
Das 2-%-Ziel sei ein verkapptes Konjunkturprogramm für die Rüstungsindustrie,
so Wanner, Rheinmetall träume von Rüstungsmilliarden. Einen
Rüstungswettlauf bräuchten wir nicht, vielmehr einen Sicherheitspakt unter
Einschluss Russlands. Wichtiger als die Aufheizung von Konflikten, als Rüstung
und Kriege seien Abrüstung und Strategien zur Beseitigung von Krisen- und
Fluchtursachen.
Der überraschend gute Besuch und die engagierte Diskussion zeigten für
Alfred Huber vom Heilbronner Friedensrat die Bedeutung der Fragen um Krieg
und Frieden. Huber: „Es gibt für uns noch viel zu tun, um weniger Waffen und
mehr Sicherheit und Frieden zu schaffen“.

(Text vom Heilbronner Friedensrat)


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