Wohnungsnot in Karlsruhe vorprogrammiert? – Prognose 2015 bis 2030: Fehlbedarf von 20.000 Wohneinheiten am Karlsruher Wohnungsmarkt

21. Februar 2018  Allgemein, Anfragen, Position, Presseecho

Die Anwort der Stadt auf unsere Anfrage zu Bestand und Bedarf erschwinglicher Mietwohnungen ergibt aus unserer Sicht: Mittel- und längerfristig scheint ohne massive Gegenmaßnahmen die Wohnungsnot bzw. das Mietdesaster für alle in Karlsruhe, die nicht zu den Besserverdienenden gehören, vorprogrammiert.

Unsere Fragen und die Antworten der Stadt:

 

1. Wie hoch war die Anzahl preisgebundener Mietwohnungen in Karlsruhe in den Jahren 1990, 2000, 2010 und 2017?
2. Wie hoch war der prozentuale Anteil preisgebundener Mietwohnungen am Karlsruher Wohnungsmarkt je in diesen Jahren?
Einen Überblick über den Bestand der preisgebundenen Mietwohnungen in Karlsruhe geben die Werte in nachfolgender Tabelle:

Entwicklung des Bestands an Sozialmietwohnungen in Karlsruhe

Jahr     Sozialmietwohnungen   Anteil aller Mietwohnungen  Anteil an allen Wohnungen

1990        11.930                               12,1%                                      9,3%

2000        10.332                               9,4%                                        7,3%

2010        5.648                                 5,4%                                        3,9%

 

3. Wie sieht die Prognose in Bezug auf den Bestand preisgebundener Mietwohnungen in Karlsruhe bis 2030 aus?
In Anbetracht der heute bekannten und gesicherten Zahlen werden für das Jahr 2030 rund 2.900 preisgebundene Mietwohnungen prognostiziert. Dabei ist die Anzahl an Wohnungen, die von 2018 bis 2030 noch für eine Förderung beantragt werden, nicht bezifferbar und daher nicht berücksichtigt. Über diese Zahlen kann keine valide Aussage getroffen werden.

4. Wie hoch war der Quadratmetermietpreis einer mietpreisgebundenen Wohnung im Durchschnitt in Karlsruhe im Jahr 1990, im Jahr 2000 und wie hoch ist er heute?
Angaben zu durchschnittlichen Quadratmetermietpreisen der Sozialmietwohnungen im Stadtgebiet liegen der Verwaltung nicht vor. Zur Orientierung dienen alternativ Angaben zu den Durchschnittsmieten öffentlich geförderter Wohnungen der VOLKSWOHNUNG:

Jahr                                Durchschnittsmiete in EURO pro qm

1990                                       2,35 EURO

2000                                       3,75 EURO

2017                                       5,44 EURO

 

5. Wie sieht die Stadt diese Preisentwicklung angesichts der wachsenden Zahl von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit geringem Einkommen?
Die Preisentwicklung bei Sozialmietwohnungen kann nicht losgelöst von der allgemeinen Preisentwicklung am Wohnungsmarkt gesehen werden. Die 2012 und 2016 für die Erstellung des Karlsruher Mietspiegels durchgeführten Erhebungen von Wohnungsmieten haben ergeben, dass Karlsruhe im Vergleich zu anderen baden-württembergischen Großstädten noch über ein vergleichsweise moderates ortsübliches Mietpreisniveau verfügt. Der ortsübliche durchschnittliche Nettokaltmietpreis pro m² und Monat lag 2016 in Karlsruhe bei 7,32 Euro, vier Jahre zuvor bei 6,78 Euro (2012). Dies entspricht einer durchschnittlichen Preissteigerung der ortsüblichen Nettokaltmiete für nicht preisgebundene Mietwohnungen in Karlsruhe von 8,0 % in vier Jahren beziehungsweise 1,95 % pro Jahr für den Zeitraum 2012 bis 2016.

Mieten von Wohnungen, die in der Vergangenheit im Rahmen des sogenannten ersten und zweiten Förderwegs langfristig gebunden wurden, sind gesetzlich gedeckelt. Durch die Satzung über die Höhe der zulässigen Miete für geförderten Wohnungen vom 16.12.2014 hat die Stadt Karlsruhe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Mieten für die genannten Wohnungen über das gesetzliche Mindestmaß hinaus an die zuvor geltende Kostenmiete anzupassen, indem bei vielen Objekten ein Abschlag von der ortsüblichen Miete von mehr als 10 % und bis zu 30 % festgesetzt wurde.

