HISTORISCHE
NACHZEICHUNG DES KAPITALISTISCHEN GELD-UND WÄHRUNGSSYSTEMS AUF BASIS DER
MARXSCHEN THEORIE (1).
Die
kapitalistische Produktionsweise unterliegt permanenten Veränderungen und damit
auch das kapitalistische Geld- und Währungssystem. Inzwischen ist allgemein
anerkannt, dass staatliche Regulierungen des Geld-Kredit und Bankwesens
unabdingbar für das Funktionieren des Gesamtsystems sind. Inzwischen hat sich
sogar die Vorstellung entwickelt, dass die Instrumente der staatlichen Fiskal-
und Geldpolitik so weit entwickelt seien, dass die gesellschaftlichen
Ressourcen weitgehend krisenfrei eingesetzt werden könnten, also ökonomische
Krisen im Kapitalismus zu vermeiden seien. Die Modern Monetary Theory (MMT)
beispielsweise geht davon aus, dass durch eine unbegrenzte Geldschöpfung des
Finanzsektors (Zentralbank und Banken) eine störungsfreie Reproduktion des Wirtschaftslebens
möglich sei. Dem muss aus Sicht der Marxschen Theorie vehement widersprochen
und gezeigt werden, dass aufgrund einer fehlerhaften Geldbestimmung bis hin zu
den zeitgenössischen Formen von Geld und Währung illusorische Vorstellungen
über die Entwicklungsfähigkeit der kapitalistischen Produktionsweise Platz
gegriffen haben. Es wäre somit die Aufgabe von Marxisten, die Entwicklung des
kapitalistischen Geld- und Währungssystems nachzuzeichnen und die Grenzen der
staatlichen Finanz- und Geldpolitik heute darzustellen. Dabei muss die
Vermittlung von der Geldware Gold über das konvertible Repräsentationsgeld mit
Golddeckung zum inkonvertiblen Zentralbankgeld und Buchgeld von Zentralbank und
Banken aufgezeigt werden.
Die Fundamentalbestimmung
des Geldes ist die des allgemeinen Äquivalents der Waren. Es bringt nach
Marx den Wert der Waren zum Ausdruck. Dem liegt die doppelte Bestimmtheit der
warenproduzierenden Arbeit zugrunde. Sie ist einerseits konkret-nützliche
Arbeit, das heißt, sie muss einen Gebrauchswert (Konsumtionsmittel oder
Produktionsmittel) schaffen, der auch am Markt anerkannt wird. Andererseits ist
sie gleichzeitig Teil der gesellschaftlichen Arbeit, die sich erst im Austausch
als gesellschaftlich notwendig oder eben nicht als solche erweist. Es handelt
sich um Privatarbeiten voneinander unabhängigen Produzenten. Diese
gesellschaftliche Arbeit findet im Wert der Waren ihren Ausdruck, der
allerdings nur im Verhältnis zu anderen Waren als Tauschwert erscheint. Der
Wert ist somit eine gesellschaftliche Eigenschaft der Ware, der in seiner
entwickelten Form zur allgemeinen Wertform, also zum Geld, treibt. Diese
Geldform entsteht dadurch, dass im historischen Verlauf eine bestimmte Ware mit
Selbstwert als Äquivalentware ausgeschlossen wird und gesellschaftliche
Gültigkeit gewinnt. Sie verwächst dabei mit edlen Metallen, wie Gold und
Silber, und schließlich mit dem Gold als dem wertvolleren Metall. Gold wird Geld, weil es, wie andere Waren
auch, Teil der gesellschaftlichen Arbeit ist und einen eigenen Wert hat. Beide
Eigenschaften folgen mit Notwendigkeit aus der Wertbestimmung der Ware. Die Eigenschaft des Goldgeldes als
allgemeines Äquivalent des Warenwertes ergibt sich sodann durch das Handeln der
Warenbesitzer im Austauschprozess. Es ist allerdings ein Dilemma zu lösen. Es
ist nicht gleichzeitig möglich, dass für alle Warenbesitzer der Austausch zum
individuellen und gesellschaftlichen Prozess wird. Marx löste das Dilemma auf,
indem er sagte, die Warenbesitzer hätten gehandelt bevor sie gedacht hätten.
