Kombilösung – Städtischer Eigenanteil von 79,5 Mio auf derzeit 367 Mio gestiegen

21. Juni 2016  Allgemein, Anfragen, Position, Presseecho

Die Antwort der Stadt auf unsere Anfrage macht es klar. Als die BürgerInnen 2002 über die Kombilösung abgestimmt haben, hat man ihnen gesagt, das wird die Stadt 79,5 Mio kosten. Heute sind es 367 Mio. Hätten 2002 die BürgerInnen in der Mehrheit für eine Kombilösung gestimmt, die die Stadt und damit die Bürgerschaft selbst, so viel kostet? Wachsamkeit ist angemessen. Dass die BürgerInnen nicht auch für dieses Prestigeprojekt mal hart zur Kasse gebeten werden sollen. (d.e.)

STELLUNGNAHME der Stadt zu unserer Anfrage:

1. Welche Summe wurde 2002 (kurz vor dem Kombi-Lösungs-Bürgerentscheid im September 2002) von der Stadt als Eigenanteil an den Kosten der Kombilösung angegeben?

Im Vorfeld zum Bürgerentscheid im September 2002 betrug die Förderquote für ÖPNV-Vorhaben noch insgesamt bis zu 85% der förderfähigen Kosten. Bei den damals angenommenen Gesamtbaukosten in Höhe von rund 530 Mio. Euro wurde der verbleibende 15%-Anteil überschlägig als Eigenanteil in Höhe von ungefähr 79,5 Mio. Euro angegeben (s. a. Infoflyer City 2015 „Informationen zum Bürgerentscheid am 22. September 2002“).

2. Wie hoch ist dieser Eigenanteil der Stadt/Verkehrsbetriebe nach aktueller Kenntnis zu veranschlagen?

Die Kostenannahmen in der Systematik des GVFG für die Gesamtbaukosten der Kombilösung liegen im Rahmen der aktuellen Kostenprognose 2020 in einer Höhe von ca. 867,5 Mio. Euro. Darin sind rund 264,0 Mio. als voraussichtlicher Eigenanteil der KASIG veranschlagt. Mit den weiteren nach dem GVFG nicht förderfähigen Kosten für Finanzierung, eigenem Personal und Marketing in Höhe von ca. 103,1 Mio. Euro beläuft sich der gegenwärtig angenommene Eigenanteil auf insgesamt ungefähr 367,1 Mio. Euro. Die für 2020 prognostizierten Gesamtherstellungskosten liegen danach in einer Größenordnung von rund 971 Mio. Euro.

3. Wann war die letzte veröffentlichte Kostenschätzung zur Kombilösung, mit welchen Zahlen zu Gesamtkosten, förderfähigen Kosten, Eigenanteil der Stadt/Verkehrsbetriebe?
In der Gemeinderatsitzung am 30.06.2015 wurden unter TOP 44 ff unter anderem auch die aktualisierten Kostenannahmen für die Gesamtbau- und Gesamtherstellungskosten sowie der voraussichtliche Eigenanteil genannt.

4. Wann wird eine aktualisierte Kostenschätzung vorliegen?

Eine Fortschreibung der aktuellen Kostenprognose 2020 (s. a. Punkt 2) ist abhängig von der weiteren Entwicklung im Rahmen des Prüfauftrags des Bundesrechnungshofs.

5. Von welchen jährlichen Folgekosten der Kombilösung ging die Stadt bis zum Jahre 2008 aus?

Konkrete Aussagen über die künftigen jährlichen Folgekosten nach der Inbetriebnahme des Stadtbahntunnels konnten zum damaligen Zeitpunkt verständlicherweise noch nicht gemacht werden. Anhand der Folgekostenrechnung im Rahmen der Standardisierten Bewertung hat sich jedoch gezeigt, dass nach dieser Methodik im Vergleich „Mitfall“ zum „Ohnefall“, d. h. ohne Durchführung der Maßnahme, sich in Summe eine Einsparung von ca. 1,5 Mio. Euro pro Jahr erzielen lässt.

6. Im April 2015 ging die Stadt von ca. 20 Millionen jährlichen Folgekosten der Kombilösung aus. Geht die Stadt auch heute noch von dieser Größenordnung aus?

Eine Aktualisierung der jährlichen Folgekosten erfolgt im gegebenen Fall im Rahmen der nächsten Fortschreibung der Kostenprognose für die Kombilösung.