Bei allen anderen geförderten Wohnungen gibt es Mietobergrenzen, die in den jeweiligen Förderprogrammen des Landes geregelt sind. Das derzeit aktuelle Landesprogramm sieht einen Abschlag von 33 % gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete für die gesamte Bindungszeit vor.

6. Von welchem gegenwärtigen Fehlbedarf an erschwinglichen (inklusive mietpreisge-bundener) Wohnungen geht die Stadt derzeit aus – und wie wird sich der Fehlbedarf nach Einschätzung der Stadt bis 2030 entwickeln?
Erschwingliche Wohnungsmieten sind ein generelles Anliegen von Mieterhaushalten, und der Begriff „erschwinglich“ ist je nach den individuellen finanziellen Möglichkeiten eines Haushal-tes sehr dehnbar. Zur Zahl der Haushalte, die nur über ein geringes Budget verfügen und deshalb auf eine preiswerte(re) Wohnung angewiesen sind, liegen keine validen Angaben vor. Auch gibt es keine fundierten Zahlen darüber, wer bereits in einer preislich passenden Wohnung lebt und wie groß demgegenüber der Fehlbedarf ist. Hierzu gibt es lediglich Anhaltspunkte.

2016 waren bei der Volkswohnung insgesamt 5.036 Wohnungssuchende registriert, wobei nicht alle Registrierten Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein zum Bezug einer preis-gebundenen Wohnung besaßen. In 2.407 Fällen erhielten Karlsruher Haushalte einen Wohngeldzuschuss zu ihrer Miete; im Schnitt betrug der Wohngeldzuschuss 175 Euro pro Haushalt im Monat. Von den Wohngeldbeziehenden entfiel mit 34,7 % rund ein Drittel auf Beschäftigte (855 Personen); 42,7 % waren Haushalte, die bereits Rente bezogen, 9,8 % Studierende und Auszubildende, 5,9 % Arbeitslose, 1,7 % Selbständige und 5,1 % sonstige Fälle. Sowohl die Zahl der gemeldeten Wohnungssuchenden als auch die Zahl der Wohngeldempfängerhaushalte bieten also lediglich eine gewisse Orientierung.

Insgesamt wurde 2015 für den Karlsruher Wohnungsmarkt für Eigentümer oder Mieter ein Fehlbedarf von ca. 20.000 Wohneinheiten für den Berechnungszeitraum 2015 – 2030 festgestellt. Wie viele mietpreisgebundene Wohneinheiten darunter fehlen, kann nicht valide berechnet werden.

7. Wie beurteilt die Stadt Forderungen nach einer Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus (mit dauerhaften sozialen Mieten) vor allem in Ballungsgebieten?
Dieser Forderung steht die Stadt Karlsruhe aufgeschlossen gegenüber und verhält sich auch dementsprechend. Im Rahmen des Karlsruher Wohnraumförderungsprogramm (KaWoF) wurden für die Förderung von 861 Wohnungen mit einer Wohnfläche von ca. 60.000 m² städtische Mittel von 13 Millionen Euro bereitgestellt. Auf diese Weise konnten Darlehen des Landes von über 93 Millionen Euro und mehr als 10 Millionen Euro Landeszuschüsse für den Karlsruher Wohnungsbau generiert werden.

Stadt Karlsruhe
Der Oberbürgermeister, 20.02.2018

 

 

PRESSE-ECHO:

Erschwingliche Wohnungen

Die geringe Zahl erschwinglicher Wohnungen bei Zuzug und steigenden Mieten beschäftigte Niko Fostiropoulos und Sabine Zürn (Die Linke). Waren es 1990 noch rund 11.900 geförderte Wohnungen mit Preisbindung, gab es 2016 nur noch 3.600, erfuhren sie auf Anfrage. Der Fehlbedarf bis 2030 lasse sich schwer schätzen, da zu Haushalten mit geringem Budget keine zuverlässigen Angaben vorlägen. Insgesamt fehlten auf dem Karlsruher Wohnungsmarkt bis 2030 jedoch 20.000 Wohneinheiten.

Aus: Stadtzeitung, 23.02.18


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