Das heißt, die Geldform entspringt aus unbewusst-bewusstem Handeln. Die
Geldform entsteht einerseits historisch- naturwüchsig im Austauschprozess der
Warenbesitzer und andererseits wiederholen sie den Prozess beständig auf
bewusste Weise, indem sie mit dem fertigen Ergebnis täglich umgehen. Dieses
unbewusst-bewusste Verhalten ist übrigens typisch für die Akteure im
Kapitalismus, indem sie den Gesamtzusammenhang nicht durchschauen und sich
gleichzeitig bewusst zu den Ergebnissen, zum Beispiel Krisen, verhalten.
Die erste
fundamentale Geldfunktion besteht darin, dass es als Wertmaß fungiert,
zuerst in Form des Goldgeldes. Sie verschafft den Waren ihren Preis, der Warenbesitzer
nimmt die Preisbestimmung vor. Die ursprüngliche Ausdrucksform des Wertes im
Preis war das Gold, das heißt, es konnte ursprünglich nur etwas als Wertmaß
fungieren, was selbst auf wertbildende Arbeit zurückging und einen Selbstwert
hatte. Nichts kann daher falscher sein, als wenn Geld nur noch als
Recheneinheit definiert wird, Dass das Geld als Maßstab der Preise gesetzlich
reguliert wurde hat dann der Vorstellung Vorschub geleistet, der Staat sei der
Schöpfer des Geldes. Diese Vorstellung erfährt heute eine Renaissance in der
Modern Monetary Theory (MMT), eine Vorstellung, die von Marx vehement
kritisiert wurde. Geld wird von verschiedenen bürgerlichen Ökonomen zu einem
bewusst geschaffenen Instrument zur Erleichterung des Wirtschaftsverkehrs
erklärt. Es ist dann nur noch ein kleiner Schritt um zu erklären, dass der
Staat einschließlich der Zentralbank mit seiner Fiskal- und Geldpolitik den
Kapitalismus umfassend steuern könne.
Geld als
Geldware Gold ist zwar eine fundamentale Bestimmung, es zeigte sich jedoch im
historischen Verlauf, dass diese Geldware nach und nach durch verschiedene Repräsentativgeldformen
ersetzt wurde. Es ist hier zwischen verschiedenen Geldformen zu unterscheiden.
Die ökonomische Grundlage für die Ersetzung des Goldgeldes durch Münzen und
Wertzeichen, ist die Tatsache, dass das Geld in der Zirkulation W-G-W nur
ein „flüchtiges Element“ darstellt und deshalb auch als Zeichen ersetzt werden
kann. Es kann aus der metallischen Zirkulation als gültiges Wertzeichen
(Papiergeld) durch staatliche Ausgabe herauswachsen. Die quantitative Größe des
Wertzeichens ist durch das nicht unterschreitbare Minimum des aktiv
zirkulierenden Mediums gegeben. Der Wert eines jeden Papiergeldes ist durch
seine Konvertibilität in Gold bestimmt. Damit ergibt sich als Gesetz der
Papiergeldzirkulation, dass die Ausgabe auf die Quantität zu beschränken ist,
worin das von ihm symbolisch dargestellte Gold wirklich zirkulieren müsste.
Während beim Geld als Maß der Werte alles auf die Qualität des Geldmaterials
ankommt, ist es beim Geld als Maßstab der Preise umgekehrt. Jetzt ist die
Quantität der Wertzeichen entscheidend, weil damit die Höhe der Preise und
damit die Kaufkraft des Geldes tangiert wird. Die Möglichkeit der Inkongruenz
von Gold und Papiergeld kann zur allgemeinen Steigerung der Warenpreise führen.
Das wiederum kann zu einer Hyperinflation führen, was historisch zum Beispiel
im Rahmen einer Kriegsfinanzierung oder einer tiefen ökonomischen Krise
vorgekommen ist bis in die heutige Zeit.
