„Laien sind zumindest unabhängig“. Diskussion über die Giftmülleinlagerung in den Heilbronner Salzbergwerken

15. Oktober 2019  Allgemein

Es war eine spannende Diskussion, die sich am 11.10.2019 im Deutschhofkeller der Heilbronner Volkshochschule ergab. Die Veranstaltung fand auf Initiative des Stadtrats Dr. Erhard Jöst (DIE LINKE) statt, der sich seit über 30 Jahren mit den Südwestdeutschen Salzwerken (SWS) und der von ihnen in Heilbronn eingerichteten Mülldeponien beschäftigt. Er hat ein Bündnis mit Umweltorganisationen geschmiedet, das die Einlagerung von Giftmüll in Heilbronn und Kochendorf wegen des Gefahrenpotentials für Menschen und Umwelt kritisiert. Der von den Veranstaltern eingeladene Schweizer Geologe Marcos Buser zeigte mit seinem Vortrag die Gefährdungen auf, die von der Giftmüll-Deponierung ausgehen und erläuterte seine These, „dass jedes Salzbergwerk irgendwann einmal absäuft.“

In der sich anschließenden Podiumsdiskussion trafen Gottfried May-Stürmer vom BUND und Franz Wagner von der Bürgerinitiative GegenGift auf die Vertreter der SWS Dr. Markus Mathey (Bereichsleiter Steinsalz und zuständig für den Entsorgungsbereich) und Andreas Klotzky (Leiter des Bereichs Umwelt, Entsorgung, Verwertung bei der SWS-AG). Die Volkshochschule stellte den Raum zur Verfügung und ihr Leiter Peter Harwighorst moderierte die Diskussionen der Podiumsteilnehmer untereinander und mit den Zuhörern.

Die SWS-AG gehört je zur Hälfte dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Heilbronn, denen damit eine besondere Verantwortung zukommt. Es ist geradezu verhängnisvoll, wenn die „Sonder“-Müll-Einlagerungen lediglich unter dem Aspekt gesehen werden, dass sie jährlich über 40 Millionen Umsatz einbringen. Es ist vielmehr Nachhaltigkeit in der Umweltpoltitik gefordert und es muss verhindert werden, dass unterhalb von Heilbronn eine „tickende Zeitbombe“ eingelagert wird. Auch die Probleme, die sich durch den Salzabbau ergeben haben, müssen transparent gemacht und gelöst werden. Zum Beispiel sind in Neckargartach an mehreren Häusern Risse aufgetreten.

Zur Erklärung: Die SWS-AG baut seit 130 Jahren Salz in den Bergwerken Kochendorf und Heilbronn ab. Seit über 30 Jahren betreiben sie ebenfalls Abfallentsorgung. Es geht dabei um die Einlagerung von Sondermüll nach dem Abfallentsorgungsgesetz und auch um die Versetzung leerer Salzstollen mit Füllmaterial. Das geschieht dann allerdings nach Vorgabe des Bergbaurechts, nach dem viel mehr Stoffe zugelassen sind. Auf diese Weise konnte bereits strahlendes Material im Bergwerk eingelagert werden. Gottfried May-Stürmer, Geschäftsführer des regionalen BUND, nannte konkrete Belege und widerlegte die Aussage von Andreas Klotzky (der für die Deponierung zuständig ist), wonach kein nicht-natürlich strahlendes Material ins Bergwerk eingelagert worden sei. Einer der Widersprüche, die an diesem Abend nicht geklärt werden konnten. Peter Harwighorst versprach aber beiden Seiten die Möglichkeit zu geben, Nachweise online einzustellen.

Der These des Geologen Buser, dass keine Gesteinsformation für die Ewigkeit besteht, widersprach SWS-Spartenleiter Mathey. Buser sieht auf längere Zeiträume trotzdem die Gefahr, die auch durch menschliches Handeln – wie zum Beispiel durch Bohrungen – heraufbeschworen werden könnte. Er monierte in diesem Zusammenhang, dass kritische Geologen bisher keine internen Daten untersuchen konnten und Fernsehteams geschwärzte Unterlagen erhalten haben.

Insgesamt war die Veranstaltung eine Diskussion auf aktuellem Stand, bei der alle Beteiligten ihre Position darstellen konnten, sodass die 120 ZuhörerInnen einen guten Einblick in die Auseinandersetzung bekamen. Bei dem im Großen und Ganzen sachlich geführten Schlagabtausch fiel lediglich Dr. Mathey zuweilen mit arrogantem Auftreten und provokaten Aussagen aus dem Rahmen. Seine Vorhaltung, er und die Vertreter der SWS-AG seien Fachleute, während es sich bei den Kritikern um Laien handle, konnten die Zuhörer freilich die Einsicht entgegenhalten, dass die Laien zumindest unabhängig sind.

Marcos Buser freute sich über den ersten Schritt zum Dialog und mahnte zu mehr Transparenz, die allen Seiten helfen könnte. Er verwies darauf, dass in der Schweiz weit mehr Informationen öffentlich zugänglich gemacht werden. Davor hat sich die SWS allerdings bisher gescheut. Ihre Transparenz kam beim Thema Giftmüll immer erst zum Tragen, wenn es externen Druck gab. Aber wer weiß: Wunder gibt es immer wieder.


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