Soziale Gerechtigkeit, Verarmung und Gewaltbereitschaft – Haushaltsrede von Sabine Zürn

27. September 2018  Allgemein, Position, Rede

DIE LINKE im Karlsruher Gemeinderat geht in die Beratungen zum Doppelhaushalt vor allem mit  einem Anliegen:

Wir wollen, dass mehr kommunale Gelder für die Stärkung und Förderung des friedlichen Zusammenlebens in der Stadt eingesetzt werden. Konkret unterstützen wir Maßnahmen, die zu mehr sozialer Gerechtigkeit in Karlsruhe beitragen und das zunehmende Problem von Verarmung einerseits und Gewaltbereitschaft andererseits anpacken.

Der Hintergrund dieser Schwerpunktsetzung ist, dass die Aufkündigung von gesellschaftlicher Solidarität und die Abkehr von der Demokratie im Moment große Gefahren darstellen. Autoritäre und menschenverachtende Politik ist in Europa und darüber hinaus erstarkt. Das ist hier heute bereits Thema gewesen und ich freue mich, dass demokratische Parteien in der Ablehnung dieser Politik auch in diesem Haus zusammen stehen.

In meinem Beitrag werde ich auf das Problem der sozialen Spaltung eingehen und anschließend den kommunalen Haushalt dazu in Beziehung setzen. An den Themen Wohnungspolitik und Bekämpfung von Gewalt möchte ich anschließend die Grundüberlegungen der Linken zum Doppelhaushalt erläutern.  

In welcher Weise die soziale Spaltung der Gesellschaft die Demokratie bedroht, zeigt der fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung, ist dort zu lesen, besitzt gerade mal ein Prozent des Nettogesamtvermögens! Viele Menschen haben nur noch „Negativvermögen“, das heißt Schulden, die sie nie mehr loswerden.

Der Politikwissenschaftler Professor Christoph Butterwegge formuliert es so: Über 40 Millionen Menschen in Deutschland sind nur eine Kündigung oder eine schwere Krankheit von der Armut entfernt. Andere sind trotz Arbeit arm, spätestens im Alter. Das betrifft vor allem Frauen, denen nach wie vor der Hauptanteil der Sorge- Erziehungs- und Hausarbeit aufgebürdet wird. Aber auch andere Berufsgruppen befinden sich in regelrechten Notlagen, zum Beispiel Post- und Paketdienst-Beschäftigte.

Professor Butterwegge nennt drei Gründe, weshalb soziale Ungleichheit gefährlich ist und Demokratieabbau und Rassismus befördert: Erstens ziehen sich Arme, Abgehängte und Ausgegrenzte aus dem öffentlichen Raum zurück und beteiligen sich weniger an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen. Sie sind nicht nur politisch und materiell ins Abseits gedrängt, sondern leben auch in den Städten zunehmend in Stadtteilen, in denen Sanierung und Entwicklung auf sich warten lassen. Die Ausgrenzung – politisch, sozial und räumlich – ist also eine dreifache und lässt das Gefühl entstehen, „fremd im eigenen Land“ zu sein. Angehörige der Mittelschicht hingegen fürchten den sozialen Abstieg. In der Spaltung der Gesellschaft werden schließlich Arbeitsmigrant_innen Geflüchtete, Muslime – es können aber auch andere sein, die Geschichte zeigt es – zu Sündenböcken für die Zunahme von sozialer Ungleichheit gemacht.

Die politische Partizipation der Wohlhabenden und Reichen dagegen funktioniert laut Professor Butterwegge ganz gut. Auf die Gesamtbevölkerung bezogen haben wir es allerdings mit einer Repräsentationskrise der Demokratie zu tun. Viele fühlen sich ohnmächtig und rufen nach mehr Autorität des Staates. Ausdruck dieser Gefühlslage ist bekanntlich der Erfolg der AfD. Sie befeuert und fördert die Demokratieverdrossenheit, indem sie andere Parteien als vermeintlich unfähige „links-grün-versiffte“ „System“- oder „Alt-„Parteien abzuwerten versucht.

Laut Professor Butterwegge ist das beste Mittel gegen Rechtspopulismus eine gute Sozialpolitik. Wir Linke wollen deshalb auf allen Ebenen, auch mit Hilfe des kommunalen Haushalts, diese gute Sozialpolitik befördern.