Während
beim Wertzeichen die „flüchtige Existenz“ innerhalb der Warenmetamorphose W-G-W
die Ersetzung des Geldes mit Selbstwert (Gold) möglich macht, ist es beim Kreditgeld
als der anderen und vom Wertzeichen unterschiedenen Geldform die Bonität der
ausgebenden Stelle. Die naturwüchsige Grundlage des Kreditgeldes ist der
Handelswechsel. Durch Diskontierung wurden historisch zuerst Privatbanknoten in
Umlauf gebracht, später spielten dann aber auch Noten der Zentralbank eine
wichtige Rolle. Zunächst waren die Zentralbanknoten goldkonvertibles
Repräsentativgeld, sie mussten also auf Anforderung in Gold umgetauscht werden.
Zur Sicherung der Goldkonvertibilität der Banknoten bestanden anfangs
spezifische Deckungsvorschriften für den Notenumlauf durch den Goldschatz der
Privatbanken und die Währungsreserve der Zentralbank. Das galt in allen
kapitalistischen Metropolen. Diese Deckungsvorschriften sorgten damals für
mächtigen Diskussionsstoff insbesondere deshalb, weil davon die geldpolitischen
Möglichkeiten der Zentralbank abhingen. Marx ging davon aus, dass die
Geldzirkulation von ihrer Gesamtgröße als auch von ihrer Umlaufgeschwindigkeit
her durch die Bedingungen der Warenproduktion und Kapitalakkumulation bestimmt
wird. Banknoten waren sowohl Wertzeichen wegen ihrer Repräsentanz des
Goldschatzes als zentraler Währungsreserve als auch Kreditgeld, dessen Menge in
der Zirkulation die nationale Goldreserve weit überstieg. Gleichwohl ist ein
von Deckungsvorschriften befreiter Banknotenumlauf noch nicht die Form, die der
reproduktiven Wertschöpfung und Kapitalakkumulation entsprochen hätte. Erst der
Verzicht auf eine gesetzlich fixierte Konvertibilitätsvorschrift der Banknoten
und erst als ein inkonvertibles Repräsentativgeld sind sie dem Charakter der
kapitalistischen Produktionsweise adäquat. Sie sind dann eine Symbiose aus
Wertzeichen und Kreditgeld, bei der zwei unterschiedliche Zirkulationsgesetze
zu unterscheiden sind. Erstens die Wertzeichenzirkulation, die die zentrale
Währungsreserve zur Grundlage hat und die sich mit dem Zahlungsbilanzsaldo
verändert. Zweitens die Kreditgeldzirkulation die durch kurzfristige
Kreditgeschäfte von Zentralbank und Banken entsteht, bei der ein Rückfluss der
ausgegebenen Noten mit Ablauf des Kredits stattfindet.
Eine
weitere Evolution des Geldwesens sind neben der Kredit- und Anlagefunktion der
Banken ihre zinsunabhängigen Dienstleistungen, ihre Verrechnungen über
Buchgeld mit Überweisungen und Lastschriften. Ihre Denomination als Geld
erhalten sie über das Zentralbankgeld, das sie in die Welt setzen.
Zusammengefasst unterscheidet sich das das Geldsystem des 19.Jahrhunderts vom
heutigen durch drei Punkte.
Erstens: An die Stelle von
Goldmünzen, konvertiblen Banknoten, inkonvertiblem Zentralbankgeld
(Wertzeichen) und Handelswechseln sind inkonvertible Zentralbanknoten als
einheitliche Umlaufmittel getreten, ergänzt durch bedeutende
Bankdepositen.
Zweitens:
Es hat eine Integration der verschiedenen nationalen Zirkulationskanäle
stattgefunden. Drittens: Das Banksystem ist
zweistufig. Die Zentralbank gibt Banknoten aus, verwaltet die Währungsreserven
und ist die Clearingstelle im Zahlungsverkehr. Zentralbanken heute sind weniger
weisungsabhängig. Banken fungieren entweder als Universalbanken oder als
Spezialkreditbanken.
Die
Evolution der Umlaufsmittel vollzog sich immer im Zusammenspiel von
binnenwirtschaftlicher und internationaler Zirkulation. Zu Beginn des
Kapitalismus gab es noch den Bimetallismus von Gold und Silber. Schließlich
setzte sich Gold als allgemeines Äquivalent und Wertmaß national und
international durch. Es vollzog sich Schritt für Schritt eine Idealisierung der
Geldware Gold und eine weitgehende Immobilisierung der nationalen Goldreserven.
