Böckingen unter Geiern – Ein Erfahrungsbericht

13. Januar 2023  Bezirksbeirat, Soziales, Wohnen
Unser ehemaliger Böckinger Bezirksbeirat Fritz-Helmut Stockmar veröffentlicht hier seinen Erfahrungsbericht:
Im Roman von Karl May sind es skrupellose menschliche ‚Geier‘, denen sich in den wilden
Felsschluchten der Rocky Mountains und in der Wüsteneinöde des Llano Estacado die legendären Blutsbrüder Winnetou und Old Shatterhand entgegenstellen. Alles frei erfunden. Doch in Böckingen kreisen die Geier. Ist ja auch im Wilden Westen, wenn auch nur von Heilbronn.
Doch, schauen wir genauer hin. In der Keilstraße in Böckingen ist gut wohnen. 3-stöckige ältere Häuser, vergleichsweise viel Grün, eine Stichstraße ohne Durchgangsverkehr. Wer hier wohnt, zieht ohne Not nicht weg. Wir wohnten im Doppelhaus Keilstraße 15/17. Vor dem Haus ist ein kleiner Vorgarten mit Hecke und einem Kirschbaum, der uns im Frühling mit einer zarten weißroten Blütenpracht erfreute und der den Winter mit feurig roten Blättern ankündigte. Hinter dem Haus ist ein kleiner Garten, in dem es blüht und summt.
Das Haus war in die Jahre gekommen, müsste thermisch isoliert, die Balkons gerichtet werden.
Auch die Hauselektrik ist veraltet, stammt aus der Nachkriegszeit. Eine Gas-Zentralheizung wurde 

nachgerüstet, teilweise neue Fenster eingebaut. Trotz Modernisierungsstau war hier gut wohnen, die Mieten waren fair und die Bewohner*innen in guter Nachbarschaft.
Das sollte so nicht bleiben. Unser Doppelhaus und etliche weitere Häuser in Böckingen gehörten der Familie Schaal. Eigentlich aus Böckingen, leben die Erben heute in der Schweiz. Die
Hausverwaltung Schlamp war mit der Abwicklung der Mietgeschäfte beauftragt. Es waren wohl die zu erzielenden satten Verkaufspreise und anstehenden Modernisierungsaufwendungen die den Ausschlag gaben, dass Schaals Erben sich zum Verkauf der Häuser entschieden.
Erben machen Kasse, Geier steigen auf
Am 31.10.2020 bekamen wir es mit Donhauser Immobilien zu tun. Diese Gesellschaft war von der schweizer Vermieterin mit der Objektaufnahme beauftragt. So erfuhren wir von der Verkaufsabsicht. Eine 3- und eine 4-Zimmerwohnungen der Keilstraße 15 waren nach dem Auszug einer Familie und dem Tod einer Mieterin 2019 nicht mehr vermietet worden. Sie stehen bis heute leer. Ein entmietetes leerstehendes Haus lässt sich zu Höchstpreisen verkaufen. Mieter stören bei diesem Geschäft.
Dabei waren es die Mieter, die über Jahrzehnte mit ihrer Miete das Haus abgezahlt und instand gehalten haben.
Am 30.März 2022 wurde zwischen der Erbin und der LC Beteiligungs V GmbH der Kaufvertrag notariell besiegelt, im Grundbuch Böckingen wurde die Erwerbsvormerkung eingetragen. Das erfuhren wir aber erst, als wir uns hartnäckig wegen fehlendem Nachweis des Eigentumüberganges weigerten, Einzelgespräche mit einem Vertreter der LC-Gruppe zu führen.
Am 19.04.2022 wurden wir von der LC Immo schriftlich informiert, dass ein Architekt die Räume begehen und vermessen wird. So geschah es. Mit Schreiben vom 24.06. wurden wir zu persönlichen Gesprächen aufgefordert. Das haben wir abgelehnt, und ein gemeinsames Gespräch der LC mit der ganzen Hausgemeinschaft gefordert. Über den Anwalt vom Mieterbund Heilbronn-Franken e.V. verlangten wir den Nachweis für den Eigentumsübergang.
Auf unsere persönliche Nachfrage bei den schweizer Erben wurde uns Mitte Juli versichert, dass der Eigentumsübergang vollzogen ist. Die LC-Beteiligungs V GmbH wurde unser neuer Vermieter.
Kasse machen
Im Gegensatz zur Stadtsiedlung Heilbronn unterliegen Immobiliengesellschaften keiner
demokratischen Kontrolle und haben einzig das Ziel, das eingesetztes Kapital optimal zu
vermehren. Die Profitrate bestimmt das Handeln der Akteure.