 

Zum Thema Haushalt und Haushaltskürzungen

In der Karlsruher Öffentlichkeit ist wieder einmal ein seltsames Bild von kommunalen Finanzen entstanden: Von „sprudelnden“ Steuereinnahmen war in den letzten Wochen die Rede, die wie ein Naturereignis über Karlsruhe hereingeflossen zu sein scheinen. Ebenso schnell können sie – mahnt die Finanzbürgermeisterin – wieder versiegen. Kommunale Finanzen ähneln überhaupt einem unergründliches Strömungsgebiet: In Karlsruhe zum Beispiel zum Beispiel versickert die Hälfte der möglichen Investitionen sogleich im Untergrund … oder ergießt sich in ober- und unterirdische Leuchttürme.

Tatsächlich ist unter den heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der kommunale Haushalt eine wenig zuverlässige Größe. Das müsste nicht sein. Mit einer Reform der Grundsteuer und mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer könnten die kommunalen Einnahmen um Vieles verlässlicher werden. Würden zudem Bund und Land die Kommune nicht nur mit Aufgaben überschütten, sondern auch mit den zu ihrer Ausführung notwendigen finanziellen Mittel, könnten Haushaltsberatungen auf einer soliden Grundlage erfolgen.

Wäre es nicht überhaupt schön, wenn der kommunale Haushalt so verlässlich wäre wie die Arbeit der Beschäftigten in der Stadt? Die ihre Arbeit tun in Ämtern, auf Baustellen, in Einkaufszentren und in Krankenhäusern. Viele haben in den letzten Jahren Arbeitsverdichtung, Verdienstverluste oder prekäre Arbeitsverhältnisse in Kauf nehmen müssen. Mancher Sparvorschlag in der öffentlichen Verwaltung hat den Weg der Beschäftigten in den Burnout beschleunigt. Viele Einrichtungen der Stadt haben, trotz steigender Einwohner_innen oder -klient_innenzahlen, stagnierende oder sinkende Zuschüsse der Kommune erhalten. DIE LINKE ist auch in diesem Jahr der Meinung, dass dieses nicht hätte sein dürfen und nicht wieder geschehen soll.

Wo also Einrichtungen und Beschäftigte tarifgerechte Entlohnung, Anpassung der Bezahlung oder gesunderhaltende Arbeitsbedingungen fordern, unterstützen wir sie darin. Das kommt auch darin zum Ausdruck, dass wir entsprechenden Forderungen von AWO über Verein für Jugendhilfe bis zum SkF mit Anträgen zur Geltung verhelfen wollen. Die Anregungen des Gesamtpersonalrats der Stadt Karlsruhe enthalten unseres Erachtens auch zahlreiche wichtige Hinweise, wie der Arbeitgeber Stadt für jetzige und zukünftige Beschäftigte attraktiv sein kann.

Der Schwerpunkt bei unseren Anträgen liegt darin, die Kürzungen in den Bereichen Soziales und Kultur zurückzunehmen. Wir unterstützen auch die Anträge, die von Einrichtungen und Initiativen kamen. Aus unserer Sicht sind sie wie auch in der Vergangenheit höchst berechtigt.

Kleine und große Kulturinitiativen erfüllen in Karlsruhe die wichtigen Aufgaben, Begegnung von Menschen möglich zu machen, Genuss und Herausforderung für Geist und Seele zu bieten und auf Blicke über den eigenen Horizont möglich zu machen. Keine der Initiativen in Karlsruhe ist dabei „zu klein“ oder überflüssig oder ähnlich anderswo schon vorhanden: Die Kulturprojekte –und Angebote wurzeln oft auch im Stadtteil und sind dort unverzichtbares, meist einmaliges Kommunikationsangebot.

Die Linke im Karlsruher Gemeinderat will, dass Menschen mit weniger Geld mehr Teilhabe am öffentlichen Leben möglich wird. Daher fordern wir zum Beispiel, dass mehr Kinder und Erwachsene den Karlsruher Pass und den Kinderpass und damit verbundene Angebote in Anspruch nehmen können. Dass im Fächerbad die Jahreskarte „früh“ wieder eingeführt wird. Dass Verbraucher- und Schuldnerberatung ihre gute Arbeit schnell und umfassend tun können und Entgelterhöhungen zum Beispiel bei der Stadtbibliothek zurück genommen werden.