Der Großteil der ökonomischen Transaktionen wurde international schon früher
nicht mit Gold, sondern mit Handelswechseln durchgeführt. Die Wechselkurse zur
Zeit des Goldstandards waren Spiegelbilder des Repräsentationsverhältnisses zum
Gold als Weltgeld. Erst mit der inkonvertiblen Notenzirkulation lockerte sich
das Verhältnis von Außenwert und innerem Wert der Währungen und es entstanden
mehr Spielräume für die nationale Geldpolitik. Inkonvertibles Geld in der
Binnenzirkulation und Konvertibilität der Währungen im internationalen
entsprach den Merkmalen des Bretton-Woods-Systems. Nur der US-Dollar
besaß eine feste Parität zum Gold. Zwischen den beteiligten Ländern bestanden
feste Wechselkurse, die allerdings durch politischen Beschluss veränderbar
waren. Seit Beginn der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts entstand die
Spekulation gegen den Dollar und die Aufhebung der Einlösungspflicht des
Dollars gegen Gold.
Damit
wurde die weitläufige Beziehung des inkonvertiblen nationalen Geldes zur
Geldware Gold noch einmal gelockert und der Übergang zu flexiblen
Wechselkursen vollzogen. Es blieb nur noch die gegenseitige
Devisenkonvertibilität der wichtigsten Währungen. Die Wertmaßfunktion des
nationalen Geldes war vollends auf die Geldpolitik der nationalen Zentralbanken
übergegangen und damit eine weitere Erhöhung des Spielraums der Nationalbanken
(Lender of last resort). Doch das gilt jedoch nur für den kontinuierlichen
Verlauf des Wirtschaftsprozesses. Im Zuge einer tiefen Wirtschaftskrise mit
einer Zerstörung der Zentralbankfunktion des „Lender of last resort“ könnte die
Goldkonvertibilität des de jure inkonvertiblen Geldes wieder eingefordert
werden. Es ist dann bei einem krisenhaften Umschlag des Kredit-ins
Monetarsystem von einer kaskadenartigen Steigerung auszugehen. 1.Stufe: Entwertung der
Kaufkraft der nationalen Repräsentativwährung mit einer galoppierenden
Inflation und ein Ausweichen auf eine stabile Alternativwährung.
2.Stufe: Bei Entwertung einer international bedeutenden Währung und
Infragestellung der Funktion des „Lender of last resort“ entsteht die
Notwendigkeit auf die hegemoniale Währung (z.B. US-Dollar) auszuweichen. 3.Stufe: Würde das nicht ausreichen
und würde Geld mit Selbstwert gefragt, käme das einem katastrophaler
Zusammenbruch des gesamten internationalen Geld- und Währungssystems gleich. Es
würde keine Verschuldung mehr möglich sein und die Nationen drohten in die
Barbarei zu versinken. Die Alternative zu der Krisenkaskade wäre national ein
schrittweiser Übergang in eine alternative Wirtschaftsordnung (Marktsozialismus)
und international ein nichtnationales Weltgeld, eine Weltzentralbank und ein
Abbau der internationalen ökonomischen Ungleichgewichte.
