Wie geht es weiter mit Corona?

06. April 2021  Allgemein

DR.PETER BEHNEN
DIE LINKE FREIBURG

WIE GEHT ES WEITER NACH CORONA? (1)
Die Covid-19-Pandemie hat die meisten kapitalistischen Staaten voll im Griff. Die beteiligten Regierungen greifen auf den öffentlichen Kredit zurück, um Unternehmen und private Haushalte zu stützen. Es entwickelten sich Schuldenstände von Staat, Unternehmen und Haushalte weit über denen, die sich schon vor der Pandemie entwickelt hatten. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse des Staates musste inzwischen ausgesetzt werden. Das war notwendig geworden, um den rasanten Einbruch bei der Wirtschaftsleistung zumindest abzufedern. Die Diskussion über das Für und Wider der Schuldenbremse ist inzwischen in vollem Gange. Festzuhalten ist allerdings, dass die Quote der Gesamtverschuldung der Bundesrepublik, das ist das Verhältnis der Gesamtverschuldung zum Bruttoinlandsprodukt, im Vergleich zu anderen Ländern immer noch eher gering ist. Trotzdem entsteht die Frage, ob „der verstärkte Rückgriff auf die Instrumente der öffentlichen Verschuldung kurzfristig eine Bedrohung für das Zinsniveau oder gar die Stabilität der Finanzmärkte (darstellt P.B.)“ (2) Die Mehrheit der Experten verneint die Frage, aber es darf nicht übersehen werden, dass die Risiken dieser Politik nicht gering sind. Das gilt vor allem für kleine und mittlere Unternehmen und ihre Beschäftigten. Die Betroffenheit von der Corona-Krise ist im Euroraum und auch national durchaus unterschiedlich. Finanzminister Scholz weist für die Bundesrepublik darauf hin, dass am Ende des Jahres die Schuldenquote von allen G7- Staaten die niedrigste sei. Ebenso wie er erklärte auch die neue US-Finanzministerin Janet Yellen, dass es zu der augenblicklichen Schuldenpolitik keine wirkliche Alternative gebe. Wenn man durch die Pandemie gekommen sei, gehe es darum, die Wirtschaft umzubauen und massive Investitionen in die Infrastruktur, ins Gesundheitswesen und Verkehrswesen sowie in eine alternative Energieversorgung durchzuführen. Dazu sei eine gerechte Steuerpolitik unbedingt notwendig. Die Alternative wäre die Rückkehr zu einer neoliberalen Politik des Sparens zu Lasten der Lohnabhängigen und SozialleistungsempfängerInnen.
Trotzdem wird der Schuldenabbau unter Verweis auf die Zeit nach dem 2.Weltkrieg nicht ähnlich verlaufen können. Ein Schuldenabbau damals basierte auf einem starken ökonomischen Wachstumsprozess. Im Gegensatz dazu haben wir heute eine Ökonomie, die zwar sehr viel weiter entwickelt ist, aber inzwischen durch geringe Wachstumsraten der Kapitalakkumulation und Produktivitätsfortschritte gekennzeichnet ist. Das liegt daran, dass wir uns an der Systemgrenze dieser Wirtschaftsordnung befinden. Es gelingt nicht mehr, den systembedingten tendenziellen Rückgang der gesellschaftlichen Profitrate (Profitsumme/eingesetztem Kapital) durch eine Steigerung der Profitmasse zu kompensieren oder zu überkompensieren. Das führt viele Kapitalanleger auf die Bahn der Abenteurer, die sich erhoffen, durch Spekulation an den Finanzmärkten und Immobilienmärkten dem Untergang ihres Kapitals zu entgehen mit der Gefahr des Zusammenbruchs dieser Märkte (3). Notwendig wäre heute eine Transformation der Wirtschaftsordnung in Richtung einer sozial-ökologischen Veränderung. Investitionen in Bereiche „die langfristig positiven Rahmenbedingungen für eine sozialökologische Wertschöpfung bringen- etwa Bildung, Forschung, klimaneutrale Energie und Verkehrsnetze“ (4) sind angesagt. Das verweist allerdings auf eine demokratische Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung. Linke Politik muss immer wieder darauf hinweisen, dass ökonomische, soziale und ökologische Fortschritte nachhaltig nur im Rahmen einer Wirtschaftsordnung, die die private Profitorientierung und das private Eigentum an den Produktionsmitteln zurückdrängt, möglich sein werden. Es gilt somit kurz-und mittelfristige Maßnahmen mit einer Orientierung auf ein grundsätzlich anderes Gesellschaftsmodell zu verbinden.
(1)Der Aufsatz beruht in wesentlichen Teilen auf dem Aufsatz von Joachim Bischoff: Schulden-Tsunami aufgrund von Corona? Zeitschrift Sozialismus 4/2021, S.7-13.
(2) a.a.O. S.9
(3) Siehe Dr. Peter Behnen: Die chronische Überakkumulationkrise, Internetseite der Freiburger Linken, Aufsatz vom 30.4.2020, www.die-linke-freiburg.de
(4) Joachim Bischoff a.a.O. S.13