Rede Michael Hsu zur Rekrutierungspolitik der Bundeswehr

Liebe Friedensaktivistinnen und Friedensaktivisten,

ich wurde gebeten über die Rekrutierungspolitik der Bundeswehr zu sprechen. Es ist ja bekannt, dass durch das Aussetzen der Wehrpflicht nun ein akuter Personalmangel innerhalb der Bundeswehr besteht. Dieser Mangel soll durch gezieltes anwerben von Minderjährigen an Schulen, Abenteuer-Camps, Berufsmessen oder auch Sportveranstaltungen beseitigt werden.

Zur Information: Die “straight 18” – also keine Soldaten unter 18 – wurde mittlerweile von 151 Mitgliedsstaaten der UN zum Standard erhoben. Diese Mitgliedsstaaten verzichten auch auf die Ausnahmen, die das Fakultativprotokoll der UN-Kinderrechtskonvention ermöglicht. Nun denken Sie sich bestimmt, welche unterentwickelte und kinderfeindliche Staaten machen noch Gebrauch von den Ausnahmen? – Richtig, die USA, Großbritannien und Deutschland.

In Abenteuer-Camps der Bundeswehr versucht man zum Beispiel den Beruf des Soldaten zu beschönigen und Schüler*innen in ihren Schulferien für diesen Job zu begeistern. Man will den Beruf des Soldaten als coolen, action- und abenteuerreichen Job darstellen. Diese Camps haben ganz bewusst den touch eines “Ferienlagers” und sollen 15- bis 18-Jährige, die beruflich noch unentschlossen sind, ansprechen. Hinter dieser Art der perversen Werbung stecken allerdings Profis, die ganz genau wissen wie man Kinder- und Jugendliche anspricht. In den Schulen und Berufsmessen läuft das nicht anders ab. Die Karriereberater*innen die in den Schulen für die Bundeswehr werben locken unter anderem mit einer relativ üppigen Vergütung des Berufs, während die rhetorisch geschulten Jugendoffiziere genau wissen, wie sie die jungen Menschen abholen können. Auch in YouTube wirbt die Bundeswehr mit den aufwändig produzierten Serien “Die Rekruten” , “Mali” , “KSK” oder auch die neue Serie “Survival”. Die Letztere Serie hat einen ähnlichen Charakter wie das Spiel Fortnite, das von Millionen Jugendlichen gezockt wird. Im Gegensatz zur Union weiß die Bundeswehr wie man junge Menschen über das Internet anspricht. Der Zuwachs von Minderjährigen in der Bundeswehr ist dementsprechend erschreckend hoch. Das zeigt leider, dass die aggressive Werbetaktik wirkt. Allerdings ist es auch unsere gemeinsame Aufgabe vor Ort dafür zu sorgen, dass die Bundeswehr nicht in die Schulen eingeladen werden. Der gemeinsame Protest lohnt sich, denn in der Stadt in der ich wohne werden die drei Gymnasien künftig auf die Bundeswehr bei ihren Berufsinformationsveranstaltungen verzichten.

Geld spielt im Falle der Werbung keine Rolle, denn täglich gibt die Bundeswehr rund 168.000 Euro für Werbung aus. Ich finde dass das Geld viel sinnvoller in Bildung und Soziales angelegt ist, statt für das werben für’s sterben.

Damit die Bundeswehr ihre Stellen besetzen kann, sind sie also definitiv von der Jugend abhängig. Wir von der linksjugend [’solid] haben allerdings einen Lösungsvorschlag für dieses Personalproblem – wenn man die Soldat*innen aus den vielen – zum Teil auch äußerst fragwürdigen – Auslandseinsätzen abzieht, dann muss man auch nicht mehr Minderjährige für die nationalen Streitkräfte werben.

In diesem Sinne: Bundeswehr raus aus den Schulen! Vielen Dank!