Die
Geldmenge besteht heute aus dem Zentralbankgeld und den Bankdepositen. Sie sind
grundlegend durch den Umschlag des gesellschaftlichen Kapitals und den Kredit
bestimmt. Die Bankdepositen sind an die Einlagen und die Kreditschöpfung der
Banken gebunden. Hier setzt die sogenannte „Geldschöpfung aus dem Nichts“
von Joseph Schumpeter an und behauptet einen eigenständigen Einfluss der
Geschäftsbanken auf die Geldmenge. Tatsächlich ist das
Kreditschöpfungspotential der Banken auch jenseits der Vorgaben (Barreserve,
Mindestreserve, Regulierungen) keine konstante Größe, sondern ist abhängig von
den Phasen des industriellen Zyklus. In der Prosperität wirken kumulative
Effekte und eine Umkehrung des Profit/Einkommens und Investitionszyklus. Es
entwickelt sich ein Kredit/ Investitions- und Einkommensmechanismus. Der
Monetarkeynesianismus macht sich diese Sichtweise als Normalfall zu eigen, weil
er durch eine überzogene Bewertung des Finanzsektors und eine Missachtung der
Wertschöpfung durch produktive Arbeit charakterisiert ist. In dem
Multiplikatorprozess der Prosperitätsphase des Zyklus liegt jedoch die Gefahr, dass
die Banken die vorsichtige Geschäftspolitik ignorieren und risikoreiche
Finanzierungen vornehmen. Damit ist aber Schluss, wenn die Prosperität durch
die Krise beendet wird und die Basisverhältnisse der Wertschöpfung durch
produktive Arbeit sich kurzfristig im Zyklus aber auch auf lange Sicht wieder
durchsetzen. Damit kann auf Schumpeter zurückgekommen werden, dessen
Vorstellung simpel erscheint. Als Engpass der kapitalistischen Produktion wird
der Geldkapitalvorschuss bestimmt. Der kann beseitigt werden mit der
unbegrenzten Geldschöpfung des Banksystems. Die Geldschöpfung trifft auf
innovative Unternehmer, die inneren Widersprüche der kapitalistischen
Produktionsweise werden in einer langen Konjunkturwelle (Kondratieff-Zyklus)
überwunden.
Zur Kritik dieser Sichtweise aus marxistischer Sicht ist zwischen der
Zentralbankgeldschöpfung und der Kreditschöpfung der Banken zu unterscheiden.
Die Höhe der Reserven der Geschäftsbanken, die Zahlungsgewohnheiten der Kunden,
die Barabhebungsquote und die Höhe der Depositen setzen die Grenze des
Kreditangebots der Banken. Keynes beispielsweise hält eine unbegrenzte
Geldschöpfung nur unter extremen Modellvoraussetzungen für denkbar. Es
müssten ein geschlossenes Banksystem, keine Auslandsbeziehungen, kein Bargeld
nur unbare Zahlungen, keine Barreserven gegeben sein und die Banken müssten
sich im Gleichschritt bewegen. Keynes stellt jedoch fest, dass es keinen Zwang
der Banken gebe, sich im Gleichschritt zu bewegen, das gelte auch für das
Banksystem als Ganzes. Die Geldschöpfung der Banken ist somit nachgeordnet
gegenüber der Zentralbankschöpfung, die Banken hängen an der Leine der
Zentralbank und der Kreditnachfrage der Nichtbanken. Aber auch die Zentralbank
hängt an der Leine der Schöpfung und Vernichtung der Wertzeichenzirkulation in
Abhängigkeit von der Zahlungsbilanz, dem Wechselkurs und den Marktzinssätzen.
Steuerungsmöglichkeiten der Zentralbank sind nur dann gegeben, wenn eine
unerwünschte Wertzeichenzirkulation durch die Kreditpolitik sterilisiert werden
muss. Die autonome Kreditschöpfung
erscheint nur vom Standpunkt des Bankkapitals als solche, die Dynamik der
Kapitalakkumulation und die Wertschöpfung des reproduktiven Kapitals bleiben
bei dieser Sichtweise außen vor. Eine zyklisch begrenzte Konstellation wird vom
Monetärkeynesianismus verallgemeinert. Insgesamt muss die Sichtweise des
Monetärkeynesianismus als oberflächlich kritisiert werden. Zusammenfassend
können aus marxistischer Sicht noch einmal sechs Punkte festgehalten
werden.
1. Waren treten preisbestimmt in die Zirkulation ein. Das schließt ein,
dass die Einjustierung des Werts der Waren durch die Nachfrage induzierte
Veränderungen enthält.
2. Der Umfang der
zirkulierenden Waren an allen drei Märkten (Waren, Arbeits- und Finanzmarkt) bestimmt
die Geldzirkulation. Das gilt für die Metallzirkulation, bei Berücksichtigung
des Kredit- und Bankensektors und für die entwickelten Formen des Repräsentativgeldes.
