Gerichtsverfahren gegen zivilgesellschaftlichen Protest – Brief von GRÜNEN, KULT und LINKEN an OB Mentrup

19. November 2015  Allgemein, Position

Verfahren wegen der Teilnahme an Protesten gegen Widerstand Karlsruhe bzw. Kargida

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Mentrup,

infolge der Teilnahme an Protesten gegen Widerstand Karlsruhe beziehungsweise Kargida sehen sich laut Netzwerk gegen Rechts mittlerweile ca. 100 BürgerInnen mit Bußgeldbescheiden, Gebührenbescheiden, Ermittlungen und Strafverfahren konfrontiert. Es ist der Eindruck entstanden, dass sowohl die Staatsanwaltschaft Karlsruhe und das Polizeipräsidium Karlsruhe, als auch das städtische Ordnungsamt
selbst geringfügige Verstöße ahnden will.


Es handelt sich vielfach um die Verfolgung von Bagatellen. So halten wir z. B. die Erhebung von „Wegtragegebühren“ und Bußgelder bei friedlichen Sitzblockaden für verzichtbar. Eine Gruppe von BürgerInnen, die sich am 31.3.2015 in der Amalienstraße friedlich auf den Boden gesetzt hatten, um ein Zeichen gegen rassistische und fremdenfeindliche Aufmärsche zu setzen, wurden noch nach Ende der Kargida-Versammlung für zwei Stunden in die Gefangenensammelstelle in der Moltkestraße gebracht und erkennungsdienstlich behandelt. Unseren Informationen nach, gibt es dafür keine rechtliche Grundlage. Darüber hinaus sollen sie jetzt Bußgelder und Wegtragegebühren bezahlen. In anderen Städten wurde auf eine solche „Ahndung“ von
zivilgesellschaftlichem antirassistischen Prostest verzichtet.
Bei vielen dieser Verfahren steht den verfolgenden Behörden ein Ermessensspielraum zur Verfügung, den Vorfall wegen Geringfügigkeit nicht zu verfolgen.
Solche Verfahren können geeignet sein, BürgerInnen einzuschüchtern und von der Teilnahme an friedlichen Protestaktionen gegen rassistische Gruppierungen wie Widerstand Karlsruhe abzuhalten. Gerade von Seiten des städtischen Ordnungsamtes, aber auch von den anderen Behörden, wünschen wir uns, dass keine Maßnahmen getroffen werden, die BürgerInnen von der Teilnahme an zivilgesellschaftlichem Engagement gegen rassistische Demonstrationen abschrecken.
Als tolerante, vielfältige und weltoffene Stadt, sollte Karlsruhe aus unserer Sicht diejenigen Menschen unterstützen, die sich für eben diese Werte einsetzen und mit ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement dafür sorgen, dass sich in Karlsruhe alle Menschen, egal welcher Religion oder Hautfarbe, angstfrei bewegen können und Flüchtlinge ohne diskriminierende Ressentiments aufgenommen werden.
In diesem Sinne möchten wir Sie bitten, sich im Namen der Stadt bei Polizeipräsidium,
Staatsanwaltschaft und Ordnungsamt dafür einzusetzen, mögliche Ermessensspielräume zugunsten von antirassistischem zivilgesellschaftlichem Engagement der Bevölkerung auszuschöpfen und die laufenden Verfahren soweit möglich einzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Joschua Konrad, Daniela Reiff (GRÜNE)
Erik Wohlfeil, Max Braun (KULT)
Sabine Zürn, Niko Fostiropoulos (LINKE)


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