„Was Ihr der Erde antut…“ – Rede von Dr. Erhard Jöst

17. Mai 2021  Reden, Salzbergwerk
Rede im Gemeinderat am 17.5.2021 zum Jahresabschluss 2020 der Südwestdeutsche Salzwerke AG Jahresabschluss von Dr. Erhard Jöst:
 
Die SWS AG freut sich, dass sie trotz aller Widrigkeiten in der Zeit der Pandemie und bei 13,3 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr einen Bilanzgewinn von fast 17 Millionen Euro erzielen konnte und mit 1,60 Euro je Stückaktie den gleichen Betrag wie 2019 ausschütten kann. Für die Beteiligungsgesellschaft Stadt HN ergibt dies eine Nettodividende von 5.735.000 Euro. Es ist ja in der Tat die Aufgabe eines Unternehmens, Gewinn zu erwirtschaften. Aber in einem so sensiblen Bereich wie es der Abbau von Bodenschätzen und vor allem die Entsorgung von Giftmüll darstellt, sollte eben nicht die Gewinnerzielung, sondern die Durchführung einer nachhaltigen Umweltpolitik im Vordergrund stehen.
Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, als sich Bürgerinitiativen zunehmend mit der Ökologie beschäftigt haben, wurde immer wieder die Rede des Häuptlings Seattle aus dem Jahr 1854 zitiert. Mögen dieser historischen Rede auch Aussagen zugefügt worden sein, die nicht von Seattle stammen, so sind sie doch richtig. Ich zitiere: „Was immer Ihr der Erde antut, das tut ihr Euch selber an. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde. Erst, wenn Ihr den letzten Baum geschlagen, den letzten Fluss vergiftet, den letzten Fisch gefangen habt, werdet Ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann. Fahret fort, Euer Bett zu verseuchen, und eines Nachts werdet Ihr im eigenen Abfall ersticken.“
 
Die Salzwerke AG baut nicht nur Salz ab, sondern sie lagert seit 1986 in enormem Ausmaß Giftmüll aus verschiedenen europäischen Staaten in den leergeräumten Kammern ein. Als die UTD errichtet wurde, gab es noch keinen Umweltminister; zuständig für die Umweltpolitik war vielmehr der Landwirtschaftsminister, der seinerzeit Gerhard Weiser hieß und den Heilbronner Gemeinderäten verkündete, dass er „den Bau von Sondermüllanlagen nicht von der Zustimmung des Gemeinderats abhängig machen“ würde. Die Grünen protestierten heftig und wandten sich mit einem Flugblatt an die Heilbronner Bürgerschaft: „Vereiteln Sie die Pläne der Landesregierung, Heilbronn zur zentralen Giftmülldeponie des Landes werden zu lassen!“ Der Protest war freilich vergebens, heute ist die SWS AG die einzige in Baden-Württemberg in Betrieb befindliche Deponie der höchsten Gefährlichkeitsklasse und nach Herfa-Neurode die zweitgiftigste Mülldeponie in Deutschland. Mit der UEV hat die SWS-AG 1992 eine Tochtergesellschaft gegründet, die das Geschäft der Sondermüll-Einlagerung betreibt. 
Der grüne Minister Franz Untersteller hat uns zum Abschied aus seinem Amt noch ein brisantes Erbe hinterlassen, indem er im Juli 2020 angekündigt hat, dass die UTD der SWS AG erweitert und bis ins Jahr 2059 betrieben werden soll. Also werden weitere Millionen Tonnen Chemo-toxische Sonderabfälle eingelagert. „Dass eine solche Politik ausgerechnet von einer grünen Landesregierung getragen und gefördert wird, mutet kafkaesk an“, stellt der Schweizer Geologe Marcos Buser in einem Gutachten fest und merkt an: „Hilfreich wäre es, eine Sicherheits- und Fehlerkultur zu installieren, bei der die Projektabläufe und die dabei feststellbaren Schwierigkeiten und Abweichungen regelmäßig und systematisch überprüft würden. Auch von außen und durch projektunabhängiges Personal. Dass derart signifikante konzeptuelle Fehlüberlegungen wie auch nachweisbare Sicherheitslücken nicht einmal Gegenstand einer solchen Reflexion sind, wirft ein äußerst schlechtes Licht auf das Risikomanagement eines Projektes, das sich darauf konzentriert, bestehende Sachzwänge zu erweitern, statt diese zu vermindern, und das wesentliche Teile der Information über das Projekt in ihren Schubladen versteckt hält. Ein lernendes System sieht anders aus.
“Wir brauchen aber ein lernendes System, denn schließlich wollen wir den nachfolgenden Generationen eine Welt hinterlassen, in der sie leben können. Politiker dürfen 
nicht nur als Parolen hinausposaunen, wenn es gilt, Wahlen zu gewinnen, sondern sie müssen auch glaubhaft Umweltpolitik betreiben.
Und für eine solche Politik müssen die erwirtschafteten Gewinne eingesetzt werden, die Dividendendürfen ruhig schmaler ausfallen. Die Konzeption der Giftmülleinlagerungen muss auf die Möglichkeit der Rückholbarkeit ausgerichtet sein. Solange nur die Erzielung von Profiten im Mittelpunkt steht, kann die Gruppierung der Linkspartei einem Jahresabschluss der Südwestdeutschen Salzwerke AG und dem damit verbundenen Antrag auf Entlastung der amtierenden Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats nicht zustimmen. Wir fordern zudem erneut, nicht die PricewaterhouseCoopers GmbH, sondern eine kommunal orientierte Gesellschaft zum Konzernabschlussprüfer zu bestellen.
Dr. Erhard Jöst, Die Linke
Redebeitrag auf der Sitzung des Gemeinderats am 17.5.2021


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