Dass eine Stadt friedlicher ist, die Diskriminierung bekämpft, leuchtet sicher allen ein. Wo für diese Aufgabe Antidiskriminierungsstellen eingerichtet werden, nimmt die Bevölkerung sie mit wachsender Bekanntheit der Einrichtung gut an. Diskriminierungserfahrungen machen leider sehr viele Menschen, sei es aufgrund einer Behinderung oder der Lebensweise, sei es aufgrund der Hautfarbe, des Alters oder des Geschlechts. Die Linke in Karlsruhe setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass die Karlsruher Antidiskriminierungsstelle mit ihrer engagierten Fachkraft eine gute und gesicherte Finanzierung und Ausstattung erhält.  

 

Thema WOHNEN

Wie sehr der soziale Frieden bzw. Unfrieden und die Wohnungsfrage zusammenhängen, ist in diesen Tagen Thema der ganz großen Politik. Auch meine Vorredner_innen haben den Zusammenhang zwischen der Wohnpolitik von Bundes-, Landes und kommunaler Ebene betont. Das finde ich gut und werde darum diesen Aspekt in meinem Beitrag vernachlässigen.

Wichtig ist mir, ganz deutlich zu benennen, dass und wie zerstörerische Politik mit der Wohnungsfrage auch in Karlsruhe betrieben wird. „Für wen baut Karlsruhe Wohnungen?“ fragen die AfD-Stadträte auf ihrer Webseite und antworten selbst in etwa so: Eigentlich sind die Deutschen zufrieden mit ihrem Wohnraum,  gebaut würde für vermeintlich Tausende zuziehender „Ausländer“. Und von denen, vermutet Stadtrat Dr. Schmidt, würden viele Sozialhilfe beanspruchen. Die Argumentation der AfD im Karlsruher Gemeinderat lässt sich auf folgende Losung reduzieren: „Die Ausländer sind an allem schuld“. Findet in Zukunft der Enkel keine Wohnung, reicht die Rente nicht oder geht durch einen Neubau der Blick ins Grüne verloren – alles die Schuld von Ausländern.

Weisen wir solche Argumentationen heute und in Zukunft gemeinsam zurück! Die Menschenrechte bleiben auf der Strecke, wenn wie hier die soziale Frage rassistisch beantwortet wird. Gerade in der jungen Stadt Karlsruhe, die von Anfang an eine multiethnische und –kulturelle Einwohnerschaft hatte, die eine Grenzstadt ist, in der Menschen aus aller Welt zuhause oder zu Besuch, zum Studium oder „eingeheiratet“ sind, darf Neid und Hass gegen den (ausländischen Nachbarn) keinen Raum haben.

Ich bin deshalb etwas ausführlicher auf diese nationale Verschiebung der Wohnungsfrage eingegangen, weil rassistisches und nationalistisches Denken durch die Not und den Stillstand in der Wohnungsfrage Nahrung erhalten haben. Nur ein Umdenken in der Wohnungspolitik hin zu den Interessen der einfachen Menschen, die ein Recht auf ein schönes und sicheres Zuhause haben, kann und muss jetzt und hier Abhilfe schaffen.

Da von einem aus unserer Sicht interessanten neuen Ansatz des Umgangs mit städtischen Flächen noch nicht die Rede war, möchte ich das Modell „sozialgerechte Bodennutzung Münster“ als nachahmenswert nennen: Danach bekommt in Münster künftig nur noch derjenige ein Grundstück von der Stadt, der die niedrigsten Startmieten bietet. Baurecht für Mehrfamilienhäuser gibt es zudem nur für denjenigen, der sein Grundstück zur Hälfte an die Stadt verkauft. Verkauft werden die Grundstücke nicht nach dem Höchstgebot. Es bekommt derjenige das Baugrundstück, der vorher schriftlich zusagt, das Grundstück für die niedrigste Startmiete anzubieten. Der Stadtrat von Münster hat dieses einstimmig beschlossen.

Dass, wie jüngst in der BNN zu lesen war,  in Karlsruhe mit Elan und Empathie vordringlich Bauplätze für neue Hotels gesucht werden, zeigt, dass ein Umdenken noch nicht eingesetzt hat. Es stellt sich die Frage, wo die – wahrscheinlich in Teilzeit und mit Mindestlohn arbeitenden – die Beschäftigten dieser Hotels eigentlich selbst Wohnraum finden? Sollen sie frühmorgens aus dem Umland herpendeln (am besten mit dem Auto), damit die Hotelgäste abends noch die Karlsruher Gastronomie genießen können? Für viele Menschen mit geringem Einkommen gilt, dass sie in Karlsruhe keine Wohnung mehr bezahlen können. Das heißt auch, dass viele längere Wege in Kauf nehmen müssen. Für Familien, vor allem Alleinerziehende, kann das alltäglich ein zeitraubendes Herumfahren zwischen Schule, Kindergarten, Arbeitsplatz, Einkaufsmöglichkeit oder Arztbesuch bedeuten.

