Vierordtstraße in Palmbach – Ehrung eines Kriegshetzers – Die Stadt ändert den Namenspaten

13. Juli 2017  Allgemein, Anfragen, Berichte

Antwort der Stadtverwaltung auf unsere Anfrage: 1. Ist der Stadtverwaltung das Gedicht „Deutschland, hasse!“ von Heinrich Vierordt bekannt, das dieser als „Kriegsruf“ im November 1914 veröffentlichte? (das Gedicht ist der Anfrage als Anlage beigefügt)

2. Sind der Stadt folgende Aussagen von prominenten Zeitgenossen des Hofrates Vierordt zu Gedicht und Autor bekannt:


a) Romain Rolland: Vierordt gehöre zu den „lächerlichen Sängern des germanischen Chauvinismus“ und den „verbrecherischen Dichtern, die durch verlogene Berichte zum Hass anstacheln“.
b) Josef Luitpold Stern: Das Gedicht sei ein Beispiel dafür, dass „der geistige Land-sturm im Augenblick zur Stelle gewesen“ und die deutschen Lyriker „plötzlich Hasser geworden“ seien
c) Helene Stöcker bezeichnete die „blutrünstigen Verse eines Hofrates Vierordt“ als „abschreckendes Beispiel“ …. Was soll man zu so einer Benebelung durch den Blutrausch noch sagen?“

3. Ist der Stadt bekannt, dass der Dichter Heinrich Vierordt Adolf Hitler u. a. folgende Zeilen widmete: „Du bist mehr als König und Kaiser, Du bist es Volkes Festzusammenschweißer“?

Der Stadtverwaltung liegt das Schreiben des Dr. Johannes Werner vor. Er hat dem Schreiben seinen Zeitungsartikel zu Heinrich Vierordt aus der „Badischen Heimat“, Ausgabe 01/2017, sowie den Kriegsruf „Deutschland, hasse!“ beigefügt. Die dort enthaltenen Aussagen prominenter Zeitgenossen Vierordts sowie seine eigene Aussage zu Adolf Hitler sind der Stadtverwaltung damit bekannt.

4. Hält es die Stadt in Anbetracht dieser Informationen noch für angebracht, dass dem Namen Heinrich Vierordt mit der Straßenbenennung in Palmbach weiterhin ein ehrendes Angedenken gewährt wird?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, was wird die Stadt in Bezug auf die Vierordtstraße in Palmbach unternehmen, deren Namensbezeichnung derzeit noch eine Ehrung für einen dichtenden chauvinistischen Kriegshetzer darstellt?

Angesichts der Aussagen Vierordts sieht die Stadtverwaltung die Tatsache, dass nach ihm eine Straße benannt ist, aus heutiger Sicht als unannehmbar an. Im Hinblick auf die rund 100 An-wohner der Vierordtstraße wird die Verwaltung dem Gemeinderat den Vorschlag unterbreiten, den Namenspaten der Straße zu ändern. Der gleichnamige Großvater des Dichters war ein Karlsruher Bankier und Wohltäter, der der Stadt Karlsruhe und verschiedenen Wohlfahrtseinrichtungen Geld spendete, und der sich damit für die Ehrung durch einen Straßennamen eignet.

5. Hält die Stadt Folgendes für angemessen? Auf dem Friedhof in Palmbach steht eine sog. Dichterbank in Erinnerung an Heinrich Vierordt. Die Inschrift darauf ist ein Geistesprodukt des dichtenden Hofrats: „Was knochig kernhaft erdenstark – das sprießt aus deutschem Bauernmark.“

Die Bank zu Ehren Vierordts wurde 1925 zusammen mit einem Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs vor dem Pfarrhaus aufgestellt. Beide Denkmäler wurden 1961 auf den Friedhof versetzt. Zusammen mit einem benachbarten Gefallenendenkmal (Erster Weltkrieg), einer Buntsandsteinmauer mit Treppenanlage sowie Gedenktafeln ist es Sachgesamtheit als Kulturdenkmal eingetragen.

6. Hält die Stadt diese Dichterbank für ein Objekt zeitgemäßer Erinnerungskultur?
Wenn ja, warum?

Nein, denn es handelt sich nicht um ein Objekt heutiger „zeitgemäßer“ Erinnerungskultur, sondern um ein Objekt der Erinnerungskultur der 1920er-Jahre, das die damalige Verehrung in Palmbach für den Dichter ausdrückt.

Wenn nein, was wird die Stadt in Bezug auf die Dichterbank des Hofrates Heinrich Vierordt unternehmen?

In Absprache mit der Denkmalpflege wird eine Kommentierung vorgenommen werden.

 

Stadt Karlsruhe
Der Oberbürgermeister, 27.06.2017


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