Sabine Zürn zu den Karlsruher Haushaltsberatungen 15. und 16. November 2016

14. November 2016  Allgemein, Position

Da wir nicht die Zeit haben, jeden unserer Anträge noch einmal einzeln zu begründen, möchte ich meinem ersten Redebeitrag mit einigen grundsätzlichen Bemerkungen zu unserem Vorgehen beginnen. Wir stellen die Kürzungen im Kultur- und Sozialbereich heute noch einmal auf den Prüfstand. Dass unsere Vorgehensweise, richtig ist, zeigt sich daran, dass an vielen Stellen auch bei den anderen Parteien im Gemeinderat ein Nachdenken und Nachfragen eingesetzt hat. Beispiele sind das jetzt zu verhandelnde Thema Fahrtenzuschuss für Menschen mit Behinderungen, Kürzungen für Beratungseinrichtungen wie pro familia oder die Suchtberatungsstelle.

Anders als Sie können und wollen wir uns aber nicht einzelne Projekte oder Einrichtungen herausnehmen und hier ein bisschen weniger kürzen und dort den Status Quo fordern. Denn das ist zutiefst ungerecht. Was ist mit dem Projekt, das keine Lobby hier im Gemeinderat hat: Sind da Kürzungen etwa gerechter als bei denen, die jemanden im Gemeinderat „erreichen“ konnten?

Wir haben zu hören bekommen, unsere Ablehnung der Kürzungspolitik schüre Krisenstimmung. Sie möchten die Menschen dagegen mit Formeln wie „Kürzungen sind alternativlos“ oder „anderswo ist es viel schlimmer“ davon abhalten, genau hinzuschauen und die Folgen des einseitigen Sparens zu benennen.

Der Sparkurs ist aber nicht alternativlos. Wer als einzige Stadt in Deutschland einem Profi-Fußballverein ein Stadion für über 100 Millionen Euro hinstellen will und wo in den Verhandlungen zur Haushaltskonsolidierung eine CDU-Fraktion mehr kostenloses Parken für den Gemeinderat fordert, regiert nicht materielle Not, sondern der politische Wille, die verfehlte Finanzpolitik von Bund, Land und Kommune zu Lasten der Menschen ohne Lobby zu korrigieren.

 

Einzelthemen:

Stadtteilzentren: Einen genaueren Blick zum Beispiel auf den Ausbau von Stadtteilzentren finden wir sehr richtig. Er hilft, engagierte Menschen in den Stadtteilen in ihrem demokratischen Engagement und den dies unterstützenden Stadtteilzentren gezielt zu fördern.

In vielen Einrichtungen im sozialen Bereich sind die Beschäftigten extrem überlastet. Davon zeugen Krankenstände, Burnouts, Wartezeiten für Klient*innen und vielerorts Hoffnungslosigkeit. Wer hier zwei, drei Arbeitsstunden wegnimmt oder entsprechend Sachleistung, richtet großen Schaden an. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass wichtige Bausteine im sozialen Hilfeangebot wegzubrechen drohen. Konkrete Beispiele sind mit Rücksicht auf die betroffenen Einrichtungen vertraulich zu behandeln. Sie wissen aber selbst, dass das von Ihnen erzwungene Taktieren der Einrichtungen im sozialen Bereich Notstände schafft.

Es ist zu hoffen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Betroffene das jetzt und in Zukunft nicht hinnehmen.

Auch im kulturellen Bereich werden die heute zu verhandelnden Kürzungen nachhaltige Wirkung zeigen: Bei kleinen soziokulturellen Einrichtungen wird die meiste Arbeit ehrenamtlich geleistet. Wenn die ohnehin geringe kommunale Förderung wegfällt, müssen die Ehrenamtlichen auch noch aus eigener Tasche bezahlen, wenn zum Beispiel Fahrt- oder Telefonkosten anfallen und vieles mehr. Wieder treffen die Sparmaßnahmen Menschen mit kleinem Geldbeutel härter, denn die eine oder der andere wird sich sein Engagement nicht mehr leisten können. Auch hier kann ich gern Beispiele nennen, tue es aber mit Rücksicht auf die betroffenen Ehrenamtlichen und Einrichtungen nicht.

 

Das Vorgehen der Stadt Karlsruhe befördert eine soziale Spaltung, die zunimmt und die, wie wir zuletzt in den USA gesehen haben, verheerende Auswirkungen hat. In den USA hat man – wie hier – nicht gesehen und nicht hingesehen, wie zunehmende Ungerechtigkeit die Gesellschaft verroht und undemokratische Haltungen befördert. Armut ist unsichtbar, diese Erkenntnis ist wichtiger denn je.

Wir von der Linken wünschen uns, dass sich die demokratischen Kräfte im Gemeinderat für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Nur so verhindern wir Unfrieden, Hass, Diskriminierung und ein Abdriften der Gesellschaft in menschenfeindliche und undemokratische Verhältnisse.

Sabine Zürn, 15.11.2016 – Es gilt das gesprochene Wort


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