Bezahlbarer Wohnraum ist das eine, die Frage nach der Qualität des Wohnens eine weitere wichtige Dimension zukünftiger Stadtentwicklung. Sozial- und umweltverträgliches Wohnen ist hier das Stichwort. Die heutige Großstadt hat einige große Probleme: Eines heißt Einsamkeit oder soziale Isolation von Menschen.  Ein anderes heißt begrenzter Raum.

In vielen europäischen Ländern, allen voran Dänemark oder Schweden, wird gemeinschaftsorientiertes Wohnen seit Jahrzehnten erprobt, verbessert und von vielen gelebt. In Deutschland finden sich glücklicherweise auch zunehmend nicht-profitorientierte, gemeinwohlorientierte Wohnungsprojekte und -unternehmen, zum Beispiel Genossenschaften.

 

Auch in Karlsruhe kann man an zwei, drei Modellen sehen, wie Menschen sich Fläche und Ressourcen teilen, wie sie ökologische und soziale Ideen leben und wie sie füreinander da sind. Dass die Stadtplanung in Karlsruhe solche Initiativen wichtig findet und unterstützt, glauben wir gern. In der Realität aber fehlt es dazu eindeutig an Kapazitäten. In „ Boomtown Karlsruhe“ fließt die Arbeit der Planer_innen in viele, zum Teil große und teure Bauvorhaben. Da fehlen Zeit und Energie für die Entwicklung „kleiner und feiner“ städtischer Quartiere, in denen nach sozialen und ökologischen Aspekten gebaut, gewohnt gelebt und experimentiert wird. Zahlreiche Initiativen haben in Karlsruhe in der Vergangenheit aufgegeben.

 

Aktuell ist wieder mindestens eine Initiative in Karlsruhe bereit, ein Modell nachhaltigen und nachbarschaftlichen Wohnens zu verwirklichen. Wir wollen, dass sie in Karlsruhe konkrete Angebote bekommen sowie Fachberatung und Begleitung im Prozess der Umsetzung. Auch wollen wir, dass die Möglichkeiten für sozial- und umweltverträgliches Wohnen in Karlsruhe insgesamt ausgelotet und verbessert werden.

 

Ohne personellen und finanziellen Einsatz wird das aus unserer Sicht nicht möglich sein. Daher beantragen wir eine Projektstelle beim Stadtplanungsamt. Sie soll – zunächst für zwei Jahre – die Ausgangsbedingungen bzw. Chancen für sozial- umweltverträgliches Wohnen prüfen und sichtbar machen. Dazu sollen Bauvorhaben und Flächen auf ihre Eignung für Projekte geprüft und Vorbilder aus anderen Städten („best practice“) gesammelt und ausgewertet werden. Aufgabe der Projektstelle wäre weiterhin, Wohninitiativen zu beraten, zu unterstützen und zu begleiten. Die verschiedenen Aspekte nachhaltigen Wohnens sollen zusammengetragen und in die Karlsruher Wohnungspolitik integriert werden. Dazu gehört die Vernetzung mit der von der Volkswohnung angebotenen Beratung für alternative Lebensmodelle im Alter.

 

Mit dieser Projektstelle könnte sich die Stadt Karlsruhe auch auf dem Gebiet des umwelt- und sozialverträglichen Zusammenlebens etwas modernisieren.

 

GEWALTPRÄVENTION

Soziale Gerechtigkeit ist das einzige, was gegen eine Verrohung der Gesellschaft und die Zunahme verschiedener Formen von Gewalt hilft. Die an den Gemeinderat gerichteten Anträge in Karlsruhe rücken in diesem Zusammenhang ein weiteres Thema in den Fokus: Verschiedene Formen von Gewalt und Aggression, seien es Pöbeleien auf der Straße, gewalttätige Fußballfans, Attacken gegen Flüchtlinge oder Gewalt gegen Frauen und Kinder im sozialen Nahbereich. Vom Verein zum Schutz misshandelter Frauen, der zusätzliches Personal benötigt, über den Verein für Jugendhilfe, der die Arbeit mit Gewalttätern und Gewalttäterinnen verstärken will, bis zu Einrichtungen, die Menschen auf der Straße oder in Strafanstalten betreuen (wollen): Sie zeigen auf, dass für die Prävention von Gewalt noch nicht einmal das Nötigste getan wird. Wo ist das Konzept, das verschiedene Formen von Gewalt auf zugrunde liegende Haltungen oder gesellschaftliche Ursachen untersucht, wo sind die Maßnahmen gegen gewalttätiges Verhalten oder Gewaltbereitschaft?