3. Die primäre ökonomische Grunddynamik kommt von der Produktion des
Mehrwerts und nicht von der Verwertung des Geldkapitals. Es bestehen allerdings
Rückwirkungen. 4.
Der Finanzsektor ist ein abgeleiteter Sektor gegenüber dem Sektor des
industriellen und kommerziellen Kapitals. Diesem Abhängigkeitsverhältnis
unterliegt der Unterschied von produktiver (mehrwertschaffender) und
unproduktiver Arbeit.
5. Es besteht eine Tendenz der Verselbstständigung des Finanzsektors als
allgemeines Gesetz. Der Widerspruch der Mehrwertproduktion beherrscht die
Dynamik der Kapitalakkumulation. Langfristig wird die die beschleunigte Akkumulation
durch eine strukturelle Überakkumulation von Kapital abgelöst. 6. Der aktuelle
Finanzmarktkapitalismus weist die bislang weitestgehende Verselbstständigung
der Finanzsphäre auf.
Zum
Schluss gilt es die Geldpolitik des quantitative Easing und die Modern
Monetary Theory (MMT) als jüngste Variante der Geldpolitik noch einmal
kritisch zu betrachten. Die EZB hat sich vor kurzem bereit erklärt, dem
Bankensystem notfalls unbegrenzt Liquidität bereitzustellen. Das galt vor der
Corona-Krise und noch mehr im Laufe der Krise und danach. Eine expansive
Geldpolitik hat jedoch Grenzen, die häufig „vergessen“ werden. Im
Prosperitätszyklus schlägt eine massive Geldschöpfung in einen inflationären
Preisanstieg um, wenn die zyklischen Kapazitätsgrenzen erreicht und
überschritten werden. Im Überakkumulationszyklus, den wir seit Mitte der 70er
Jahre des letzten Jahrhunderts haben, stößt diese Geldpolitik auf
verwertungsbedingte Grenzen der Kreditnachfrage von Unternehmen und auf
Einkommensgrenzen der Haushalte. Die Konsequenz ist, dass dann massiv Gelder
auf die Finanzmärkte umgeleitet werden und Vermögenspreisblasen entstehen. Die
eigentliche Herausforderung für die Zentralbanken ist jedoch, ob sie durch ihre
Politik des „Quantitative Easing“ Bankenzusammenbrüche, Börsencrashs und
Staatsfalliten vermeiden können. Die EZB ist fokussiert auf Käufe von Staatsschuldpapieren,
Niedrigzinsen und die Erweiterung von beleihungsfähigenWertpapieren.
Geldtheoretisch gesehen, wird durch diese ultralockere Geldpolitik faktisch
unter dem Titel von Kreditgeld Zentralbankgeld als zusätzliches Wertzeichen
geschaffen. Der langfristigen Erhöhung der gesamtgesellschaftlichen
Zentralbankgeldmenge unterliegt unter Überakkumulationsbedingungen die
Problematik, vor allem Preiseffekte für die verschiedenen Formen fiktiven
Kapitals ( Wertpapiere) zu erzeugen und
damit rückwirkend Fehlentwicklungen zu provozieren. Bis zur Corona-Krise wurde
diese EZB-Politik durch eine gleichzeitige Austeritätspolitik der öffentlichen
Haushalte konterkariert. Das hat sich mit dem tiefen Einbruch der Corona-Krise
geändert, die öffentliche Haushalte tragen nun richtigerweise zur massiven
staatlichen Verschuldung bei. Trotzdem kann diese Politik nach der Krise nicht
ad Infinitum weitergeführt werden, zumal wenn überakkumulative
Verwertungsblockaden weiter bestehen. Der Zwang zum Schuldenabbau trifft früher
oder später alle Wirtschaftsbereiche. Die Frage ist nur, ob dieser Abbau auf
soziale Weise durchgeführt wird oder ob er wieder die Schwächsten der
Gesellschaft trifft. Auch nach der Corona-Krise steckt die
Geldpolitik der EZB in einem Dilemma. Betreibt sie den Ausstieg aus dem
„quantitativen Easing“ um die Spekulation an den Finanzmärkten zu vermeiden,
befördert sie deflationäre Tendenzen an den Warenmärkten. Setzt sie aber die