Die LC- Immo machte uns restlichen vier Mitparteien klar, dass sie kein Interesse an unserem weiteren Verbleib hat. Sie bot allen Mietern Umzugshilfe und eine Prämie für vorzeitigen Auszug an. Als langjährige Mieter hatten wir eine 9-monatige Kündigungsfrist. Um ihrem Angebot Nachdruck zu verleihen, erhöhte die LC unsere Miete um 27,2%. Das war möglich, da der geltende Mietvertrag eine Klausel enthielt, die Erhöhungen nach dem Verbrauchspreisindex möglich machte. Eine sogenannte Indexmiete. Diese Klausel war von den bisherigen Vermietern nie genutzt worden.
Als Hausgemeinschaft mussten wir uns entscheiden. Außer unserer Kündigungsfrist hatten wir keinen rechtlich einklagbaren Anspruch auf Verbleib. Da konnte uns auch der Mieterbund Heilbronn-Franken e.V. keine Hoffnung machen. Für jahrelange Auseinandersetzung und eine Hausbesetzung fühlten wir uns zu alt.
Also machten wir uns auf die Wohnungssuche.
Wohnungsnot, Leerstand und Mietpreisexplosion – alles kein Problem?
Die schon vor dem Verkauf aus spekulativen Gründen lange leerstehenden 3- und 4-Zimmer- Wohnungen empfand ich angesichts der Wohnungsnot als skandalös. Als Bezirksbeirat stellte ich am 10.02.2022 eine Anfrage an unseren OB:
 
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
lieber Harry Mergel,
die Wohnungsnot in Heilbronn ist groß, Mietsteigerungen exorbitant. Gleichzeitig stellen wir hier in Böckingen eine hohe Anzahl leerstehenden Wohnungen und Häuser fest. Das wird in anderen Stadtteilen mit vergleichsweise günstigem Wohnraum nicht anders sein.
In meiner unmittelbaren Nachbarschaft stehen seit über einem Jahr eine 3- und eine 4-Zimmer-Wohnung leer. Hintergrund ist, dass die Immobilie verkauft werden soll. Ein weitgehend entmietetes Haus erhöht den Wert. Dieses Beispiel für spekulativen Leerstand steht nicht alleine.
Spekulativen Leerstand sehen wir auch bei Baulücken. Hier hat die Stadt reagiert und mit dem online-Kataster für Baulücken den Druck auf die privaten Eigentümer etwas erhöht.
Quantitativ dürfte der Wohnungsleerstand größere Bedeutung haben. Insbesondere ältere
Wohnungen mit vergleichsweise günstigen Mieten werden von Familien verzweifelt gesucht. Hier  stehen sie leer.
Bauen, bauen, bauen kann nicht die Lösung sein. Wir können uns den Flächen- und
Ressourcenverbrauch eigentlich nicht leisten. Auch wird in den Neubaugebieten kein Wohnraum geschaffen, der für Familien mit geringem Einkommen erschwinglich ist. Die Aktivierung von vorhandenem Wohnraum, das beherzte Angehen gegen den Leerstand, sollte für die Stadt zumindest gleiche Priorität wie der Neubau haben.

Dazu folgende Fragen:
Ist es möglich, dass die Stadt ein Leerstandsmanagement, z.B. eine Taskforce „Leerstand“ aus Mitarbeiter*innen des Planungs- und Baurechtsamt, der Leitstelle zur
Wohnungssicherung und des Amtes für Familie, Jugend und Senioren, einrichtet?
Kann Wohnraumleerstand analog zum online-Kataster für Baulücken erfasst werden?
Ist die Einrichtung einer Meldestelle für Wohnraumleerstand geplant? Wenn nein, warum
nicht?
Auch Leerstand kann eine Zweckentfremdung von Wohnraum sein. Insbesondere Städte mit Wohnungsnot können dazu Regeln/Gesetze erlassen. Wie ist das in Heilbronn?
Nicht jeder Leerstand ist nur spekulativ. Auch gibt es Hausbesitzer, die Aufwand und Risiken einer Vermietung scheuen. Kann hier die Stadt über die Stadtsiedlung als Zwischenvermieter den Mieteigentümer ein Angebot zur Nutzung des Leerstandes machen?
Im Voraus vielen Dank für Ihre Antwort.