Nicht von ungefähr haben die vierhundert kommunalen Frauenbeauftragten und Fachfrauen, die sich vor zwei Wochen in Rheinstetten getroffen haben, Gewalt gegen Frauen als ein massives gesellschaftliches Problem benannt und politisches Handeln auf allen Ebenen gefordert. Fast jeden Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-) Partner ermordet. Fälle, in denen der Täter ein Flüchtling ist und das Opfer eine Deutsche, werden für rassistische Politik instrumentalisiert. Die Frauenbeauftragten aber fordern zu Recht Prävention, die ein gesamtgesellschaftliches Klima der Gewaltbereitschaft und Aggressivität bekämpft.

Auch auf kommunaler Ebene ist viel zu tun, siehe die vorliegenden Anträge. Weitere Aufgaben werden – endlich – gemäß der Istanbuler Konvention, die die Bekämpfung geschlechtsbezogener Gewalt gesetzlich fordert – auch auf Karlsruhe zukommen. Hierfür sind finanzielle Mittel einzuplanen.

Ein Umdenken ist notwendig. Dazu gehört auch, bei so genannte Beziehungstaten Täter und Opfer zu benennen und nicht als „Familiendrama“ zu verharmlosen. Dazu gehört auch, differenzierte Kriminalstatistiken zu erstellen und ebenso differenzierte Kriminalitätsbekämpfung zu betreiben. Die Ursachen der Gewaltbereitschaft – und ausübung müssen in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Dazu gehört auch, eine Sprache zu hinterfragen, in der „schwul“ immer noch das beliebteste Schimpfwort ist.

Aus meiner Sicht würde eine Analyse gesellschaftlicher Formen von Gewalt ergeben, dass es bei aller Verschiedenheit auch gemeinsame Ursachen gibt: Zum einen die gesellschaftliche verbreitete Unfähigkeit, Konflikte „gewaltfrei“ zu lösen und zum anderen, dass man gern andere für seine Probleme verantwortlich macht. Gewalt wird ausgeübt gegen gesellschaftliche Gruppen, die man abwertet und denen man die Schuld an verschiedenen Miseren unterstellt. Für uns ist Prävention eine wichtige kommunale Aufgabe, die ab sofort mit neuer Ernsthaftigkeit angepackt werden sollte. Das soll auch an den Haushaltsentscheidungen erkennbar sein.

STADION

Ich komme zum Schluss. Um das Thema KSC-Stadion aber komme auch ich nicht herum. Die Linke wird weiterhin dagegen stimmen, ein Stadion für den Profi-Fussball aus Steuermitteln zu finanzieren. Es ist aus unserer Sicht immer weniger vertretbar, den Stadionbau voranzutreiben, wohl wissend, dass Großbauprojekte heutzutage weit teurer werden als geplant. Das schafft unausweichliche finanzielle Zwänge für kommunale Haushalte.

Schließen möchte ich meine Rede zum Doppelhaushalt mit einer auch ganz persönlichen Forderung. Als Anwohnerin des Hardtwalds sehe ich bei Fußballspielen viele nette Menschen, alte und junge, viele Männer und manche Frauen, friedlich zum Stadion spazieren. Zu späterer Stunde aber höre ich Hubschrauber und Polizeisirenen und lese am nächsten Tag in der Zeitung, wie gewalttätige Fans das Spiel, die Polizei und die Bewohner_innen der Stadt mit aggressivem Verhalten gefährdet und immense Kosten verursacht haben.

Ein neues Fußballstadion muss daher ein „Hochsicherheits-Stadion“ sein, hat man uns informiert. Fanströme müssen auf verschiedenen Brücken aneinander vorbei geführt und der Wald kontrolliert werden, damit es keine oder weniger Tote und Verletzte gibt und andere Maßnahmen mehr. Das Stadion bekommt so etwas von einem Monument der Hasskultur im Fußball.

Die Linke im Karlsruher Gemeinderat ist dafür, stattdessen in soziale Gerechtigkeit und in Wege zu einem friedlicheren Miteinander zu investieren. Vielen Dank

Es gilt das gesprochene Wort.

Sabine Zürn

  1. September 2018


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