ultralockere Geldpolitik fort, dann befördert sie die Inflation an den
Vermögensmärkten und provoziert den Krach dieser Märkte. Ein vor dem
Hintergrund des Handelskriegs zwischen den USA und China erfolgender
Zusammenbruch der internationalen Finanzmärkte würde die Gefahr des Abgleitens
des Kapitalismus in die Barbarei bedeuten. Eine wirkliche Emanzipation von den
Problemen ist nur durch eine schrittweise Überwindung der kapitalistischen
Produktionsweise möglich. Die Modern
Monetary Theory (MMT) sieht das entspannter. Das kann sie nur, weil sie Geld
nicht als naturwüchsig im Austauschprozess entstehendes Äquivalent des Werts
sieht und damit auch nicht auf die Analyse der gesellschaftlichen Arbeit
zurückgeht. Sie betrachtet Geld als ein durch den Staat geschaffenes und die
Zentralbank beliebig gesteuertes Transaktionsmedium. Es entsteht nach dieser
Auffassung per Buchungssatz „aus dem Nichts.“ Für die MMT ist das „fiat Money“
von jeglicher naturwüchsigen Wertmaßfunktion befreit und erhält seine Geldeigenschaft
aus dem Vertrauen der Bevölkerung. Dahinter verbirgt sich ein klassischer
Zirkelschluss. Weil der Staat einen Annahmezwang des Zentralbankgeldes
gesetzlich vorschreibt, könne er Geld „aus dem Nichts“ schaffen und
gewährleiste dadurch die Reichtumsproduktion und die Zahlung von Steuern. Er
könne seine Ausgaben einfach tätigen ohne Rücksicht auf finanzielle Engpässe.
Die MMT krankt somit neben den Fundamentalfehlern bei der Geldbestimmung auch
an den Weiterungen, die sich daraus ergeben. Es fehlen komplett der Rückbezug
auf die Bedingungen der Kapitalverwertung und die Unterscheidung der
langfristig beschleunigten Akkumulation von ihrer Ablösung durch die
strukturelle Überakkumulation. Sie kann nicht die Veränderung des
Zyklusmusters, das Ausbleiben kumulativer Prozesse, die Vertiefung und
Verlängerung der Abschwünge und den größeren Einfluss des Finanzsektors
erklären. Hinzu kommt die Ausblendung der Einbettung der Volkswirtschaften in
die internationale Konkurrenz. Jede
Inflationierung einer nationalen Währung, die das Maß anderer Währungen
überschreitet, führt zu Wechselkursveränderungen, importierter Inflation und
destabilisierenden Kapitalbewegungen, Die Schuldenkrise vieler Länder seit den
80er Jahren spricht da eine deutliche Sprache.
Fazit: Die MMT ist eine Vulgärökonomie im
Marxschen Sinne, das heißt, sie treibt sich in oberflächlichen
Erscheinungsformen herum. Sie ist für linke Politik nicht zielführend und
desavouiert eine finanziell ausgewiesene nachhaltige Ausweitung öffentlicher
Investitionen und sozialer Transfers. Als Alternative zu den Vorschlägen der
MMT müsste eine öffentliche Strukturpolitik zusammen mit einer ausgewogenen
Fiskal- und Geldpolitik betrieben werden. Es bedarf neuer Steuerungsinstrumente
im Rahmen einer transformatorischen nicht-kapitalistischen Wirtschafts- Geld-
und Sozialpolitik. Eine solche Politik muss von der demokratischen Linken auf
Basis eines nachvollzieh-baren Programms dargestellt und glaubwürdig in der
Öffentlichkeit vertreten werden, wenn auf absehbare Zeit die politischen
Kräfteverhältnisse verändert werden
sollen.
(1)Der
Aufsatz fasst wesentliche Punkte eines Referates von Stephan Krüger im Rahmen
einer Tagung zur Arbeitswerttheorie am 23.11.19 an der Marx-Engels-Stiftung in
Stuttgart zusammen. Es hatte den Titel: Evolution des kapitalistischen Geld-
und Währungssystems-Von den allgemeinen Bestimmungen des Geldes zu den
entwickelten Formen von Geld, Kredit und fiktivem Kapital.