Der OB antwortete dann mit Schreiben von 2.März 2022:
 
Sehr geehrter Herr Stockmar,
zu Ihren Beobachtungen zum Wohnungsmarkt und den aufgestellten Fragen nehmen ich gerne Stellung.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Angebotsmieten im Stadtgebiet Heilbronn im Jahr 2021 gegenüber dem Jahr 2020 um 4,6 % gesunken sind. Für das Jahr 2021 liegt die durchschnittliche Kaltmiete bei den Angebotsmieten bei 12,65 €/m2. Wir gehen davon aus, dass sich die Angebotsmieten auf dem festgestellten Niveau von rund 12,60 € stabilisieren. Die durchschnittliche, ortsübliche Vergleichsmiete im Bestand liegt bei 7,72 €/m².
Was ist mit Wohnungsleerstand gemeint?
Per Definition werden als Leerstand nicht genutzte bzw. unvermietete, aber unmittelbar
beziehbare Wohnungen bezeichnet. Je nach Ursache und Dauer lässt sich der Leerstand in verschiedene Arten unterteilen:
Kurzfristiger Leerstand: Leerstand bis zu drei Monaten, damit Umzüge stattfinden können.
Funktioneller Leerstand: wird gewollt hervorgerufen, z.B. um Sanierungen und
Renovierungen oder Modernisierungen bzw. Umbaumaßnahmen durchführen zu können
(,,durchführungsbedingter“ Leerstand). Hierzu zählt auch der Leerstand bei Erstvermietung.
Dauerleerstand: tritt, trotz Nutzungsfähigkeit der jeweiligen Wohnung, in der Regel nach
einem Jahr ein. Häufig wird auch bei entsprechender Nachfrage das Objekt vom
Eigentümer bewusst nicht zur Vermietung angeboten. Dafür kann es unterschiedlichste
Gründe geben:
zu starke persönliche Belastung,
nicht mehr auf Mieteinnahmen angewiesen (z. B. Kredit für Eigenheim zurückgezahlt),
zu hoher bürokratischer Aufwand.
Der kurzfristige und funktionelle Leerstand stellt somit eine für den Wohnungsmarkt notwendige Fluktuationsreserve dar, die für einen funktionierenden Wohnungsmarkt benötigt wird, damit z.B. ein problemloses Umziehen möglich ist.
Prinzipiell gilt es als problematisch, wenn die Leerstandsquote unter einer Fluktuationsreserve1 von mindestens 3% fällt, weil die Haushalte dann nicht mehr problemlos umziehen können. Dies ist in Heilbronn der Fall, weil einerseits das Wohnungsangebot in den letzten zehn Jahren (seit der GWZ 2010) in Heilbronn mit 4.287 Wohnungen verhalten um 7,5 % angewachsen ist. Andererseits ist der Zuzug nach Heilbronn mit 9.958 Personen (+ 8,2 %) sehr hoch. Bei gestiegener Gesamtnachfrage resultiert daraus eine Verknappung von Wohnungen. Einige Wohnungsmarktexperten gehen daher davon aus, dass die Leerstandsquote in Heilbronn bereits unter 2 % liegt.

Zu Frage 1:
Ist es möglich, dass die Stadt ein Leerstandsmanagement, z.B. eine Taskforce „Leerstand“ aus Mitarbeiter*innen des Planungs- und Baurechtsamt, der Leitstelle zur Wohnungssicherung und des Amtes für Familie, Jugend und Senioren, einrichtet?
Mit dem AK Soziale Integration, in dem unterschiedliche Akteure (Caritas Heilbronn-Franken, Vertreter der Gesamtliga, Stadtsiedlung Heilbronn, Jobcenter Stadt Heilbronn, Stabsstelle Stadtentwicklung und Zukunftsfragen, Personal und Organisationsamt, Planungs- und Baurechtsamt, Ordnungsamt, Amt für Familie, Jugend und Senioren) besteht eine Art Taskforce zu Fragen der Wohnungssicherung. Hier werden immer wieder Wohnungen an Menschen mit dringendem Wohnungsbedarf vermittelt.
Hier werden gerne Hinweise von Vermietern zu freien Mietwohnungen entgegengenommen.

Zu Frage 2:
Kann Wohnraumleerstand analog zum online-Kataster für Baulücken erfasst werden?
Generell gibt es keine statistische Erhebung zum Wohnungsleerstand. Der letzte zuverlässige Wert zum Wohnungsleerstand in Heilbronn stammt aus der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) im Rahmen des Zensus 2011. Der stichtagsbezogene Wohnungsleerstand zum 09.05.2011 betrug in Heilbronn 2.121 Wohnungen und die Wohnungsleerstandsquote lag bei 3,8 %. Der Wohnungsleerstand kann daher nicht analog zum Baulückenkataster erfasst werden.
Allgemein gilt für einen funktionierenden Wohnungsmarkt eine Fluktuationsreserve von 3 %.
Frage 3:
Ist die Einrichtung einer Meldestelle für Wohnraumleerstand geplant? Wenn nein, warum nicht? Aufgrund des sehr geringen Bestands an dauerhaft leerstehenden Wohnraums geht die Verwaltung nur von einem minimalen Aktivierungspotenzial aus. Zudem wird es aufgrund fehlender wohnungswirtschaftlicher Rechts- und Handlungsgrundlage eine eigenständige, Meldestelle für Wohnraumleerstand“ nicht geben. Siehe dazu auch die Antwort zu Frage 4.
 