7. Welche Auswirkungen wird die Projektverzögerung durch die Einwendung des Bundesrechnungshofs gegen den Umbau der Kriegsstraße auf die Gesamtkosten und den Eigenanteil der Stadt haben?

Wie sich die Prüfung des Bundesrechnungshofs auf die weitere Realisierung des Teilprojekts Kriegsstraße in Bezug auf Zeitrahmen und Kostenentwicklung auswirkt, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht konkret absehbar. Es wird davon abhängen, inwieweit sich der vorgesehene Baubeginn weiter verzögert und welche Auswirkungen daraus sich auf den ausgeschriebenen Bauterminplan ergeben.

Stadt Karlsruhe
Der Oberbürgermeister, 21.06.2016

 

MEDIENECHO:

 

Seite 25

Die Kombi knackt schon fast die Milliarde
Kosten und Zeit laufen weiter davon: Sprung um 74 Millionen Euro bei der Gesamtrechnung

 

Von unserem Redaktionsmitglied Rupert Hustede

 

 
Beim Umsetzen der Kombilösung sind aktuell mindestens vier zentrale Fragen offen. Alle diese ungelösten Hauptpunkte weisen aber auf die zwei Riesenprobleme hin, mit denen Karlsruhe zu kämpfen hat: Der Stadtumbau wird viel länger dauern und viel mehr kosten als 2002 beim Bürgentscheid, 2010 beim Baubeginn oder noch 2015 zum 300. Stadtgeburtstag angenommen.Aus den Antworten der Stadtverwaltung auf Fragen der beiden „Die Linke“-Stadträte ist jetzt schon ablesbar: Die „Kombi“ wird nicht rund 500 Millionen Euro kosten, wie noch zu Beginn des Baustellenjahrzehnts versprochen, sondern mindestens rund eine Milliarde – und wahrscheinlich noch einiges mehr.
 
„Die für 2020 prognostizierten Gesamtherstellungskosten liegen danach in einer Größenordnung von rund 971 Millionen Euro“, erklärt das Bürgermeisteramt. Eine Prognose für 2019 vom Dezember 2014 ging noch von 897 Millionen Gesamtherstellungskosten aus. Demnach hat die Kasig die Kombi-Kosten nun im Abstand von eineinhalb Jahren noch einmal um 74 Millionen Euro nach oben korrigiert. Folglich hat die Kombi die Milliarden-Marke fast geknackt.
 

 

Dabei geht die Stadt inzwischen davon aus, dass Karlsruhe mit seiner Tochter-Holding Karlsruher Versorgungs-, Verkehrs- und Hafen-Gesellschaft (KVVH) nicht „nur“ mittlerweile insgesamt 367 Millionen Euro als Eigenanteil für ihre Kombilösung bezahlen muss. Dieser städtische Anteil kombiniert sich aus zwei Komponenten: So hat sich der Betrag für den Eigenanteil an den förderfähigen Kosten, der davon 20 Prozent (ursprünglich nur 15 Prozent) ausmacht, von 80 Millionen auf 264 Millionen Euro mehr als verdreifacht.60 Prozent gibt der Bund (früher 65 Prozent) und 20 Prozent das Land. Zudem sind 103 Millionen Euro, also rund zehn Prozent der Gesamtherstellungskosten alleine aufzubringen. Das sind die nicht förderfähigen Kosten. Sie hat der Konzern Stadt für Finanzierung, eigenes Personal und Marketing zu berappen.
 

 

Und dann ist da noch die Zeitschiene verrutscht. So wie die geschätzten Kosten davonlaufen, so läuft den Stadtpolitikern, dem Bauherrn, der KVVH-Tochter Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) und den Bürgern auf der Dauerbaustelle Kombi-Karlsruhe die Zeit davon: Zu Beginn des Jahrhundertprojekts 2010 waren insgesamt neun Baujahre für die Kombilösung angesetzt – von Anfang 2010 bis Ende 2018.Dabei sollte die U-Strab bereits 2016 in Betrieb gehen. Mit dem Einbau des Autotunnels in der Kriegsstraße wollte man 2014 loslegen und 2018 fertig werden. Jetzt schreibt Karlsruhe das 301. Fächerstadtjahr: Die U-Strab ist noch lange nicht betriebsbereit und der Umbau der Kriegsstraße in diesem verregneten Juni wegen der anhaltenden Bedenken des Bundesrechnungshofs überhaupt nicht in Sicht.

 


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