Zu Frage 4:
Auch Leerstand kann eine Zweckentfremdung von Wohnraum sein. Insbesondere Städte mit Wohnungsnot können dazu Regeln/Gesetze erlassen. Wie ist das in Heilbronn?
Mit dem „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG)“ 3 können
Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu
angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, nach eigenem Ermessen durch Satzung mit einer Geltungsdauer von 5 Jahren festlegen, dass Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken (Zweckentfremdung) zugeführt werden darf. Eine Zweckentfremdung liegt insbesondere vor, wenn der Wohnraum länger als sechs Monate leer steht. Nach § 1 dieses Gesetzes können die Gemeinden Maßnahmen treffen, soweit sie diesen
Wohnungsmangel nicht mit anderen zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit begegnen können.
Gleichzeitig bedarf es keiner Genehmigung für einen Leerstand von Wohnraum über die Dauer von sechs Monaten hinaus, soweit dieser durch überwiegende schutzwürdige private Interessen gerechtfertigt ist.
Im März 2018 wurde der Erlass des Zweckentfremdungsverbots von der Verwaltung erwogen, aber bewusst nicht umgesetzt, da die Stadt Heilbronn bereits zahlreiche wohnungspolitische
Maßnahmen umsetzt, um den Wohnungsbau zu forcieren. So hat die Stadt Heilbronn bereits Ende 2015 das Handlungsprogramm ,,Wohnen in Heilbronn“ sowie die Einrichtung einer Arbeitsgruppe Aktionsprogramm Wohnen als „Task Force“ mit dem Ziel beschlossen, die Neubautätigkeit deutlich zu steigern. Das wesentliche Ziel des Handlungsprogramms ,,Wohnen in Heilbronn“, rund 2.000 Wohnungen in den Jahren 2016 bis 2020, davon 800 durch das „Aktionsprogramm Wohnen“ zu realisieren, wurde erfolgreich umgesetzt. Insgesamt wurden 2.457 Wohnungen neu gebaut. Vor allem sollte der Geschosswohnungsbau forciert werden, um mehr Mietwohnungen auf den Markt zu bringen. Alleine im Geschosswohnungsbau wurden im genannten Zeitraum 1.906 Wohnungen (inkl. Wohnheime) fertig gestellt und damit das gesteckte Ziel deutlich übertroffen.
Als weitere Maßnahme wurden im März 2018 die „Baulandpolitischen Beschlüsse“ verabschiedet, um u.a. mit einer flexiblen Quote vermehrt geförderten Wohnraum zu schaffen. Die Quotenregelung sorgt für steigende Ergebnisse im öffentlich geförderten Wohnungsbau. So wurden bereits für rund 270 Wohnungen Förderanträge gestellt. In 2020 wurden 17 Wohnungen bezogen und für 56 Wohnungen wurden Förderanträge gestellt. Für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum werden Fördermittel des Förderprogramms Wohnungsbau Baden-Württemberg eingesetzt.
Das wohnungspolitische Maßnahmenbündel führte bereits im Jahr 2017 zu einer historisch hohen Zahl von 993 genehmigten Wohnungen und in der Folge zu 888 fertig gestellten Wohnungen in 2019. Insgesamt ist der Wohnungsneubau in der Stadt Heilbronn weiter auf gutem Kurs und die Bautätigkeit dementsprechend erfreulich hoch. Die Entwicklung der Wohnungsfertigstellungszahlen in 2020 liegen deutlich über dem Niveau des 10-jährigen Mittel. Aufgrund der positiven Auswirkungen der wohnungspolitischen Maßnahmen wird weiterhin von der Einführung eines Zweckentfremdungsverbotes abgesehen. Zumal die Stadt Heilbronn gemäß § 1 des o.g. Gesetzes ,,den Wohnungsmangel mit anderen zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit“ begegnet. Zu bedenken ist auch der große personelle Aufwand, der in keinem angemessenen Verhältnis zum quantitativen Erfolg (Wirksamkeit) des Zweckentfremdungsverbots steht. Insgesamt geht die Verwaltung auch aufgrund des sehr geringen Potenzials an leerstehenden Wohnraums von unwesentlichen Erfolgschancen aus.
Frage 5:
Nicht jeder Leerstand ist nur spekulativ. Auch gibt es Hausbesitzer, die Aufwand und Risiken einer Vermietung scheuen. Kann hier die Stadt über die Stadtsiedlung als Zwischenvermieter den Mieteigentümer ein Angebot zur Nutzung des Leerstandes machen?
Tritt die Stadt als Zwischenmieterin auf, müssen neben den personellen Ressourcen auch finanzielle Mittel für die Anmietung der Wohnungen zur Verfügung gestellt werden.
Die Verwaltung rät davon ab, dass die Stadt als Zwischenmieterin auftritt, da weder die personellen noch die finanziellen Ressourcen bereitgestellt werden können.
 
Freundliche Grüße
Harry Mergel

Ich habe das so verstanden: Alles nicht so schlimm. Wir sind auf einem guten Weg und machen weiter so. Dazu passt die Meldung von SWR-Aktuell vom 28.07.2022:
Der Heilbronner Gemeinderat hat am Mittwoch den neuen Mietspiegel 2022 mit großer Mehrheit beschlossen. Analog zu den Verbraucherpreisen werden die Werte um 9,5 Prozent angehoben. Auch wenn dies nicht bedeutet, dass die Mieten auch in diesem Maße steigen werden, so gab es im Vorfeld doch Diskussionen. Vor allem der Mieterbund Heilbronn befürchtet eine zusätzliche Belastung der Haushalte. Eine Verschiebung der Erhöhung um zwei Jahre, wie von den Linken beantragt, wurde abgelehnt. Allerdings gab es einen Appell an Wohnbaugesellschaften und Vermieter, die Mieten in den kommenden zwei Jahren nicht zu erhöhen.
Wer sucht der findet?
Im Juli machten wir uns auf die Wohnungssuche. Dazu verfassten wir einen Flyer mit dem Text: Älteres Ehepaar, 62 und 69 Jahre, Nichtraucher, ohne Haustiere, sucht 2 ½ bis 3 Zimmerwohnung, gerne auch Einliegerwohnung, Kaltmiete bis 600 €, vorzugsweise in Böckingen. Den Flyer haben wir in Böckingen verteilt. Wir bestückten diverse Internetplattformen, die Stadtsiedlung und Wohnbaugenossenschaften mit unserem Wohnungsgesuch.
Schnell merkten wir, dass wir privilegiert waren. Familien mit schmalem Einkommen, mit
mehreren Kindern, Schufa-Eintrag, Zugewanderte und / oder Leistungsbezieher wurden gleich ausgesondert. Wir wurden wenigstens zu Besichtigungen eingeladen. Freunde und Bekannte unterstützten uns bei der Suche. Dennoch konnten wir in Böckingen keine für uns finanzierbare Wohnung finden. Schnell erwiesen sich 600 € Kaltmiete als illusorisch. Unter 10€/m² war nichts zu finden. Bis zur Übernahme durch die Immobiliengesellschaft hatten wir 5,10 € / m², nach der Mieterhöhung 6,5 € / m² bezahlt
Nach vielen Bewerbungsschreiben und etlichen Besichtigungen hatten wir Ende August Glück. Wir wurden zu einer Wohnungsbesichtigung in Neckargartach eingeladen. Die Wohnung hat uns gefallen, war kurzfristig beziehbar, allerdings deutlich kleiner, nicht in Böckingen, dafür mit 10€/m² noch im Rahmen. Am 5. Oktober sind wir eingezogen.

 
Und die Moral aus der Geschicht’ Böckingen, hier Alt-Böckingen, bisher beschaulicher Stadtteil Alteingesessener mit einem hohem Anteil von Zugewanderten aus vielen Kulturen, birgt in seinem baulichen Altbestand noch
bezahlbaren Wohnraum aber auch viel sanierungsbedürftigen Leerstand. Z.T. stehen seit Jahren alte Häuser leer.
Die Halbhöhenlagen im Westen um den Wasserturm und nördlich der Friedrichstraße sind
inzwischen begehrte Immobilien. Alles ein ideales Feld für spekulierende Erben,
Immobilienspekulanten und Umwandler von Miet- in Eigentumswohnungen. Gentrifizierung ist auch in Böckingen ein Thema. Immer mehr bezahlbarer Wohnraum wird vernichtet. Das wird bisher von der kommunalen Verwaltung kaum beachtet, Leerstand absichtlich ignoriert. Schade um den lebendigen Stadtteil.
F.-Helmut Stockmar
Heilbronn, 13.01.2023


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